Ihr Bedauern darüber, dass sie diesmal nicht dabei sein kann, äußert Ewa Ernst-Dziedzic. Die Sprecherin der Grünen für LGBTIQA+ und Menschenrechte betont, wie wichtig dieses Event für die Gemeinde am Balkan ist. Man habe die erste Auflage genau beobachtet und habe vorwiegend Positives gehört.
"Es ist ein gutes Zeichen, dass die Behörden den Teilnehmern Sicherheit zugesagt bzw. der Polizei genaue Weisungen gegeben haben, die den nötigen Schutz gewährleisten sollen", erklärt die Abgeordnete zum Nationalrat, die bereits an mehreren Pride-Events in Südosteuropa teilgenommen, sich aber nicht überall sicher gefühlt hat.
Balkan-Liebe in Wien
2019 kamen nach Sarajevo Teilnehmer aus der ganzen Welt, viele vor allem aus denjenigen Ländern, in denen viele Ex-Jugoslawen leben, also auch Österreich. Heuer erwarte man aufgrund der Pandemie nicht so viele Gäste aus dem Ausland. Über organisierte Anreisen aus etwa Österreich wüssten die Veranstalter jedenfalls nichts. "Aus Sicherheitsgründen traut sich kaum jemand zu den Pride-Events am Balkan zu fahren", weiß Saša.
Gemeinsam mit Sabrina Anderson organisiert der serbisch-stämmige Saša in Wien Events für die LGBTIQA+-Community mit Balkan-Wurzeln. Zu den monatlich stattfindenden Partys kommen seiner Angabe nach zwischen 70 und 120 Personen. Die Veranstaltungsreihe "Balkan Love - Queer and Friends" ist der Nachfolger der in der Wiener Queer-Szene durchaus bekannten "BallCanCan"-Reihe, die eben Sabrina Anderson in den späten 1990er Jahren initiiert hat.
Zu den Partys des Vereins "Balkan Love - Gegen Homophobie am Balkan", der 2019 von Saša gegründet wurde, würden demnach Menschen kommen, die aus allen Ecken Ex-Jugoslawiens stammen. "Wir sind da, um homosexuelle Menschen vom Balkan, die hier leben, zu unterstützen. Nachdem wir nicht so viele sind, müssen wir umso mehr aufeinander schauen - unabhängig von der Herkunft. Beim Vienna Pride sind wir mit drei alten jugoslawischen Flaggen unterwegs gewesen und das hat niemanden gestört", sagt Saša mit einem Schmunzeln und fügt hinzu: "Unser Ziel ist es, allen zu zeigen, dass wir völlig normal sind."
Montenegro lässt hoffen
Völlig normal ist neuerdings in Montenegro die eingetragene Partnerschaft gleichgeschlechtlicher Paare. Im vergangenen Jahr hat dies das kleine Land südlich von Serbien als erster Staat in Südosteuropa außerhalb der EU ermöglicht.
Die Eheschließung einer Montenegrinerin und einer Bosnierin Ende Juli war nach der Implementierung des 2020 beschlossenen Gesetzes überhaupt die erste von Personen gleichen Geschlechts und hat in den sozialen Netzwerken hohe Wellen geschlagen. Ob sie Hoffnungen hat aufkeimen lassen, dass es bald auch in Bosnien soweit sein könnte?
"Das hat hierzulande leider wenig Echo gehabt. Dennoch erhofft man sich dadurch mehr Druck auf die Regierung ausüben zu können, das entsprechende Gesetz bald zu beschließen. Leider stecken wir diesbezüglich noch in den Anfängen. Dafür kämpfen wir, dafür steht auch unsere Parade da. Sarajevo Pride ist im Grunde eine Demonstration für Menschenrechte", sagt Lejla Huremović und weist auf die immer noch dürftige Unterstützung seitens der Politik - auch wenn es immer mehr Strömungen gäbe, die der LGBTIQA+-Community gegenüber offen sind.
"Leider sind rechte und radikale Politiker in diesem Land in deutlicher Überzahl. Mit diesem Problem haben aber nicht nur wir hier zu kämpfen, sondern ganz Europa", sagt sie und verweist auf Ungarn. "Deshalb gehen wir auf die Straße, um unsere Rechte zu kämpfen. Unsere Botschaft ist klar und deutlich: Wir werden nicht aufhören, werden immer für unsere Rechte kämpfen".
Der LGBT-Aktivismus ist deutlich jünger als der in den benachbarten Ländern. In Kroatien gibt es das Gesetz, das gleichgeschlechtlichen Partnern eine Eheschließung ermöglicht, schon länger. Der westliche Nachbar gehört wohlgemerkt aber auch der EU an. In Serbien finden die Pride Parades seit über zehn Jahren statt, aktuell wird das besagte Gesetz auch dort heiß diskutiert.
"Wir in Bosnien sind sehr darum bemüht, laut und sichtbar zu sein, denn wollen keine Opfer dieses schleppenden Systems sein. Die Veränderungen müssen schneller kommen", zeigt sich Huremović entschlossen.
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