Zweite Chance für Listenhunde: "Schwere Jungs“ sollen therapieren
John hat ein schlechtes Image. Wenn der weiße Dogo-Argentino-Mischling mit heraushängender Zunge auf einen zustürmt, ist man erst einmal leicht verunsichert. Dass er einen Beißkorb trägt, ändert daran wenig. Doch man tut John Unrecht – der Langzeit-Insasse des Tierschutzhauses ist freundlich, verspielt und alles andere als ein „Kampfhund“. Deshalb kam er für ein ungewöhnliches Pilotprojekt infrage: In Vösendorf werden sogenannte Listenhunde zu Therapie-Begleithunden ausgebildet.
„Die Häferln“
Zu den Listenhunden zählt man jene Rassen, für die ob ihres Naturells ein Hundeführschein abzulegen ist. Dazu gehören unter anderen Staffordshire Bullterrier, Rottweiler, Pitbull oder eben Dogo Argentino.
„Das sind quasi die ,Häferln‘ unter den Hunden“, erklärt Trainerin Gudrun Braun vom Wiener Tierschutzverein (WTV). „Das heißt: Sie sind leicht erregbar. Wenn man sie falsch trainiert, hat man einen exaltierten Choleriker an der Leine.“ Dass wegen der Anatomie der Tiere selbst kleine Schnapper schmerzhafte Folgen haben können, trage darüber hinaus zu ihrem schlechten Image bei.
Jetzt bekommen diese „schweren Jungs“ in Vösendorf eine zweite Chance: Der Verein „Tiere als Therapie“ (TAT), der mit dem WTV kooperiert, suchte geeignete Hunde, um sie im pädagogischen oder geriatrischen Bereich oder bei der Arbeit mit behinderten Menschen einzusetzen. Auf der Suche nach Kandidaten nahm man die Langzeit-Insassen im Tierschutzhaus unter die Lupe.
„Um für die Ausbildung infrage zu kommen, müssen die Tiere besonders freundlich sein, Berührungen mögen und Artgenossen akzeptieren“, erläutert Braun.
Letztlich fiel die Auswahl der geeigneten Hunde originellerweise ausschließlich auf Listenhunde. „Durch den Langzeitaufenthalt im Tierschutzhaus – die meisten sind ein Jahr und länger da – wurden die Tiere gemäßigt.“
Neun Listenhunde begannen schließlich mit der Ausbildung zum Therapie-Begleithund. Sie lernen, Berührungen zuzulassen. Zu ihren Aufgaben wird es nämlich gehören, emotionale Nähe herzustellen. Trainiert wird unter anderem in einem Pensionistenheim in der Breitenfurter Straße. Die Ausbildungskosten von 1000 Euro pro Hund trägt zum Teil TAT.
Das Projekt hat übrigens einen positiven Nebeneffekt: Da die Ausbildung Vertrauen weckt, wird auch die Abgabe der Hunde leichter. Vier der neun „Schüler“ haben bereits ein neues Zuhause.
Seit Kurzem erst ist Theodor Skopek Geschäftsführer des Wiener Tierschutzvereines. Wie berichtet, einigte er sich nach monatelangen Verhandlungen mit der Stadt Wien auf einen neuen Leistungsvertrag, der die Betreuung der aktuell rund 1000 Tiere regelt. Rund 950.000 Euro macht man im Wiener Rathaus für das Jahr 2014 locker – da sind um etwa 180.000 Euro mehr als zuletzt. Vorigen Sommer hatte WTV-Präsidentin Madeleine Petrovic den alten Leistungsvertrag gekündigt.
Im neuen Vertrag wird der tendenziell längeren Verweildauer der Tiere in Vösendorf Rechnung getragen: Statt für 30 Tage (wie bisher), zahlt Wien nun für Hunde, Katzen und Kleintiere 40 Tage lang eine Betreuungspauschale. Außerdem wurde die Abgeltung für verletzte oder verirrte Wildtiere von 2000 auf 4000 Euro hinaufgesetzt.
TierQuarTier
Für den Wiener Tierschutzverein ist der neue Vertrag eine Übergangslösung. Er gilt erst einmal bis zum Jahresende. Der Grund dafür ist das von der Stadt Wien und der Tierschutzstiftung ins Leben gerufene „TierQuarTier“, das Anfang 2015 in der Donaustadt eröffnen soll. Dies wird naturgemäß zu einer Neuaufteilung der Zuständigkeiten führen. Skopek plädiert für eine rein geografische Aufteilung. Eine Konkurrenzsituation sieht er nicht. Mit der Stadt Wien verhandelt er gerade wegen eines neuen Grundstücks für das Tierschutzhaus.
Das TierQuarTier, das auf 9700 südlich der Deponie Rautenweg entsteht, kostet 15 Mio. Euro. Fünf Millionen will die Tierschutzstiftung über Spenden lukrieren, zehn Millionen schießt die Stadt zu.
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