Einmal an Trumps Tisch sitzen, einmal Präsidentin sein
![Einmal an Trumps Tisch sitzen, einmal Präsidentin sein](https://image.kurier.at/images/cfs_landscape_616w_347h/8911943/img54032.jpg)
Nur das Telefon funktioniert nicht. Gut, vielleicht fehlen auch ein paar schlaue Berater, und auch die Touristen nerven. Aber sonst: Die Rolle als US-Präsidentin fühlt sich richtig gut an.
Wer wissen wollte, wie im Oval Office regiert wird, hatte es schwer. Man muss dafür die US-Staatsbürgerschaft besitzen, dazu muss ein Kongressabgeordneter ein gutes Wort für einen einlegen. Darauf wartet man mitunter sehr lange, als Ausländer wird man besser gleich Staatschef. Seit September vergangenen Jahres kann man zumindest nachspüren, wie es sich am Resolute Desk so sitzt. Der Tisch, gebaut aus den Überresten des britischen Polarforschungsschiffs HMS Resolute, steht zwar nach wie vor im echten Weißen Haus, aber nur etwa dreihundert Meter weiter an der berühmten Pennsylvania Avenue gibt es nun eine exakte Kopie davon – ebenso wie all das andere Interieur des Präsidentenbüros in Nachbildung. Im neuen People’s House kann man in Donald Trumps Amtssitz Platz nehmen, ohne ihn dabei zu stören, und die Details entsprechen bis ins kleinste Detail dem echten Präsidentenbüro im West Wing.
Prominente Vorbilder an den Wänden
Mit Trumps Amtsantritt haben die Mitarbeiter des neuen Museums wieder viel Arbeit bekommen. Jede Änderung im echten Oval Office wird im People’s House gespiegelt, wird ein Buch umgelegt, ein Bild umgehängt, passiert das umgehend auch dort. Trump wird an der Dekoration seines Vorgängers dem Vernehmen nach einiges ändern: Joe Biden hatte Franklin D. Roosevelt den prominentesten Platz gegeben; der hat die USA schließlich durch den Zweiten Weltkrieg geführt und zur Weltmacht gemacht. Trump hatte bei seinem Amtsantritt 2017 ein Bild von Andrew Jackson aufhängen lassen; das sorgte – wie fast jeder Schritt Trumps – für Irritationen: Jackson, von 1829 bis 1837 Präsident, war ein notorischer Sklavenhalter und Ureinwohner-Hasser gewesen.
Mit Kennedy diskutieren
Einblicke in Trumps aktuelle Arbeit lässt man im People’s House deshalb auch eher aus. Dafür können Besucher in die Historie eintauchen und mitentscheiden, wie die USA Weltpolitik machten: Nachdem man etwa durch eine projizierte Version des berühmten Säulengangs des West Wing spaziert ist (und wie Kevin Spacey in House of Cards mit Beratern gemauschelt hat), kann man im Cabinet Room den großen Präsidenten gegenüber Platz nehmen. Als Videoprojektion sieht man Abraham Lincoln, der mit seinem Stab etwa über die Strategie der Nordstaaten im Bürgerkrieg berät, Franklin D. Roosevelt, wie er mit seinem New Deal die Weltwirtschaftskrise abzuwenden versucht, oder John F. Kennedy, der sich mit seinem Sicherheitsapparat den Kopf über die sowjetischen Atomraketen auf Kuba zerbricht. Wer sich traut, kann per Knopfdruck mit Präsident und Ministern mitbestimmen – wer es entspannter haben will, zieht einen Raum weiter und nimmt bei einem State Dinner Platz.
Dass es das People’s House gibt, ist Kennedys Frau Jackie zu verdanken. Die ehemalige First Lady gründete 1961 die „White House Historical Association“, wollte so das Weiße Haus entstauben und für die Menschen öffnen. Jetzt kam der Verein dem Drängen vieler Washington-Besucher nach, wieder mehr Einblicke in das politisch wichtigste Gebäude der Welt zu geben – zumindest semi-virtuell.
Mitnehmen kann man vom virtuellen Weißen Haus aber auch ganz reale Bilder, eben von sich selbst am Resolute Desk oder auch im Pressekonferenz-Raum, der stets in den Nachrichten zu sehen ist. Möglich macht das ein Bluescreen, der einen auch in den berühmten Rosengarten transferiert. Der Eintritt zu dem Spektakel ist übrigens – wie in fast allen Museen der US-Hauptstadt – gratis. Da nimmt man auch in Kauf, dass am anderen Ende der Leitung niemand ist.
Kommentare