Malarina: "Freiheiten? Bloß eine: Wir dürfen 'Tschuschen' sagen"
Die junge Tirolerin ist die Aufsteigerin der Saison. Zu verdanken hat sie den steilen Aufstieg in der Comedy-Welt ihrem messerscharfen Spiel mit den eigenen Wurzeln am Balkan.
Wenn man sie auf der Bühne erlebt hat, kann man es kaum glauben. Denn ihr Deutsch ist völlig vom Akzent befreit. Kein Wunder, steckt doch hinter dem Künstlernamen Malarina eine Tirolerin namens Marina Lacković.
In ihrem ersten Soloprogramm „Serben sterben langsam“ (Freitag, 20.15 Uhr, ORF1) spielt die 32-jährige Kabarettistin mit ihren Wurzeln und den damit verbundenen Klischees - mit Erfolg: Die Newcomerin wurde mit dem Förderpreis des Österreichischen Kabarettpreises ausgezeichnet. Mit dem KURIER spricht sie über den Balkan-Humor, die politische Korrektheit und HC Strache.
KURIER: Sterben die Serben tatsächlich langsamer als die Österreicher?
Malarina: (lacht) Der Titel meines Soloprogramms ist eine Anspielung auf den Ersten Weltkrieg und den Propaganda-Spruch "Serbien muss sterbien", der nach dem historischen "Schuss von Sarajevo" berühmt wurde. Das hat sich sehr angeboten, weil ich das Stück dann auch mit einer Friedhofsszene beende, in der ich Unterschiede von Beerdigungen hier und dort erkläre. Überhaupt finde ich das kreisförmige Schreiben sehr ästhetisch und schließe darum auch so wie ich eröffne, nämlich mit dem Sterben.
Das Programm dauert fast zwei Stunden. Wie schafft man es, so lange Leute zu unterhalten?
Die Premiere war für mich ein nacktes Überleben. Ich habe nur gehofft, dass ich mir den ganzen Text gemerkt habe. Geprobt habe ich zu Hause vor meinem Kleiderschrank mit Spiegel. Ich wusste ja nicht, was ich da mache. Am Ende ist das Ganze ein bisschen wie Super Mario spielen, der nur nach rechts laufen kann, während von links die Wand nachzieht. Das heißt, man kann dabei nicht lang stehen bleiben. Dann läufst du halt. Was willst du sonst machen? Du hast keine Wahl.
Welche Wahl hatte Malarina, bevor sie sich entschloss, die Bühnen zu erobern?
Ich selbst bin gar nicht auf die Idee gekommen, Kabarett zu machen. Ich habe geschrieben und gehofft, der Welt irgendwas Tragisches hinterlassen zu können, einen ganz argen Roman. Ich habe gedacht, ich bin Kafka oder so etwas. Viele Menschen, die mich kannten, fragten mich jedoch, warum ich nichts Lustiges schreibe.
Fanden Sie sich selbst denn gar nicht lustig?
Mir war schon klar, dass ich lustig und unterhaltsam bin, aber irgendwie habe ich das als Kunstform nicht ausreichend respektiert. Serbien und überhaupt der Balkan haben nicht so viel Kabarett-Kultur wie Österreich. Stand-up-Comedy ist erst jetzt ein bisschen im Kommen, Kabarett eigentlich kaum. Deswegen habe ich mich damit nicht beschäftigt - bis ich dann eben begann, witzige Texte zu schreiben. Die hat mein Umfeld super gefunden. Also habe ich mir gedacht, ich könnte als Gag-Autorin im Hintergrund arbeiten. Für jemanden, der gerne auf der Bühne stehen will. Nun stehe ich selbst darauf.
Ihr Publikum ist ...
... extrem gemischt. Allerdings dauerte es ein bisschen, bis die Menschen vom Balkan kamen. Mittlerweile merke ich bei gewissen Gags, wie viele es sind: Ich höre sie vor der Übersetzung lachen. Dann weiß ich, wo meine Brüder und Schwestern sind (lacht).
Werden Menschen mit Migrationshintergrund eigentlich mehr Freiheiten in der Ausdrucksweise eingeräumt?
Eine. Wir dürfen "Tschuschen" sagen. Ende. Prinzipiell halte ich auch Menschen, die nicht verstehen, warum sie das N-Wort nicht verwenden dürfen, schon für Vollidioten. Und in meinem Stück spiele ich ja jemanden, der rechts ist. Das ist das Arge, dass es gerade in der serbischen Community so viel Rassismus gab. Nicht umsonst haben viele HC Strache gewählt.
Gibt es eine Erklärung dafür?
Zum einen ist Populismus etwas, das für Ex-Jugoslawen viel weniger erschreckend ist. Dort ist man sehr vieles gewöhnt. Da haben seit Tito nur Populisten regiert. Die Rechten in Österreich haben dann irgendwann die selektive Xenophobie entdeckt und den Serben das Gefühl gegeben, dass sie besser sind, weil sie weiß und christlich sind.
Haben Sie Strache schon in Ihrem Publikum entdeckt?
Ich habe ihm schon so viele Einladungen geschickt. Früher habe ich ihn immer auf Facebook markiert - bis er mich blockiert hat.
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