Verurteilter Kriegsverbrecher durfte in Volksschule Rede halten
Für das Online-Portal BalkanInfo gab Nebojša Pavković zuletzt 2018 ein vierstündiges Interview. Mit Krawatte, Anzug, Lesebrille und dem gefüllten Bücherregal im Hintergrund sah er eher aus wie ein Intellektueller. Der Journalist, der zufälligerweise denselben Nachnamen wie sein Gegenüber trägt, machte zu Beginn keine Anstalten zu erwähnen, dass sie sich in einem finnischen Gefängnis befinden. Dass es sich hier um einen verurteilten Kriegsverbrecher handelt, wird geschickt heruntergespielt und verschwiegen.
Nebojša Pavković hat als General in der Jugoslawischen Volksarmee eine Schlüsselrolle im Kosovokrieg (1998-99) gespielt. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) hat ihn wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 22 Jahren Haft verurteilt. Diese sitzt er seit 2014 in Finnland ab.
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Zu seinen Verbrechen zählen Mord, Verfolgung und Zwangsdeportationen. Im Mai 2022 hat er einen Antrag auf frühzeitige Entlassung gestellt, der vom Tribunal wegen der "Schwere seiner Verbrechen und mangelnder Rehabilitierung" abgelehnt wurde.
Auftritt in Volksschule
In Novi Sad, der europäischen Kulturhaupstadt 2022, durfte Pavković nun einen Vortrag halten. Am 20. April organisierte die Volksschule "Đuri Jakšić" eine öffentliche Veranstaltung mit dem Namen "Košare: Geschichten von Helden". Dort meldeten sich neben dem Bürgermeister und Schuldirektor auch Pavković live aus Finnland zu Wort.
Die Youth Initiative for Human Rights (YIHR) fordert nun Konsequenzen. In einem offenen Brief wendet sich YIHR an das Bildungsministerium und fordert, dass sowohl Bürgermeister als auch die Schuldirektion dafür zur Verantwortung gezogen werden.
Revisionismus und Leugnung
Dazu gehört auch die Amtsenthebung des Bürgermeisters, der mit seiner Anwesenheit "Pavkovićs Teilnahme an dieser Veranstaltung unterstützte und die Darstellung eines Kriegsverbrechers als Held vor Publikum normalisierte".
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Die NGO sieht darin aber keine Neuheit. Sie erwähnt die seit Jahren voranschreitenden "kontinuierlich revisionistischen Maßnahmen und die Leugnung von Kriegsverbrechen" in serbischen Institutionen. Durchgeführt werde das von Präsident Aleksandar Vučić und der Premierministerin Ana Brnabić.
Wiederholungstäter
In der YIHR-Aussendung wird daran erinnert, dass es nicht das erste Mal ist, dass Nebojša Pavković Bühne gegeben wird. So wurde im April 2019 im Haus der Serbischen Armee in Belgrad unter der Schirmherrschaft des Verteidigungsministeriums sein Kriegstagebuch veröffentlicht. Pavković wurde dabei aus dem Gefängnis zugeschaltet.
"Pavkovićs Buch ist nur eine der Veröffentlichungen der 'Warrior'-Ausgabe, die das Verteidigungsministerium unter der Leitung von Aleksandar Vulin 2018 veröffentlichte und im Oktober desselben Jahres erstmals auf der Buchmesse vorstellte", führt die Organisation in der Aussendung weiter aus.
"YIHR Serbien hält es für inakzeptabel, dass Bildungseinrichtungen auf diese Weise missbraucht und zur Förderung von Kriegsverbrechern missbraucht werden", heißt es abschließend.
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