In diesem Land leben die größten Menschen der Welt

In diesem Land leben die größten Menschen der Welt
Eine neue Studie zeigt, dass die Bewohner der Dinarischen Alpen sogar die Menschen aus den Niederlanden überragen.

Bislang galten die Niederländerinnen und Niederländer als die größten Menschen auf der Welt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt aber, dass die "Riesen" dieser Welt im Südosten Europas daheim sind. Es handelt sich nämlich um die Bewohner und Bewohnerinnen des südlichen Teils der Dinarischen Alpen, genauer gesagt Menschen aus Montenegro. 

Das außergewöhnliche Wachstum der Dinariden-Einwohner fasziniert die Anthropologen schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. In einem aktuellen Artikel der Fachzeitschrift Biology mit dem Titel "Mapping the Giant Mountains" ("Kartierung der Berge der Riesen") präsentieren Forscher der Masaryk-Universität im tschechischen Brünn und der Universität von Montenegro in Nikšić (Montenegro) das bislang umfassendste Bild der Körpergrößenunterschiede im ehemaligen Jugoslawien und dem angrenzenden Albanien.

 

Regional groß

Die Untersuchungen der Forscher beider Universitäten ergaben, dass 18-Jährige aus Montenegro im Schnitt 182,9 cm groß sind. Damit würden sie ihre niederländischen Altersgenossen (182,4 cm) um einen halben Zentimeter übertreffen und sich zu den "Größten auf der Welt" krönen. 

Trotzdem heben sich die Montenegriner nicht von ihren Nachbarn ab. Der 18-jährige junge Mann aus Dalmatien, der südlichsten Region Kroatiens, ist durchschnittlich stattliche 183,7 cm groß. Im südlichen Teil Bosnien-Herzegowinas, der Herzegowina, sind sie durchschnittlich 183,4 cm groß. In dem schmalen, benachbarten Pass, der Dalmatien über die südliche Herzegowina mit Zentralmontenegro verbinden, liegt die Durchschnittsgröße sogar über 184 cm. Die genannten Regionen sind allerdings Teile von Ländern, Kroatien bzw. Bosnien und Herzegowina, deren Bewohnerinnen und Bewohner eine geringere Durchschnittsgröße aufweisen.

Die Riesen von Durmitor

Dieses Muster starker regionaler und sogar lokaler Unterschiede war bereits den Verwaltern des österreichisch-ungarischen Heeres ersichtlich, die die Größe ihrer Rekruten erfassten. Junge Männer aus Bosnien und Herzegowina, die 1895 in den Militärdienst eintraten, waren im Durchschnitt 172,4 cm groß, was deutlich über der Durchschnittsgröße der Rekruten aus der gesamten K.u.K-Monarchie im Jahr 1890 (165,1 cm) und sogar über der Durchschnittsgröße der traditionell großen nordeuropäischen Männer gleichen Alters (ca. 170 cm) lag.

Erstaunliche Ergebnisse ergaben auch Forschungen, die nach dem Ersten Weltkrieg durchgeführt wurden. So wurde bei Männern im Alter von 18 bis 40 Jahren, die das Durmitor-Gebirge im Nordwesten Montenegros bewohnten, eine Durchschnittsgröße von 176,7 cm festgestellt. Diesen Schnitt haben die Industrienationen Nord- und Westeuropas erst in den 1950er und 1960er Jahren erreicht.

Ursachenforschung

Unschlüssig sind sich die Forscher, wenn es um die Ursachenforschung geht. Lange Zeit war die These des US-amerikanischen Anthropologen Carleton Stevens Coon stark verbreitet. Der Professor an der Harvard-Universität lehrte in den 1920er Jahren, dass die Mineralien für die überdurchschnittliche Körpergröße in dieser Region ausschlaggebend sind. Laut Coon würden die größeren Menschen in der Region auf Kalkstein leben, während die kleineren, wie Albaner, auf Sandstein lebten. Jüngste Daten deuten jedoch darauf hin, dass Ernährung und Genetik wahrscheinlichere Ursachen sind.

Besonders interessant ist ein anderer Aspekt der Studie, der sich Bosnien und Herzegowina widmet. Aufgrund von Ernährungsunterschieden zwischen Religionsgemeinschaften würde das kleine Vielvölkerland einen faszinierenden Einblick in die Auswirkungen der Ernährung auf die Körpergröße bieten. Der Verzehr von Schweinefleisch, das als Hauptproteinquelle dient, ist bekanntlich im Islam verboten, was den doch deutlichen Größenunterschied von 2,2 cm zwischen den Bewohnern des muslimischen Teils von Sarajevo (181,8 cm) und seinem überwiegend serbisch geprägten östlichen Stadtrand (184,0 cm) erklären würde. Auch in anderen religiös gemischten Teilen des Landes, wie etwa um die herzegowinische Hauptstadt Mostar, sind Muslime 2-3 cm kleiner als ihre serbischen oder kroatischen Nachbarn.

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