Let’s talk about sex: Internationale Konferenz beleuchtet Sexarbeit von allen Seiten
„Es gibt keine scheiß Huren, es gibt nur Scheiß Gesetze“ prangert auf einem großen Banner. Schwarze Blockbuchstaben auf weißem Hintergrund. Der Ort ist dafür extra ausgewählt. Die Gegend rund u, die Brunner Straße ist bekannt für ihren ehemaligen Straßenstrich. Für Red Rules Vienna, verantwortlich für das Banner, ist es ein Ort mit Bedeutung und Geschichte.
Bei „Red Rules Vienna“ handelt es sich um eine vom Kulturprogramm SHIFT der Stadt Wien geförderte Konferenz rund um Sexarbeit - samt eigens dafür produziertem Performancestück. Organisiert wurde sie von Red Edition, einer Gruppe von und rund um SexarbeiterInnen.
In Österreich haben sich in den letzten Jahren im Schnitt 5.000-6.000 Einzelpersonen jährlich der Pflichtuntersuchung zur legalen Sexarbeit unterzogen. Die tatsächliche Dunkelziffer ist aber wahrscheinlich viel höher. „Den größten Anteil am illegalen Markt nehmen Escortservices und Wohnungsbordelle ein”, heißt es allerdings im Bericht des Bundeskanzleramts. Vor allem die Corona-Pandemie hatte nochmal große Auswirkungen auf eine Branche, die schon zuvor tabuisiert war.
Tabu Sexarbeit
Wohl kaum eine Gruppe ist so stigmatisiert und gespalten, wie die der SexarbeiterInnen. Für die einen ein Ausdruck der Selbstbestimmung und ein Job, den man gerne macht, für die anderen womöglich ein prekäres Verhältnis, in das man gedrängt wurde. Ungefähr 95 Prozent der SexdienstleisterInnen im legalen Bereich sind MigrantInnen, davon die Mehrzahl aus den EU-Ländern Rumänien, Bulgarien, Ungarn und der Slowakei.
Über die Sexarbeit wird in der Regel wenig gesprochen. Die Veranstaltungshalle „F23.wir.fabriken“ in Liesing wird aus diesem Grund von 22. bis 25. September zu einer Begegnungszone für alles rund um das Thema Sexarbeit. ”Das Spektrum ist dabei sehr weit: Von SexarbeiterInnen, PornodarstellerInnen bis hin zu OnlyFans-Betreiberinnen (Anm.: OnlyFans ist …)”, betont Aktivist und Mitorganisator Trajche Janushev. Die Konferenz ist ein wissenschaftliches und soziales Format, das von SexarbeiterInnen selbst organisiert und bei der aus ihrer Perspektive gelehrt wird. „Weil SexarbeiterInnenrechte auch Menschenrechte sind“, so Janushev. An allen vier Tagen finden tagsüber ab 11 Uhr kostenlose Vorträge und Workshops statt. Abends wird “City of Whores - Stadt der Huren” aufgeführt. Das Stück lässt historische Elemente mit Erzählungen von Sexarbeiter* innen heute verschwimmen.
Informationen zum Programm und der Anmeldung gibt es hier: www.ntry.at/redrulesvienna
Prominente Gäste
Neben zahlreichen NGOs und Vertretern von SexarbeiterInnenrechten, welche über die Rechte von Sexarbeiterinnen aufklären oder über die Auswirkungen der Coronakrise diskutieren, werden vor Ort auch Berühmtheiten der Szene zu treffen. „Besonders freue ich mich auf Jessica Stoya und ihren Vortrag über Spiritualität und Sexarbeit“, sagt Januchev.
Die 35-Jährige setzt sich für die Pornoranche und den Feminismus ein. Als sie 2015 die Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihren Ex-Freund James Deen – ebenfalls Pornodarsteller - publik machte, trat sie regelrecht eine MeToo-Welle in der Pornobranche los - so wie einige Diskussionen. „Könne man überhaupt vergewaltigt werden, wenn man in der Sexbranche arbeitet?” oder “Sexarbeit und Feminismus - wie soll das denn möglich sein?“ hieß es plötzlich.
Der letzteren Frage widmet sich auch “Red Rules Vienna“, ebenso der Diversität und Migration der SexarbeiterInnen sowie ihrer Stellung in den Medien. „Es geht uns darum, das Thema aus allen Perspektiven zu beleuchten“, sagt Janushev.
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