Die beste Pizza, der coolste Plattenladen: Rom-Tipps einer Kennerin

Die beste Pizza, der coolste Plattenladen: Rom-Tipps einer Kennerin
Autorin Christina Höfferer erzählt von ihrer Wahlheimat Rom – ganz persönlich. Für den KURIER verrät sie, wo es die beste Pizza gibt und wo die besten Shoppingerlebnisse warten.

La società dei magnaccioni, die Gesellschaft der Vielfraße, oder auch der Zuhälter, so lautet der Titel einer Canzone Romana, die in der Version der römischen Sängerin Gabriella Ferri, einer poetessa maledetta, berühmt wurde. Viel und deftig essen und das Leben genießen, vielleicht auch auf Kosten anderer, ist das Ideal in der Ewigen Stadt. Auf der faulen Haut liegen, das wird in Rom seit Jahrtausenden praktiziert, erhöht wurde dieses Konzept von Federico Fellini als La dolce vita. Selbstironie ist eine große Stärke der Stadtbevölkerung, das süße Leben wird gefeiert, gleichzeitig – und vielleicht auch dadurch, entfaltet sich in Rom auch gewaltige kreative Opulenz. Für mich sind es besonders die Menschen, die Rom ausmachen. Sie führen vor der grandiosen Kulisse der Stadt ein ganz normales Leben, oder auch ein außergewöhnliches. Die Lebensgeschichten von Einheimischen und berühmten Reisenden sind verwoben mit der Architektur und den Plätzen.

Christina Höfferer verrät für den KURIER ihre ganz persönlichen Rom-Tipps

  • Welche Museen sollte man besuchen?  
  • Welche ist die beste Pizzeria der Stadt? 
  • Wo gibt es den besten Plattenladen der Stadt? 
  • In welchen Geschäften findet man die schönsten Schuhe
  • Wo sind die besten Orte zum Shoppen
  • Was ist das beste Mitbringsel aus Rom? 
  • Welche skurrilen Orte sollte man nicht verpassen? 
  1. Museum für zeitgenössische Kunst

Mir liegt vor allem das „Maxxi“ am Herzen, das ikonische Museum für die Kunst des 21. Jahrhunderts im Stadtteil Flaminio, wo ich eine zeitlang wohnte. Beinahe täglich war ich im Maxxi, tippte meine Gedanken in den Laptop, auf dem spacigen silbernen Sofa im Eingangsbereich. Es ist untrennbar mit dem Konzept der Schöpferin des Museums, der Architektin Zaha Hadid verbunden. Das Maxxi befindet sich in Roma Nord, oberhalb des Centro Storico, später zog ich nach Roma Sud, in den wilden, anarchischen Teil der Stadt. Hier befindet sich das Mattatoio, der ehemalige Schlachthof der Stadt, der einen Mix aus Architektur und Anarchie bildet. Unter dem blauen Himmel, der mit dem strahlenden Sonnenschein das einzigartige Römische Licht verantwortet.

Museum Maxxi in Rom

Nicht verpassen: Das Museum "Maxxi" in Roma Nord, entworfen von der Star-Architektin Zaha Hadid

  1. Die beste Pizza in Rom

Amerina La Pizzetta - Meine Lieblingspizza in Rom! Genau genommen handelt es sich um eine Pizzetta – die grammatikalische Verkleinerungsform von Pizza. 18 Zentimeter zählt der Durchmesser der flaumigen Scheiben. Amerina ist die nonna, die Oma, von Paolo, dem Eigentümer des gastronomischen Kleinods. Das geschichtsträchtige Rezept stammt aus den Abruzzen, die Zutaten sind erstklassig. Jeden Tag wird das Gemüse am Mercato Trionfale besorgt, bei Landwirten, die ihre Produkte in der Umgebung von Rom anbauen. Und wie es sich hier sitzt, am Largo dei Librari! Der Platz ist unwiderstehlich, über ihn wacht die Heilige Barbara mit ihrer schmucken Barockkirche. Die Pizzette tragen klingende Namen wie Straccialici – ein weißer Fladen mit Burrata, Tomatenkonfitüre, Sardellen aus Cetara an der Amalfiküste, Zitronenzesten und Basilikum. Meine Favoritin ist L'amore mio, eine weiße Focaccia mit Ochsenherztomaten, einer alten italienischen, ertragreichen und mittelgroßen Fleischtomatenart, die durch ihr stark geripptes Aussehen auffällt und ihr saftig-aromatisches Fleisch mit wenigen Kernen. „Amerina“ ist nicht nur einfach eine Pizzetta, es ist ein Ort, wo die grande bellezza genossen wird, die große Schönheit, die Erhabenheit des Lebens – bei einem Glas Wein und in angenehmer Gesellschaft. Largo dei Librari 82

Die beste Pizza, der coolste Plattenladen: Rom-Tipps einer Kennerin

Die beste Pizza, der coolste Plattenladen: Rom-Tipps einer Kennerin

  1. Der beste Plattenladen

In einer meiner Lieblingsstraßen, der Via del Pellegrino, ist das „Vino e Vinili“ (Wein und Vinyl) ein kultureller Treffpunkt, wo es hervorragende italienische Weine zu verkosten gibt. Die Bouteillen stammen von kleinen Produzenten, oft ist der Ausbau biologisch. Alles stimmt bei „Vino e Vinili“, zum Wein gibt es Sounds von Schallplatten, die hier auch gehandelt werden, ebenso wie ausgewählte Bücher, vor allem Biografien von Künstler:innen, die die Geschichte der Weltmusik geprägt haben. Wer das liebevoll gestaltete Gassenlokal betritt, wird sofort voller Herzlichkeit aufgenommen in eine illustre römische Runde. Den Betreibern geht es darum, Leute zusammen zu bringen. Mal spielt ein Gitarrist aus der Nachbarschaft auf, mal präsentiert sich eine Sängerin oder auch eine junge Künstlerin aus New York mit ihren bunten Zeichnungen. Via del Pellegrino 77

Platten- und Weinladen Vino e Vinili in Rom von innen
  1. Schuhshopping zum Stadtflanieren 

Zeitlos sind die Designs, die im eleganten Laden Retropose erdacht und gefertigt werden. Der Shop ist aus der Accessoire-Linie von Federica Cremisini geboren worden, die selbst auch immer wieder in ihrem Geschäft anzutreffen ist. Alles begann mit Handtaschen und Schuhen, so erzählt Federica, dann kam die Kleidung dazu. Im Namen des Geschäftes steht „retro“ für einen Diskurs mit allem, was war, für das Studium bereits vorhandener Designs, „pose“ ist als Pause gedacht: Was hier erworben wird, ist heute schön, es wird morgen schön sein, und dann wird es zu einem Vintage-Teil werden. Die Farben, die Federica Cremisini für ihre Kreationen einsetzt, bestechen. Knallorange, pink und hellblau – so wird jedes Outfit spannend aufgeladen. Ikonisch sind die Produkte, die im Laufe der Jahre die Geschichte von Retropose geprägt haben. Die Linien sind klassisch und die Verarbeitung zeugt von handwerklichem Können, die Materialien sind qualitativ hochwertig und werden von der Designerin selbst ausgewählt.

  1. Keramik und Schmuck 

Seit bereits dreißig Jahren betreiben die Keramikerin Susy Pugliese Keramik und die Glaskünstlerin Rosi Paulicelli zusammen Shop und Werkstätte Le tre Ghinee in der Via del Pellegrino. Die beiden Frauen stammen ursprünglich aus Neapel und haben sich in Rom ein ganz persönliches Kunsthandwerk-Universum erschaffen. Sie organisieren auch Workshops, in denen sie ihr Keramik- und Glashandwerk weitergeben. Die Ringe, Ohrringe, Ketten und Broschen sind ideale Souvenirs und Geschenke. Auch dekorative Tiffany-Lampen werden hier angefertigt und gehandelt. Beim Einkaufen wird mit den sympathischen Neapolitanerinnen geplaudert und eventuell auch ein Wunschstück nach Maß bestellt. Der Name „Le tre Ghinee“ ist übrigens Titel eines feministischen Essays von Virginia Woolf, der drei Fragen zum Inhalt hat: Wie kann ein Krieg vermieden werden? Wie kann die Berufstätigkeit der Frau gefördert werden? Wie kann die Ausbildung der Frau gefördert werden? Via del Pellegrino

  1. 90 Pin-up-Priesterkalender 

Ein beliebtes Souvenir und ideales Mitbringsel aus dem päpstlichen Rom ist der Calendario Romano, jedes Monatsblatt ziert ein schöner Priester. Der allerschönste ist auf dem Cover. Da der Calendario Romano überall verkauft wird, ist der Coverboy in Soutane und mit Kollar zu einem der bekanntesten Gesichter der Stadt geworden. Seit 2004 wird der Kalender mit dem immer gleichen Deckblatt verkauft, doch erst knapp zwanzig Jahre nach der ersten Ausgabe des schicken Wandschmucks kam ans Licht, wer der Mann auf dem Cover wirklich ist: der Sizilianer Giovanni Galizia. Er ist kein Priester, war auch nie einer und arbeitet heute bei einer spanischen Airline. Als das Foto vor einer Kirche in Palermo – nicht in Rom – aufgenommen wurde, war Galizia 17 Jahre alt. Der März-Priester ist ein Immobilienmakler aus Spanien, doch das Augustblatt zeigt tatsächlich einen Priester, und zwar einen Pfarrer aus Polen, der sich selbst als Model für das schöne Rom-Souvenir beworben hat. Ein entsprechender Kalender mit Nonnen wurde mangels Verkaufserfolgs eingestellt.

Christina Höfferer ist Autorin, Kulturhistorikerin und Journalistin und lebt als Korrespondentin in Rom. Über ihre Wahlheimat Rom hat sie ein Buch geschrieben: "Rom für Fortgeschrittene" ist im Styria Verlag erschienen. Für den KURIER hat sie persönliche Rom-Tipps zusammengestellt. 

Christina Höfferer

Christina Höfferer

  1. Zauber-Zubehör 

Beim Palazzo Montecitorio, dem Sitz der italienischen Abgeordnetenkammer, hat Eclectica, das älteste Geschäft Italiens für Magie und Zauberei seinen Sitz. Zur Zeit seiner Gründung in den 1970er Jahren, hieß es „Neugier und Magie“, der Name hat sich geändert, aber Neugier und Magie sind nach wie vor die beherrschenden Themen in diesem besuchenswerten Geschäft. Beim Betreten der Zauberwelt empfängt ein Automat mit einem lebensgroßen Illusionisten, der Kaninchen aus einem Zylinder hervorholt. Zauberstäbe, Spiele, gezinkte Karten, Bücher über Täuschungen und Illusionen, alles, was angehende und praktizierende Magier:innen brauchen, ist hier zu finden. Auch wer gerade nicht in der Branche tätig ist, taucht gerne in ein pralles Universum der kuriosen Kreativität ein. Via in Aquiro 70

  1. Die Kunst der Verführung

Outfits und Accessoires für allerlei Arten der Verführung gibt es in der an sich schon sehenswerten High End Erotik-Boutique Zou Zou Store, Pionierin im Bereich des sinnlichen Entertainments. Lingerie, Sextoys, Massageöle, Massagewachs-Kerzen, Pheromon-Parfums, Lusterwecker und -verlängerer, einschlägige Literatur, kurz und gut: alles an Intimprodukten, was das Herz begehrt. Erotik als purer Luxus. Vicolo della Cancelleria 9a

Schaufenster des Erotikshops zouzou in Rom von außen, Palmen und Bank auf der Straße davor

Einen Besuch wert: Der High End Erotik Shop Zou Zou in Rom

Die große Schönheit

Wer in Rom lebt, legt Gelassenheit an den Tag, pazienza – Geduld, und goduria della bellezza – Genuss an der Schönheit. Ästhetik ist hier ein zentrales Thema, la Grande Bellezza, die Große Schönheit, die es auch in den Titel eines Oscar-prämierten Films geschafft hat. Dabei bleibt die Stadt unsentimental und bodenständig. Raffinesse ist nicht Roms Ding. Eine herzhafte Pasta-Carbonara etwa ist das lukullische Markenzeichen der römischen Küche, deftig und sättigend.

Am schönsten ist es, in der Stadt auf den Spuren der Kreativen zu stromern. Aus österreichischer Perspektive kann das Ingeborg Bachmann sein, die Rom zur Wahlheimat machte. Immer verlaufen diese Spurensuchen in einer Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, denn nirgendwo ist Vergangenes so gegenwärtig wie in Rom, der Caput Mundi, der Hauptstadt der Welt.

Buch-Tipp

Die beste Pizza, der coolste Plattenladen: Rom-Tipps einer Kennerin

Christina Höfferer: „Rom für Fortgeschrittene“ Styria Verlag. 192 Seiten. 30 Euro

.

Kommentare