Chancen für Mädchen: PowerLeo bricht mit Stereotypen

Das Projekt PowerLeo bietet verschiedene Workshops für Mädchen an.
Eine Initiative des Samariterbundes verhilft 64 Mädchen zu mehr Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein.

Der Song "It's a man's world" von James Brown und Betty Jean Newsome aus den 70er Jahren ist auch heute noch aktuell, wenn man sich die Arbeitswelt anschaut: 

Die sogenannten MINT-Berufe (also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) sind nach wie vor männerdominiert, der Frauenanteil liegt bei nur 20 Prozent. Ein Grund dafür sind auch die gängigen Geschlechterstereotypen - Mädchen wird schon früh weniger zugetraut als Jungen. Projekte und Initiativen, die auf eine frühzeitige Förderung setzen, könnten hier Abhilfe schaffen und jungen Frauen Möglichkeiten abseits der stereotypen Berufe aufzeigen. Ein solches Projekt ist PowerLEO.

Von Mehrfachdiskriminierung betroffen 

"Wir haben festgestellt, dass jene Mädchen und jungen Frauen, die zu uns kommen, von Mehrfachdiskriminierung betroffen sind", erzählt Pia Camus, Projektleiterin des PowerLEOs, das vom Samariterbund Wien betrieben wird. 

Seit 2013 gibt es die sogenannten LernLEOs, das sind Lernzentren - eines im 2. und zwei im 20. Bezirk -, die Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Haushalten kostenlos beim Lernen unterstützen. Die Mädchen, die diese Zentren besuchen, haben nicht nur aufgrund von ihrem Geschlecht schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch aufgrund von ihrer Herkunft, Religion oder Muttersprache, was sich auf ihr Selbstbewusstsein auswirke. "Bei uns haben 99 Prozent der Kinder einen Migrations- oder Fluchthintergrund. Wir haben deshalb beschlossen, hier anzusetzen und diese Mädchen und jungen Frauen zu fördern und zu stärken", sagt Camus. Aus den Erfahrungen der Lernzentren entstand quasi die Idee zu einer neuen Initiative – das PowerLEO, das sich ausschließlich an Mädchen zwischen sechs und 14 Jahren richtet. 

Ziel ist es, die jungen Frauen zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen und stereotype Karrierewege aufzubrechen. "Bei uns war ein Mädchen, das Programmiererin werden wollte, aber ihre Mutter meinte, das sei kein Beruf für Mädchen", erzählt Camus. Im Rahmen der Initiative werden unter anderem Exkursionen zu verschiedenen Bildungseinrichtungen und Lehrwerkstätten unternommen, um zu zeigen, dass Mädchen sehr wohl in Technik oder Wissenschaft ihren Platz haben. "Es ist uns gelungen, dass sich das besagte Mädchen für eine HTL beworben hat", sagt Camus. 

Rolemodel-Treffen und Kickboxen

Besonders interessiert seien die Teilnehmerinnen an sportlichen Angeboten wie Kickboxen oder Fußball, aber auch Angebote aus den Bereichen Kunst und Musik seien gut besucht. Um jungen Mädchen zu zeigen, dass sie das gleiche Recht auf Bildung und Chancen haben wie Burschen, werden regelmäßig Vorbilder zum PowerLEO eingeladen. "Die Treffen mit den Rolemodels haben die Mädchen sehr beeindruckt. Alma Zadić, Eser Akbaba und Melisa Erkurt haben uns besucht", erzählt Pia Camus. 

Das Projekt läuft seit eineinhalb Jahren und wurde im Dezember 2023 mit dem Integrationspreis des Österreichischen Integrationsfonds gekürt. Mit dem Preisgeld von 3.000 Euro habe man das Programm noch weiter ausbauen können.

Seit 2020 verleiht der Österreichische Integrationsfonds (ÖIF) den Österreichischen Integrationspreis – ausgezeichnet werden Projekte aus dem Integrationsbereich. Einreichen kann man in fünf Kategorien: Stärkung von Frauen, Arbeit und Wirtschaft, Jugend sowie Sport. Heuer können erstmals auch Initiativen und Projekte rund um das Engagement gegen Antisemitismus eingereicht werden. Der Preis wird pro Kategorie vergeben und ist jeweils mit 3.000 Euro dotiert. Laut Integrationsfonds gab es in den letzten Jahren österreichweit zwischen 100 und 120 Einreichungen pro Jahr. Es werde nicht nur auf die einzelnen Kategorien geachtet, sondern auch auf die nachhaltige Integrationswirkung der Projekte. Die Ausschreibung für den Integrationspreis 2024 endet am 15.08.2024.

Der ÖIF wurde 1960 gegründet, um die Integration von Migranten und Flüchtlingen in Österreich zu unterstützen. Er bietet unter anderem Deutschkurse, Beratungen und Bildungsangebote an.

"Wir wollen weitere Workshops anbieten, zum Beispiel Bouldern oder Schlagzeug spielen. So wollen wir den Horizont der Mädchen erweitern und die Zielgruppe möglichst vergrößern", sagt Camus. Hierfür bekommt PowerLeo, das bisher in den LernLEOs eingegliedert war, ab Herbst einen eigenen Standort am Brigittaplatz im 20. Bezirk. 

Kommentare