Ist das auch durch die gemeinsame Religion bedingt?
Polen ist sehr krass, das wohl religiöseste Land in ganz Europa. Ich bin christlich aufgewachsen, wie halt jeder in Polen. Ich habe inzwischen meinen eigenen Bezug zu Gott gefunden. Ich finde schon, dass die Kirche ein guter Ort ist, um zur Ruhe zu finden. Die Predigt vom Priester muss schon sehr interessant sein, dass ich da zuhöre (lacht).
Wie sieht es denn in deinem Freundeskreis aus?
Mein bester Freund in der Schule war ein Afghane. In meinem jetzigen Freundeskreis gibt es Jugos, Kubaner, Nigerianer ... Wenn die Leute cool sind, sind sie cool, wenn sie Bastarde sind, sind sie halt Bastarde.
Wie ging es dir in der Schule mit deinem polnischen Background?
Dieses typisch ausländische Aussehen habe ich mal nicht. Ich heiße auch Sebastian mit dem Vornamen. Da fällst du jetzt eher nicht auf. Richtige Nachteile hatte ich da nicht. Schlimmer war es halt, dass ich im Park wie ein Schwabo aussah. Erst wenn du zehn Tore wie Lewandowski machst, kommen die Platzhirsche mit: "Ah, du bist eh Pole, Bruda!"
Die Wahl deines Künstlernamens kommt nicht von ungefähr ...
Klar. Ich hatte früher einen anderen Künstlernamen. Dann kam der Zeitpunkt, wo ich mir dachte, ich bräuchte etwas Knackigeres, das aber schon meine Identität vermittelt. Der Name ist aber schon eingedeutscht, denn im Polnischen gibt es das L und das V in dem Sinne nicht.
Würdest du sagen, dass deine Wurzeln deine Musik stark prägen?
Hundert Prozent. Ich bin mit einer komplett anderen Mentalität aufgewachsen als jemand, der im Vierten (Anm.: 4. Wiener Bezirk), in einer 160 qm großen Dachgeschosswohnung wohnt und dem seine Eltern ständig sagen: "Mach das, was du liebst, wir werden dich in allem unterstützen". Meine Eltern haben es eh getan, aber was sie das gekostet hat ... Mein Vater wollte, dass ich ein Fußballprofi werde, weil er selber bei Wisla Krakau gespielt hat, der Opa war Schiedsrichter und Trainer. Ich habe auch eine Zeit lang Fußball gespielt. Irgendwann kam der Punkt, wo ich mir dachte, das ist nicht das, was ich will.
Was war der Auslöser?
Ich habe herausgefunden, dass die Leute im Fußball Plastikmenschen sind. Ich kam damit nicht klar. Ich war der eine, der mit Skateboard zum Training kam und sich mit anderen prügelte. Ich passte irgendwie nicht dazu.
Hättest du mit aufgrund deines Backgrounds mehr leisten müssen als ein Max Mustermann?
Sicherlich. Allein dieser Druck, diese Ungewissheit. Wenn du jeden Tag siehst, wie sich die Mama stresst, ob sie ihren verdammten Job behält, der Vater Angst davor hat, nach einer Gehaltserhöhung zu fragen.
Wie würdest du die polnische Mentalität beschreiben?
Viel zu rough. Es gibt da zu viel Aggression, auch viel Rechtsextremismus. Jogginghose, rasierte Glatze und Flasche über den Kopf. Da geht man gern mit dem Kopf durch die Wand.
Wie sieht dein jetziger Bezug zu Polen aus?
Es ist schon noch irgendwie Heimat. Als Kind war ich bestimmt 6-7 Mal im Jahr dort. Wien ist trotzdem meine echte Heimat. Hier haben meine Eltern Zuflucht gefunden vor dem krassen Regime in Polen damals.
Was hat's eigentlich mit den Funkantennen auf den Autos der Polen an sich?
Das ist total verrückt. Jeder Pole hat im Auto ein Funkgerät stehen, mithilfe dieser CB-Funkantennen wird der Signalempfang ermöglicht. Da gibt's Code-Wörter, alles Mögliche. Die Fahrer kommunizieren andauernd miteinander. Das Code-Wort für einen Polizisten mit dem Radar ist etwa "Bär mit Föhn". Das ist laut und uranstrengend. Wenn du mit Uber nach Polen fährst, kannst du nicht einschlafen, weil das Walkie-Talkie des Fahrers andauernd Krach macht.
Und was ist mit den Jogginganzügen? Gefühlt jeder zweite Pole ist sportlich eingekleidet ...
Ja, das ist auch sehr heftig. Dadurch, dass ich in Wien aufgewachsen bin, stehe ich lieber auf den Skater-Style. Ich stehe aber auch auf meine Dreistreifen-Jogginghose, meinen Tracksuite, keine Frage. In Polen ist es aber mehr Plastik: Adidas-Trainingshose und -Jacke, Glatze oder Boxerschnitt, Pilotenbrille, dazu dick aufgepumpt. Ein bisschen Bauch kann man ruhig raushängen lassen, geht schon. Arme und Brust müssen riesig sein. Dann kann's schon auf den Acker gehen (lacht).
Hätten wir dieses Interview eigentlich auch auf Polnisch führen können?
Klar!
Wie oft hat man dich in Wien schon auf Polnisch interviewt?
Von meiner Polnischlehrerin vielleicht. Als Musiker noch nie.
Worin kann das liegen?
Naja, würde ich auf Polnisch singen, wäre das vielleicht anders.
Kannst du dir vorstellen, Songs auch auf Polnisch zu machen?
Ist in Entstehung (schmunzelt geheimnisvoll).
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