„Nichts von dem, was in Russland erzählt wird, stimmt"

„Nichts von dem, was in Russland erzählt wird, stimmt"
Kurier-Reporterin Karina Danilova sprach mit in Österreich lebenden Russ:innen über den Krieg.

„Nichts von dem, was in Russland erzählt wird, stimmt. Dass die Nato den Krieg provoziert. Dass Russland zuerst einschreiten musste, um sich zu verteidigen. Russland hat den Krieg begonnen. Hätten sie das nicht gemacht, gäbe es keinen Krieg. So einfach ist es“, sagt ein junger Russe, der seit 10 Jahren in Wien lebt und lieber anonym bleiben möchte. Zu groß ist die Angst, dass ihm, auch in Wien, Konsequenzen drohen könnten. Probleme mit seinem Bankkonto hätte er bereits gehabt. Das sei aber nichts im Vergleich zu den Problemen, die er seit Kriegsbeginn seelisch habe.

Es ist über einen Monat her, dass Russland einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine startete. Täglich müssen seither Menschen ihr Leben geben, Millionen von Ukrainer:innen ihr Land verlassen.

Eine von ihnen ist die Ukrainerin Karina Danilova, die nun für den Kurier arbeitet. Sie hat sich gefragt: Wie stehen eigentlich Russ:innen in Österreich zu dem Krieg? 33.340 Menschen mit russischer Staatsangehörigkeit leben laut Angaben von Statistik Austria in Österreich. Drei von ihnen haben mit ihr gesprochen.

Hier können Sie die Interviews als Video sehen:

"Viele bleiben in ihrer Wohlfühlzone"

„Umfragen sagen, dass Russen den Krieg unterstützen. Aber ich glaube diesen Zahlen nicht“, sagt Arina. Sie studiert in Wien und glaubt, dass die Menschen vielmehr gleichgültig gegenüber dem Krieg sind. „Sie wollen nicht aus ihrer Wohlfühlzone heraus“, erklärt sie. Arina denkt, dass viele auch Angst hätten, was passieren könnte, wenn sie sich aktiv gegen die Situationen wehren.

„Der Grund, warum ich nach Wien gezogen bin, war, dass ich das Gefühl hatte, in Russland wird sich nichts verändern“, sagt die Kunststudentin Olga. Sie besuchte die Ukraine auch während der Maidan- Revolution. Auch Euromaidan genannt, handelte es sich dabei um Proteste in Kiew, die von 2013 bis 2014 andauerten. Sie wurden ausgelöst, durch die Verweigerung des damaligen Präsidenten Wiktor Janukowytsch, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterschreiben. Der Vertrag hätte eine weitere Öffnung der Ukraine Richtung Westen und eine engere wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit der EU bedeutet. Mehr als 100 Menschen verloren bei den Protesten ihr Leben. Im März 2014 annektierte Russland die ukrainische Halbinsel Krim, im Osten des Landes begann der Krieg.

„Ich musste damals mit eigenen Augen sehen, was dort wirklich passiert“; erinnert sich Olga zurück. Sie sei beeindruckt gewesen, wie mutig die Ukrainier:innen, sich gegen alles, was in ihrem Land falsch lief, wehrten. „Damals wurde in Russland gescherzt, dass dies eigentlich unsere Revolution sein sollte.“

"Das Gemeinschaftsgefühl ist großer den je"

Ob sich nun in Russland etwas ändern könnte? Daran glauben alle drei nicht so ganz. „Wenn ich mir Selenskyj, oder andere ukrainische Politiker anschaue, sehe ich Menschen. Sie sind echt. Wenn man sich Putin anschaut, sieht man keine Emotionen. Er ist wie eine Mumie aus einem Horrorfilm“, sagt der junge Russe. Es sei dennoch verrückt, so findet Olga, was Putin, für die ukrainischen Identität getan hat. „Im Grunde haben sich die Menschen in der Ukraine durch ihn vielmehr vereint. Das Gemeinschaftsgefühl ist großer den je“.

 

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