Ich kenne Siebenjährige, die Harry Potter lesen, und Elf- und Zwölfjährige, die mit dem Tom-Turbo-Buch größte Probleme haben. Bei mir hat sich ein Vater ausgeweint, dass sein Kind nicht genug liest. Dann hat er mir erklärt, dass es 80 Disney-Bücher hat und alle auswendig kann. Das Kind liest, aber nicht das, was er will. Da sehe ich wirklich Grenzen. Wir können nur Literatur anbieten und die Kinder anleiten, selbst wenn sie nicht zugreifen.
Es ist interessant, mit welchen Büchern die Kinder ins Lesen hineinkommen, einerseits „Harry Potter“ und andererseits etwa „Gregs Tagebuch“, das ich eigentlich dumm fand.
„Gregs Tagebuch “ ist für mich ein Paradebeispiel. Die Kinder fühlen sich exakt so, wie Greg sich beschreibt. Und auch was er alles seinem bösen Bruder in der Schule gibt. Erwachsene haben den Zugang dazu nicht. Ob Harry Potter ein Kinderbuch ist, stelle ich in Frage. Es wird zu 80 Prozent von Erwachsenen gelesen. Es war ein Missverständnis, als es hieß, dass alle Kinder diese dicken Bücher lesen können.
Was können Eltern dazu beitragen?
Was sich bewährt hat, ist, ihnen die freie Wahl zu lassen und in der Bücherei oder der Buchhandlung nicht zu kritisieren oder die Augen zu verdrehen, egal was sie aussuchen. Wenn man sieht, dass es vom Lesevermögen eindeutig unmöglich ist, sollte man nicht sagen „Das Kannst du noch nicht“ sondern die Frage stellen „Glaubst du, du schaffst das schon? Schauen wir uns mal die ersten Seiten an“. Eine Freundin von mir, eine Verlegerin, hat vor vielen Jahren die tollsten Bilderbücher gemacht. Ihr eigener Sohn hat sie nicht angeschaut. Dann kam er eines Tages mit einem kleinen Buch, das er liebte: „Du und ich in der Tankstelle“ um 1,50 €. Ihr standen die Haare zu Berge. Sie hat einen großen Schritt zurück gemacht und und nicht mehr so geurteilt. Der Bursche hat mittlerweile studiert und ist ein erfolgreicher Erwachsener geworden. Wer als Erwachsener würde sich auf so etwas einlassen: Man sucht sich ein Buch aus und dann kommt einer daher und sagt „Das müssen Sie wissen“ und „Das ist wertvoll“. Wer würde so ein Buch nehmen.
Was hat sich in Ihren Jahren als Kinderbuchautor am meisten bewährt, um Kinder ins Lesen hereinzubringen?
Ich arbeite bei meinen Büchern viel an der Dramaturgie, dass Kinder sehr schnell den Einstieg finden, und bei jedem Kapitel ein Cliffhanger, damit sie weiterlesen wollen. Außerdem sollten sie mit der Hauptperson gerne befreundet sein wollen. Vor allem sollen sie sich immer respektiert und verstanden fühlen. Heute statten wir alle Bücher mit ungefähr doppelt bis dreimal so vielen Illustrationen aus wie früher, weil vor allem schlecht lesende Buben sich über Illustrationen orientieren, neugierig werden und dann lesen. Die Textportionen, die Schriften werden noch eine Spur größer als früher. Mein Herz hat immer für die schwächeren Leser geschlagen.
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