Idealistische Realisten im Klassenzimmer

S wie Superman, L wie Lehrer mit einer superprofessionellen Einstellung zum eigenen Beruf
Teach for Austria: Österreichs Schüler profitieren von exzellent ausgebildeten Quereinsteigern.
Von Uwe Mauch

Bewegung ohne Widerrede! Wenn Simon Horowitz seine Schüler in den Turnsaal in die Knie bittet, machen alle mit. Weil der Engländer, der die Anweisungen in seiner Muttersprache gibt, einfach ein cooler Typ ist, obwohl er, als er selbst noch ein Schüler war, gut und gerne 100 Kilo auf die Waage gebracht hat.

Idealistische Realisten im Klassenzimmer
Seine Geschichte klingt glaubwürdig. Deshalb ist Simon eine Autorität. Das geht sogar so weit, dass seine Schüler auch aufs süße Cola verzichten. Und das in einer Schule in Währing, die nicht als beste Adresse gilt, weil das Gros der Kinder östlich von Währing geboren wurde.

Die Hoffnungsträger

Simon Horowitz ist 28. Er hat in Birmingham und in Stockholm internationales Management studiert, ehe er sich in Wien als Sprachlehrer einen Namen gemacht hat. Seit gut einem Jahr ist er Fellow in dem Bildungsprojekt Teach for Austria.

Die Initiative wurde vom Unternehmer Walter Emberger gegründet. Mit dem erklärten Ziel, im österreichischen Schulsystem mehr Chancengleichheit zu ermöglichen. Deshalb werden Fellows wie Simon Horowitz nicht in private Eliteschulen entsandt, sondern in Schulen, deren Lehrer und Schüler dringend Unterstützung von außen benötigen.

64 Fellows sind derzeit im Einsatz. Alle können eine exzellente Ausbildung und trotz ihrer Jugend auch schon Berufserfahrung vorweisen. So wie Christina Planitzer, die es als Chemikerin in einem großen amerikanischen Konzern zu einer intern und extern anerkannten Wissenschafterin gebracht hatte, ehe sie einen bis dato ungewöhnlichen Schritt wagte.

Idealistische Realisten im Klassenzimmer
Zwei Schuljahre lang hat sich die 32-jährige Forscherin verpflichtet, in einer neuen Mittelschule in Simmering ihr Wissen im Chemiesaal weiterzugeben. Und es fällt auf, wie hoch konzentriert die Schüler im Chemiesaal ihrem Experiment, Alkohol in Methanol und Ethanol zu spalten, folgen wollen.

Christina Planitzer und Simon Horowitz könnten anderswo deutlich mehr Geld verdienen. Dennoch zeigen sie sich begeistert, von der Möglichkeit, in einer Schule zu arbeiten. "Wir werden von erfahrenen Lehrern sehr gut betreut, und wir können auch in der Gruppe viel voneinander lernen", berichtet Planitzer. Kollege Horowitz freut sich wiederum, dass beide Seiten voneinander profitieren können: "Es ist für mich immer noch unglaublich, was junge Menschen schon alles erlebt haben. Sie brauchen jemanden, der an sie glaubt. Viele wissen gar nicht, was in ihnen steckt."

Teach for Austria wird von der Industriellenvereinigung und einigen potenten österreichischen Firmen finanziert. Auch die Schulbehörden stehen – nach anfänglicher Skepsis – dem Pionierprojekt positiv gegenüber.

Direktoren und Lehrer berichten, dass die jungen Kollegen schon viele neue Impulse in das Schulleben eingebracht haben, und dass sie von den Schülern auffallend schnell akzeptiert werden.

Die Aufklärer

Gerade im aktuellen Kampf gegen die Radikalisierer aus den Lagern der Extremisten können die Jung-Lehrer auf Zeit Aufklärung leisten.

Und was haben die Fellows davon, außer tiefe Einblicke in das Schulwesen zu erhalten? Rund die Hälfte bleibt Lehrer. Für die anderen sollte sich bezahlt machen: Der Hinweis in ihrem Lebenslauf, sich in schwierigen sozialen Zonen behauptet zu haben, beeindruckt viele Personalchefs.

Kontakt zu den Mitarbeitern des Fellow-Programms hier.

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