Ivica Osim: Der Moralapostel, den sie "Schwabo" und "Strauß" nannten

Am Sonntag wurde Ivica Osims Antlitz am Rathaus von Sarajevo projiziert.
Mit Jugoslawien starb auch ein Stück von dem Mann, der nicht nur in seiner zerfallenen Heimat große Spuren hinterlassen hat.

Ich schämte mich fremd. Das heruntergekommene Lokal in Wien-Hernals mit befleckten rot-weißen Tischdecken und schimmelnden Wänden war dieses, im wahrsten Sinne des Wortes großen Mannes nicht würdig. Das war nicht die Bühne, die Ivica Osim jemals betreten sollte, dachte ich mir bei meiner ersten und letzten Begegnung mit dieser Fußball-Ikone. 

Osim war der Einladung eines Landsmannes gefolgt und beehrte dieses Lokal, in dem sich Bosnier und Herzegowiner trafen. Sein jüngerer Sohn, der ihm seit seinem Schlaganfall im Jahre 2007 bei derartigen und immer seltener werdenden öffentlichen Auftritten nicht von der Seite wich, wusste wohl nicht, worauf er sich eingelassen hatte. Sonst hätte er seinem Vater diesen "Stargast-Besuch" in den Niederungen der Balkan-Gastroszene Wiens nicht angetan.

Denn Ivica Osim waren die Anstrengungen, diesem Public Viewing eines unwichtigen WM-Quali-Spiels Bosnien-Herzegowinas mit Leib und Seele beizuwohnen, anzusehen. "Halte dich bitte kurz", bat mich sein Sohn Selmir vor dem Interview. Ich tat es auch - weil mir nichts anderes übrig blieb. Zum einen war Ivica Osim nie ein Mann vieler Worte. Zum anderen schien er gebrochen.

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