SOS, Frau Doktor: Erste Hilfe für Adria-Segler

Viele Adria-Segler unterlägen dem Trugschluss, dass ihnen bei einem medizinischen Notfall ein Rettungshubschrauber zur Hilfe kommen würde.
Adria-Segler können sich jetzt online von einer Grazer Medizinerin verarzten lassen.
Von Uwe Mauch

Windstärke 7 vor der Insel Vis, und dann greift ein unbedarfter Segler in ein schnalzendes Tau! An Bord des Segelboots unter rot-weiß-roter Flagge schwankt die Stimmung zwischen Seekrankheit und SOS.

Ein Glück, dass es Astrid Preininger und Thomas Keusch gibt. Die Intensivmedizinerin und der Notfallsanitäter, beide passionierte Segler, sind zwar nicht gleich ums Eck, aber via Mobiltelefon aus Graz hör- und sichtbar. Mit ruhigen Stimmen und exakten Kommandos erklären sie dem Patienten und seinem Skipper, wie die stark blutende Wunde erstversorgt werden kann. Sie nehmen damit viel vom Stress an Bord.

Erste Hilfe

Preininger und Keusch holen seit zwei Jahren mit ihrem Spezialfahrzeug Unfallopfer zurück nach Österreich. Seit heuer kooperiert ihr Verein mit dem oberösterreichischen Pannendienst SeaHelp. Der rettet schon seit dem Jahr 2005 Segler in Seenot. Bisher ging es für die Helfer in ihren gelben Schlauchbooten vor allem darum, die Besatzungen und ihre teuren gecharterten Boote sicher an Land zu holen.

„Nun bieten wir unseren Mitgliedern ein zusätzliches Service“, erklärt Unternehmensgründer Wolfgang Dauser. „Das steirische Ärztenetzwerk soll den Seglern vor allem in der ersten Stunde nach dem Unfall helfen.“ Dauser weiß, wovon er spricht. Auch er kennt das Segelparadies der Österreicher wie seine Westentasche: „Der nächste Arzt ist vom Boot bis zu zwei Stunden entfernt, außerdem muss zunächst einmal ein Hafen angelaufen werden. Ein Unterfangen, das sich in der von Hektik geprägten Situation an Bord nicht immer ganz leicht bewältigen lässt, vor allem dann nicht, wenn der Notfall ausgerechnet den Skipper betrifft.“

SOS, Frau Doktor: Erste Hilfe für Adria-Segler

Hilft via Mobiltelefon: Die Grazer Notfallmedizinerin Astrid Preininger.

Der Ebenseer über die Tücken der Adria: „Manchmal kann eine völlig entspannte Ferienstimmung binnen weniger Minuten in eine dramatische Bedrohung umschlagen.“

Von der neuen Kooperation zwischen SeaHelp und KIRT (siehe Infobox ganz unten) profitieren nicht zuletzt die Segler: Ab sofort können sie sich in medizinischen Notfällen eine Hotline anrufen. Die ist rund um die Uhr besetzt. Je nach Erfordernis hilft ein Arzt und/oder ein Sanitäter.

Ärztin Preininger betont: „Unser Service kann den Arzt vor Ort nicht ersetzen. Vorrangig soll unsere telefonische, wenn möglich auch videobasierte Konsultation jene Zeit sinnvoll überbrücken, die erforderlich ist, um Patienten vom Schiff an Land zu bringen, wo sie den örtlich zuständigen Rettungskräften übergeben werden.“ Sanitäter Keusch fügt hinzu: „Nicht zuletzt entscheidet das Verhalten der Helfer in den ersten Minuten nach einem Unfall über den Verlauf einer Erkrankung.“

Was die Segler vor der Insel Vis inzwischen bestätigen können.

Nützliche Hilfe

Doch nicht nur in Notfällen, auch bei einem kleineren Malheur steht das Grazer Team mit Rat und Tat zur Seite. Preininger: „Hat ein Besatzungsmitglied wichtige Medizin vergessen, können wir auf Wunsch ein Privatrezept ausstellen und dieses direkt zu einer mit uns kooperierenden Apotheke faxen oder mailen.“

Zudem vertraut sie „auf ein Netzwerk niedergelassener Ärzte entlang der kroatischen Küste, die auf Krankheitssymptome spezialisiert sind und die mit deutschsprachigen Patienten auch in deren Muttersprache kommunizieren können.

Online: Hotline rund um die Uhr

Für Segler, die Mitglied bei SeaHelp oder KIRT sind, haben Keusch und Preininger einen Bereitschaftsdienst rund um die Uhr eingerichtet, um in Notfällen bordeigene Erste-Hilfe-Maßnahmen zu unterstützen bzw. medizinischen Support zu bieten, wie z. B. die Vermittlung zu deutschsprachigen Ärzten des jeweiligen Fachgebiets. Derzeit wird dieses Service nur in Kroatien angeboten, eine Ausweitung ist geplant. Hotline: 0043 664 30 144 30.

SeaHelp: Gelbe Engel am Meer

Skipper, die einen Charterpass bei der österreichischen Firma SeaHelp lösen (je nach Größe des Boots 75 € pro Boot für 14 Tage), werden zumeist innerhalb einer Stunde von einem Pannen-Team geortet und auch erreicht. Wer sich die App von SeaHelp auf sein Mobiltelefon runterlädt, wird rechtzeitig und auch punktgenau über alle Wetterwarnungen informiert. Alle Leistungen und Tarife auf einen Blick: www.sea-help.eu

Die KIRT: Rettungsanker im Ausland

Der von Thomas Keusch geleitete Verein für Kranken- und Intensivtransporte  Steiermark, die KIRT, hilft zahlenden Mitgliedern, die im europäischen Ausland verunfallen. Ein speziell ausgerüsteter Krankenwagen sowie ein Pool an speziell ausgebildeten Medizinern und Sanitätern erlauben es, Intensivtransporte im In- und Ausland rund um die Uhr durchzuführen, mit oder ohne einer vorangegangenen Versorgung. Mehr Infos: www.kirt-st.at

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