Gescheiterte Asylpolitik
"Die Asylpolitik in Österreich hat, glaube ich, auf allen Linien versagt. Vor allem, wenn wir von Menschlichkeit sprechen", sagt der Flüchtlingshelfer. Es würden immer noch Menschen abgeschoben werden, teilweise sogar nach Russland. "Das ist eine brutale Politik".
Rosandić sei "trotz allem" positiv überrascht von der Solidarität, die sich gerade in der Gesellschaft breitmacht. Es sei wichtig, dass alle jetzt uneingeschränkt den Menschen aus der Ukraine helfen. "Andererseits ist sichtbar, dass unsere Gesellschaft ein offenes Problem mit Rassismus hat", stellt der gebürtige Kroate fest. Die Solidarität sei nicht das Problem. Sie sei vorhanden in Österreich. "Es ist alles auf Abruf da, es zeigt, was alles möglich sein kann - in kurzer Zeit und so plötzlich".
Rosandić fragt sich aber in Bezug auf die Menschen, denen er seit Jahren zu helfen versucht: "Wieso war bzw. ist das bei der so kleinen Anzahl an Menschen, die genauso vor Terror und Gewalt fliehen, nicht möglich? Wieso macht man aufgrund von Hautfarbe, Nation, Religion Unterschiede zwischen Menschen?" Er würde deswegen die derzeitige Solidarität mit der Ukraine mit "gemischten Gefühlen" erleben.
"Im Endeffekt war in der Ukraine die letzten acht Jahre Krieg. An 30 anderen Orten auf der Welt ist momentan auch Krieg. Aber jetzt betrifft es halt uns", erklärt Rosandić mit einer Dosis Sarkasmus. "Jetzt geht es um Nachbarschaftshilfe. Was ist Nachbarschaftshilfe?", erinnert er daran, dass man drei Stunden von Nickelsdorf entfernt Menschen habe, "die vor dem Zaun von Victor Orban ausharren" bzw. drei Stunden von Spielfeld entfernt in Bosnien die wilden Flüchtlingscamps, das "Moria vor der Haustüre" sehe.
Euphorie
"Das ist jetzt ein sehr hoch gepushter Euphorie-Moment, der in gewisser Art auch blendet über das, was kommen wird", glaubt der 38-Jährige. Diejenigen, die 2015 oder die Jugoslawien-Kriege erlebt haben, würden wissen, wie schnell sich das Blatt wendet und sich die Wahrnehmung ändere. "Auch die Ukrainer und Ukrainerinnen werden morgen oder übermorgen den Rassismus hierzulande erleben - in ein paar Monaten, wenn diese Euphorie und Solidaritätswelle vorbei sind".
Dass Ukrainer und Ukrainerinnen hier ein Jahr Asyl haben können und damit eine Perspektive mit Anschluss an die Arbeitswelt gewährt bekommen, sei aus Rosandićs Sicht etwas, was man bei anderen Flüchtlingsgruppen nicht sehe. Aus seiner Sicht sollte man das Momentum nutzen, um das "ganze Blatt fundamental zu ändern und europäische Menschenrechte zu leben". Aber: "Aus dem Sichtpunkt unserer Gesellschaft flüchten hier scheinbar falsche Leute mit der falschen Hautfarbe".
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