Moscheenbetreiber wehren sich gegen "Milli Görüs"-Vorwurf

Moscheenbetreiber wehren sich gegen "Milli Görüs"-Vorwurf
Die Islamische Föderation kritisiert den Bericht der Dokumentationsstelle Politischer Islam.

Einer der großen Moscheenbetreiber in Österreich, die Islamische Föderation (AIF), wehrt sich gegen den in einem Dossier der staatlichen Dokumentationsstelle politischer Islam erhobenen Vorwurf, Arm der türkisch-nationalistischen Milli Görus zu sein. Gegen diesen Imageschaden will Vorsitzender Abdi Tasdögen nun ankämpfen und sucht das Gespräch mit den Verantwortlichen.

Das Dossier sei unseriös und eine Verschwendung von Steuergeld.

Ende Mai dieses Jahres hatte die von der Regierung eingerichtete Dokumentationsstelle neben der heftig umstrittenen "Islamlandkarte" auch drei Dossiers zu den größten Dachverbänden islamischer Vereine vorgestellt. Einer davon, "Die Milli Görüs", bezieht sich auch auf die Islamische Föderation, die in Österreich rund 50 Moscheen und weitere Einrichtungen, etwa im Bildungsbereich, betreibt. Damit sei in der Öffentlichkeit "ein sehr verzerrtes bis falsches Bild" über die Organisation gezeichnet worden, beklagt Tasdögen.

Ausschließlich theologisch

Man gehöre definitiv nicht zur Milli-Görüs-Bewegung, heißt es auch in der offiziellen Stellungnahme der AIF zum Grundlagenbericht. Das Dossier bleibe auch jeden Nachweis für diese Behauptung schuldig. Die islamischen Föderationen seien in den 1960er-Jahren von den einstigen Gastarbeitern aus der Türkei gegründet worden. Seit damals hätten sich "mehrere bedeutende soziale und institutionelle Entwicklungsprozesse vollzogen", heißt es in der Stellungnahme. In der Türkei sei dies hingegen nicht geschehen.

In Europa verfolgten die islamischen Föderationen ausschließlich theologische Aktivitäten, keine politischen. "Wir sind eine Religionsgemeinschaft", betont der AIF-Präsident. Allerdings könne man natürlich nicht verhindern, dass einzelne Funktionäre von Milli Görüs Moscheen der AIF besuchen, gesteht er. Politische Indoktrination sei in Gotteshäusern aber grundsätzlich untersagt. Das gelte auch für die Bildungsarbeit in Österreich.

Entsetzt über den Grundlagenbericht

Laut deren Präsident stehen die islamischen Föderationen "seriösen Studien offen gegenüber, sie kooperieren und unterstützen diese", wie Tasdögen betont. Die Verfasserinnen und Verfasser des Grundlagenberichts hätten jedoch weder bezüglich einer möglichen Mitwirkung oder Teilnahme bei den AIF angefragt, noch seien Gespräche geführt worden. "Die islamischen Föderationen sind entsetzt angesichts der vorgelegten Mangelhaftigkeit des 'Grundlagenberichts'", heißt es in einer Stellungnahme, die auch dem KURIER vorliegt.

"Angesichts der vorgelegten Qualität wurden offensichtlich öffentliche Gelder aus dem Fenster geworfen", kritisiert die AIF. Die eingerichtete Dokumentationsstelle sei ebenfalls offensichtlich überfordert mit der ihr anvertrauten Aufgabe, wissenschaftlich zu forschen. "Vielmehr drängt sich der Verdacht auf, dass Ergebnisse produziert werden, von denen die Urheberinnen und Urheber der Berichte ausgehen, dass sie politisch gewollt sind", heißt es in der Reaktion auf den Grundlagenbericht.

Offen für Austausch

Gegen diese ihrer Meinung nach inkorrekte Darstellung wollen die islamischen Föderationen nun vorgehen, vorrangig suche man das gemeinsame Gespräch. Ein "sehr faires Gespräch" mit der Direktorin der Dokumentationsstelle, Lisa Fellhofer, habe es bereits gegeben, berichtet Tasdögen. Der Austausch solle fortgesetzt werden, etwa bei einer Tagung im Frühling 2022.

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