Rasche Anerkennung der Qualifikationen von Flüchtlingen gefordert
Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) plädiert für eine rasche und effiziente Anerkennung der Qualifikationen ukrainischer Flüchtlinge. Außerdem brauche es ein ausreichendes Angebot an Deutschkursen für die soziale Integration und zur Erhöhung der Chancen am Arbeitsmarkt bzw. die nötige Infrastruktur in den Bereichen Wohnen, Gesundheit und Schule, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Research Brief.
Die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen ist nach wie vor unklar, schreiben Julia Bock-Schappelwein und Peter Huber. Derzeit gebe es noch die Möglichkeit zur Binnenflucht etwa in die Westukraine - setze sich aber Russland militärisch immer weiter durch, würden auch diese Menschen ins Ausland gehen. Dann würden außerdem auch vermehrt Männer, die derzeit noch kämpfen, zu Flüchtlingen.
Hauptzielländer sind andere
Die betroffenen Personen würden wohl auch weiter zum überwiegenden Teil in den Nachbarländern der Ukraine Schutz suchen. Sollte sich aber mittelfristig keine Lösung des kriegerischen Konfliktes abzeichnen, würden sie sich verstärkt auch zu anderen Staaten wie Österreich orientieren. Hauptzielländer sind aber andere - nämlich jene, in denen es jetzt schon Netzwerke von ukrainischstämmigen Bekannten und Verwandten gibt. Das sind etwa je nach Quelle Russland, USA, Kasachstan, Italien und Deutschland bzw. Russland, Kanada, USA, Brasilien und Moldau. Trotzdem werde es auch in Österreich zu steigenden Flüchtlingszahlen kommen.
Nicht absehbar ist, ob die betroffenen Menschen nach ihrer Ankunft in Österreich weiter- oder zurückwandern oder aber bleiben. Das hänge stark von der Intensität und Dauer des Kriegs ab, heißt es im Research Brief. Nach bisherigen Erfahrungen würden anerkannte Flüchtlinge in Österreich aber nur selten in ihre Heimat zurückkehren oder weiterwandern. Obwohl sie in Befragungen sehr häufig angeben würden, gerne zurückkehren zu wollen, seien sie in Österreich deutlich sesshafter als andere Zuwanderungsgruppen wie etwa Arbeitsmigranten. Während die Hälfte der Arbeitsmigranten binnen eines Jahrzehnts zurückkehrt bzw. weiterzieht, tun dies nur 7,5 Prozent der anerkannten Flüchtlinge.
Jünger als Österreicher und Österreicherinnen
Von ihren Qualifikationen her haben die Menschen in der Ukraine in den vergangenen Jahren stark aufgeholt. So haben zum Beispiel 57 Prozent der 30- bis 34-Jährigen eine Tertiärausbildung abgeschlossen (Österreich: 42 Prozent). Sie sind von der Altersstruktur her auch jünger als die Menschen in Österreich und im Gegensatz zu vielen Flüchtlingen aus Syrien und Afghanistan aufgrund ihrer Fremdsprachenkenntnisse auch im lateinischen Alphabet alphabetisiert.
Um diese Kenntnisse nutzbar zu machen, müssten aber auch Qualifikationen formal anerkannt werden, schreiben die Studienautoren. Außerdem brauche es Kinderbetreuungsplätze sowie eine Integration der schulpflichtigen Kinder ins österreichische Bildungssystem.
Derzeit arbeiten Ukrainerinnen und Ukrainer überproportional häufig sowohl in niedrigqualifizierten Bereichen wie Land- und Forstwirtschaft (etwa Erntehelfer) oder Beherbergung/Gastro als auch überproportional häufig in höherqualifizierten Branchen wie IKT oder freien Berufen.
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