Zadić in Serbien, Montenegro und Kosovo: "Zukunft der Westbalkanstaaten liegt in EU"

Pro-EU-Kundgebung in Belgrad
Die Grünen-Ministerin schloss diese Woche eine Justiz-Kooperation mit den Westbalkanländern ab. Auch ein kontroverses Gleichstellungsgesetz in Serbien war auf der Dienstreise Thema.

Mit dem EU-Beitrittskandidatenstatus der Ukraine 2022 sind auch die Erweiterungsperspektiven für die Westbalkan-Staaten Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien wieder stärker in den politischen Fokus gerückt. Erst vergangene Woche haben die EU-Staats- und Regierungschefs offiziell die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Bosnien und Herzegowina beschlossen.

Österreich präsentiert sich in Brüssel aus verschiedenen, vor allem eigennützigen Gründen immer wieder als Anwalt der südosteuropäischen Länder, etwa im Bereich Migration (sind die Staaten selbst EU-Mitglieder bzw. geht es ihrer Wirtschaft und Rechtsstaatlichkeit besser, gibt es weniger Abwanderung von dort nach z.B. Österreich, so die Idee). Aber auch die hohen Summen an Direktinvestitionen in der Region sowie die Friedensmissionen, an denen sich auch das österreichische Bundesheer beteiligt, spielen hier eine Rolle.

Sehr häufig reisen Regierungsmitglieder und andere Politiker daher von Wien nach Belgrad, Sarajewo und Co, um ihre Unterstützung zu beteuern. So sind Wirtschaftsminister Martin Kocher und EU-Ministerin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) kommende Woche in Montenegro und Albanien. 

Justizkooperation abgeschlossen

Diese Woche war Justizministerin Alma Zadić (Grüne) bei ihren Amtskollegen in Serbien, Montenegro und im Kosovo, um noch vor der österreichischen Nationalratswahl im Herbst eine Justizkooperation mit allen sechs Westbalkan-Staaten abzuschließen. Entsprechende Erklärungen mit Bosnien und Herzegowina, Albanien und Nordmazedonien wurden bereits in den vergangenen Jahren unterzeichnet.

Ziel der Kooperation sind laut Zadić rasche Fortschritte bei der Stärkung der Rechtsstaatlichkeit, denn: „Justizreformen bilden die Grundlage für den europäischen Integrationsprozess.“ Konkret geht es um Maßnahmen und Austausch in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, unabhängige Justiz und Korruptionsbekämpfung.

Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien sind offizielle EU-Beitrittskandidaten. 

Der Kosovo strebt ebenfalls einen EU-Beitritt an, ist aber bisher nur ein "potenzieller Kandidat". Fünf EU-Mitglieder - Spanien, Griechenland, Rumänien, die Slowakei und Zypern - erkennen die 2008 ausgerufene Unabhängigkeit des Kosovo nicht an.

Mit ihrer Reise sende sie ein klares Signal an die Region, so die Politikerin, die selbst 1984 im bosnischen Tuzla geboren wurde und im Zuge der Balkankriege in den 1990er-Jahren mit ihrer Familie nach Österreich geflüchtet ist: "Österreich wird den Westbalkanstaaten auf ihrem Weg in die EU weiterhin als verlässlicher Partner zur Seite stehen". Die Zukunft dieser Länder liege in der Europäischen Union. 

Kontroverses Gleichstellungsgesetz

In Belgrad tauschte Zadić sich auch mit Vertreterinnen verschiedener serbischer Frauenorganisationen aus. Eins der Hauptthemen war ein 2021 verabschiedetes Geschlechter-Gleichstellungsgesetz. Darin wird u.a. geschlechtersensible Sprache als Mittel definiert, um die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen zu fördern. Daher soll sie in Schulbüchern, Zeugnissen, Medien etc. verwendet werden. Wird das nicht umgesetzt, drohen Geldstrafen.

Nicht nur, aber besonders der einflussreichen, serbisch-orthodoxen Kirche ist das Gesetz ein Dorn im Auge. Sie versucht regelmäßig, die Regelung u.a. mit scharfer Kritik (sie behauptet zum Beispiel, das Gesetz sei verfassungswidrig und ein Angriff auf die serbische Kultur) zu bekämpfen.

Die Berichte der Frauen vor Ort seien "besorgniserregend" gewesen, so Zadić: "Von hohen religiösen Vertretern wird dort echte Gleichstellung angegriffen." Diese Entwicklungen würden zeigen, wie wichtig Allianzen und Solidarität über Grenzen hinweg seien.

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