Welttag der Bibliotheken: In diesem Dorf in Wales dreht sich alles um Bücher

Hay-on-Wye, das Weltdorf der Bücher, in Wales an einem nebeligen Tag
Am 24. Oktober ist der Welttag der Bibliotheken. Zeit für einen Besuch in Hay-on-Wye. Dort gab es in der Blütezeit 26 Buchgeschäfte.

Was ein einziger Mensch schon bewirken kann? Dem Briten Richard Booth gelang es etwa, die Assoziationen mit einem gesamten Städtchen zu verändern.

Booths Heimat, die Marktgemeinde Hay-on-Wye in Südwales, war die längste Zeit für ihre malerische, hügelige Umgebung und ihre Abgeschiedenheit bekannt – sowie für die Legende, dass das dortige Hay Castle in einer einzigen Nacht von der Riesin Matilda erbaut worden sein soll. (Wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Normannin Matilda beim Erobern eine walisische Tradition für sich nutzte: Nach dem Brauch Tŷ unnos gehört einem ein Grund, wenn man innerhalb von vierundzwanzig Stunden dort ein Haus errichten konnte.)

In den 1920ern erlangte Hay-on-Wye auf unrühmliche Weise Berühmtheit. Im Februar 1921 starb hier Kitty Armstrong. Während man zunächst von Gastritis und Herzversagen ausging, musste doch einige Monate später ihre Leiche exhumiert werden, als bekannt wurde, dass ihr Ehemann Herbert versucht haben soll, einen rivalisierenden Anwalt zu vergiften. Kittys „Gastritis“ war eine Arsenvergiftung. Im August 1923 wurde Herbert Armstrong als einziger Anwalt in der Geschichte Großbritanniens gehängt.

  1. Hay Distillery: Wer genug geschmökert hat, kann sich in dieser Mikro-Distillerie durch spannende Gin-Kreationen kosten.
  2. Arthur’s Stone: Wales ist auch zum Wandern da. Etwa zu diesem neolithischen Denkmal. Hier soll König Artus einen Riesen erschlagen haben
  3. Brobury House Gardens Wer es nobler mag: Das edle Brobury House und die Gartenlandschaft besuchen. 

Ein Ort wird zum Bücherdorf

Heute wird Hay-on-Wye jedoch kaum noch mit dieser düsteren Episode in Verbindung gebracht. Denn vier Jahrzehnte später trat Richard Booth auf den Plan. Er kaufte das alte Feuerwehrhaus und richtete einen Secondhandladen mit Büchern ein, die er billig von Universitäten, Büchereien oder Klöstern besorgt hatte. Bald hatte er genug Werke, um fünf weitere Antiquariate zu füllen, und immer mehr Bewohner taten es ihm gleich. In der Blütezeit gab es in dem Zweitausend-Seelendorf sechsundzwanzig Buchgeschäfte.

Am 1. April 1977 ließ sich Richard Booth sogar als „König Richard Cœur de Livre“, Richard Bücherherz, ausrufen, promenierte mit einer Kartonkrone und taufte sein Pferd „Premierminister“. Die Gemeinde wurde dank ihm so sehr mit Büchern in Verbindung gebracht, dass Unternehmer Peter Florence 1988 mit seinen Eltern das „Hay Festival“ ins Leben rief. Das lockt nicht nur Stars wie Jane Fonda oder Goldie Hawn an, sondern auch frühere US-Präsidenten wie Bill Clinton und Jimmy Carter. Clinton bezeichnete es sogar als das „Woodstock des Geistes“.

Es gibt wohl kaum einen passenderen Ort, um den 24. Oktober, den Welttag der Bibliotheken, zu feiern.

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