Reshma Qureshi bei der New York Fashion Week

Reshma Quereshi bei der New York Fashion Week.
Im Mai 2014 wurde Reshma Qureshi Opfer eines Säureangriffs. Seither ist viel passiert. In New York lief die junge Frau nun bei der Fashion Week über den Laufsteg.

Neun Monate lang traute sich Reshma Qureshi nicht aus dem Haus, nachdem ihr drei Männer in der nordindischen Stadt Allahabad Schwefelsäure ins Gesicht geschüttet hatten. Mit der Attacke, bei der das gesamte Gesicht der damals 17-Jährigen entstellt wurde, wollten die Männer Rache üben. Einer von ihnen war kurz zuvor von Reshmas Schwester verlassen worden. Nach dem Angriff wurde Reshma von Depressionen und schwerwiegenden Angstzuständen heimgesucht. Ihr Suizidversuch scheiterte.

Mittlerweile sind Reshmas Wunden verheilt. Die Narben im Gesicht der 19-Jährigen sind geblieben. Auf einem Auge ist die Inderin komplett erblindet, auf dem zweiten ist ihre Sehkraft stark gemindert. Die körperlichen Folgeerscheinungen werden die junge Frau ein Leben lang an das traumatische Erlebnis erinnern. Vom Start in ein neues Leben konnten die Angreifer sie jedoch nicht abhalten.

#TakeBeautyBack

In Zusammenarbeit mit der indischen Non-Profit-Organisation Make Love Not Scars versucht Reshma etwas zu verändern. Mit Beauty-Tutorials, die Teil der großen Kampagne #TakeBeautyBack sind, will sie ein Bewusstsein für die fatalen Folgen von Säureangriffen schaffen - und gleichsam auch auf die politischen und gesellschaftlichen Dimensionen der Problematik aufmerksam machen.

"Diese Säure ist in Indien genauso einfach erhältlich wie jeder Lippenstift", erklärt sie in einem ihrer Videos und fordert im Zuge einer Petition den Verkaufsstopp der missbräuchlich verwendeten Chemikalie, die in Indien zu extrem niedrigen Preisen vielerorts erhältlich ist. Die Verfügbarkeit der Säuren ist Studien zufolge maßgeblich für die hohe Zahl an Angriffen verantwortlich.

Auch die Aufklärung der Gesellschaft über die Tragik der Vorfälle und die Stigmata und bürokratischen Hürden, mit denen Säureopfer konfrontiert sind, müsse vorangetrieben werden. Nur so könne langfristig sichergestellt werden, dass Frauen in Indien nicht mehr Opfer derartiger Angriffe werden.

Bisher wurden ihre Tutorials von über zwei Millionen Menschen angeklickt, über 300.000 Unterschriften zählt derzeit die Petition.

Reshma Qureshi bei der New York Fashion Week
Indian model and acid attack survivor Reshma Quereshi has make up applied before walking to present Indian designer Archana Kochhar's Spring/Summer 2017 collections during New York Fashion Week in the Manhattan borough of New York, U.S., September 8, 2016. REUTERS/Lucas Jackson

Große Bühne für große Anliegen

Auch die Fashion Week in der US-Metropole New York nutzt die Inderin für ihre Anliegen. Auf Einladung des indischen Designers Archana Kochhar verließ sie zum allerersten Mal ihre Heimat, um bei der Modewoche im Big Apple über den Catwalk zu laufen. Das berichtet unter anderem der britische Independent.

Reshma Qureshi bei der New York Fashion Week
Indian model and acid attack survivor Reshma Quereshi presents a creation from Indian designer Archana Kochhar's Spring/Summer 2017 collection during New York Fashion Week in the Manhattan borough of New York, U.S., September 8, 2016. REUTERS/Lucas Jackson

Im Interview mit der Zeitung erklärte die 19-Jährige am Abend vor ihrem Laufsteg-Debüt, dass sie angesichts der großen Show "sehr aufgeregt" sei. "Ich denke, dass es wichtig ist, dass die Leute die Geschichten von Säureangriff-Überlebenden hören und erfahren, dass sie normale Leben führen können", so Reshma. Als sie erfuhr, dass sie nach New York reisen und ihre Kampagne einer breiten Öffentlichkeit präsentieren könne, sei sie begeistert gewesen. Obwohl ihr Gesicht zerstört sei, trage sie immer noch "innere Schönheit und eine Seele in sich".

Reshma Qureshi bei der New York Fashion Week
Indian model and acid attack survivor Reshma Quereshi rehearses before walking to present in Indian designer Archana Kochhar's Spring/Summer 2017 collection during New York Fashion Week in the Manhattan borough of New York, U.S., September 8, 2016. REUTERS/Lucas Jackson

Bangladesch als Positivbeispiel

Säureattentate sind vor allem in Indien und Bangladesh nach wie vor ein großes Problem. Während in Bangladesch nach dem Erlass strengerer Gesetze, der Einführung von Aufklärungskampagnen und der Einschränkung des Säurehandels ein Rückgang der Angriffe verzeichnet wird, nehmen die Attentate in Indien weiter zu. Hier scheint die Gesetzesänderung zugunsten der Opfer nicht wie gewünscht zu greifen.

Die überwiegende Mehrheit der Opfer sind Frauen. Laut dem indischen Innenministerium wurden im Jahr 2014 310 Angriffe verzeichnet. Es wird jedoch angenommen, dass die Dunkelziffer enorm hoch ist. Viele Frauen melden aus Scham und Angst vor Vergeltung die Übergriffe oft nicht. Das Nationale Kriminalitätsbüro Indiens geht daher von rund 1000 Säureattentaten pro Jahr aus.

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