Wozu soll man nach Katar fahren, abgesehen von der Fußball-WM
Nicht, dass man das wissen muss: Ein Falke kostet beim Souq Waqif ab 5.000 Katar-Rial (ca. 1.250 Euro). Aber erstens können die auch bis eine Million Rial kosten und zweitens sind solche Informationen der Grund für eine Reise in arabische Länder. Dass die Haltung der majestätischen Greifer hier das Einserhobby ist, man die Tiere in hiesigen Fluglinien sogar in der Kabine mitnehmen darf und dass man jedenfalls auch „Vögel zum Üben“ dazu kaufen solle, wie der Falkenhändler sagt, also solche, die der Greifer dann greift – das alles ist unglaublich nutzloses, weil unanwendbares Wissen.
Das einen aber ganz schnell anzaubert.
So steht man in Dohas Altstadt im Souq Waqif und hat recht schnell eine Antwort auf die innere Frage, warum ausgerechnet Doha. Arabischen Länder ähneln einander (Retortenstädte in Wüste, Basarduft, Kamele, warmes Wasser, weißer Strand, schön war’s), hier bekommt man aber ein bisschen authentisches Flair dazu. In den engen Gassen gehen Einheimische tatsächlich einkaufen, neben Touristen-gerechten Gewürzbergen lümmeln Haushaltsgeräte.
Zwar sind von den 2,6 Millionen Menschen in Katar nur zehn Prozent Kataris, aber auf dem Souq verbringen sie den Abend und sitzen beim Essen neben Touristen, ein selten gewordenes Bild in der Glitzerwelt am Golf. Der Souq Waqif hat Tradition, auf dem Stehenden Markt trafen sich früher schon die Beduinen. Weil er so nah am Wasser liegt, rauschte immer die Flut durch, daher verkaufte man im Stehen. Um 1970 wurde er trockengelegt, 2004 brannte er nieder. Man baute ihn wieder auf, weshalb die Old Town heute ein wenig an Filmkulisse erinnert, aber die Einheimischen retten das Bild – besonders der alte Perlentaucher, der Touristen vorführt, wie das Perlentauchen früher funktioniert hat.
Abgesehen von einem Rest Einheimischen-Präsenz sind Katar und seine einzige Stadt Doha die übliche Arabien-Reise: Essen, Shopping, Strandliegen, die erwähnten Tiere sekkieren, Wolkenkratzer rauf, auf der Wüstensafari die Sanddüne runter. Wobei die Dünen neben dem Khor Al Adaid besonders sind – weil sie an diesem Binnenmeer liegen. Da, wo die Katar-Halbinsel an Saudi-Arabien und fast auch die Arabischen Emirate grenzt, hat sich ein Ökosystem aus Flamingos, Schildkröten, Füchsen und dem Nationaltier Oryx (Gazelle mit sehr langen Hörnern) entwickelt. Man bekommt hier zum Wüstentrip noch so etwas wie Natur und Einkehr.
Drei U-Bahn-Linien verbinden die Stadien
Auch anders: Zu den Superlativ-Gebäuden reihten sich hier jüngst acht superlativische Stadien, die tatsächlich alle chic sind, von Beduinenzelt bis Muschel. Im Stadion 974 (siehe links) kommt man dank Luftschächten und hohen Dächern sogar ohne Kühlung aus – aber nur in dem einen. Die drei 2019 gebauten U-Bahn-Linien verbinden fast alle Stadien, was den Fans der umstrittenen Fußball-WM, die Ende des Jahres in Katar steigt, den Besuch von zwei Spielen an einem Tag ermöglichen soll.
Dazwischen kann man zum Beispiel durch Dohas neuesten Stolz schlendern: Der Bezirk Msheireb wird als erstes nachhaltiges Stadterneuerungsprojekt der Welt angepriesen, das einstige Handelszentrum soll wie viele Projekte wegweisend für nachhaltige Stadtplanung sein (auch die WM wollte man CO₂-neutral halten, man darf zweifeln). Ob man das architektonisch etwas uniforme Msheireb schön findet, ist Geschmackssache, der Hauptplatz Barahat ist jedenfalls sehenswert, ein riesiger Platz mit natürlicher Kühlung, auf dem Märkte und Events stattfinden.
Ums Eck gibt es Gelegenheit, in die Geschichte zu blicken – schließlich schrieb schon der Römer Plinius von „Catharrei“, die ältesten Belege von Besiedlung stammen aus 6000 vor Christus. Im Radwani Haus oder auch dem Öl- und Gasmuseum wird auch gut erklärt, wie das mit dem wirtschaftlichen Wohlstand Katars gelaufen ist: 1939 wurde Öl gefunden, aber erst 1949 gefördert, weil der Perlenmarkt wegen der Kunstperlen eingebrochen war und das Land verarmte. In den 1970ern stellte man dann eher auf die Suche nach Gas um. Das könnte auch den westlichen Fußballfan interessieren.
Info
Anreise: Qatar Airways fliegt ab Wien nach Doha (qatarairways.com), die CO2-Kompensation beträgt 31,19 € hin/retour. Um Transitreisende zu locken, gibt es günstige Stopover-Pakete.
Essen: Lokale Küche von Köfte bis Hummus gibt es preisgünstig auf den Märkten, daneben viel Top-Gastronomie, z. B.:
– Jiwan, toller Terrassenblick bei Nationalmuseum, jiwan.qa
– B-Lounge (Ritz-Carlton), unglaubliches Sushi und Weltküche, bloungedoha.com
– Lokale mit Küchen der WM-Teilnehmer auf visitqatar.qa
Programm: – vielerlei Wassersport wie Seakajak bei „The Pearl“ z. B. bei bluepearlexperience.com
– Wüstensafaris mit Dünenfahren, Kamelreiten, Falken-Halten, Schwimmen in der Inland-Sea, ...: visitqatar.qa
– zu empfehlen: Doha-Guide Corinna Küppers, kuppers.corinna@gmail.com
Einreise und Auskunft: – Download der App „Ehteraz“ (ehteraz.gov.qa) meist Pflicht, aktuelle Info auf bmeia.gv.at
– Zur WM von 1. November bis 23. Dezember ist die Einreise nur mit Ticket, Hotelbuchung und Fan-ID/Hayya-Card möglich: hayya.qatar2022.qa
– Alle aktuellen Infos sowie Angebote und Packages bei Qatar Tourism: visitqatar.qa (plan-your-trip bzw. itineraries-and-tours)
Kommentare