Der Mittvierziger geht mit all der Nostalgie, die durch die Räume seines kleinen Boutique-Hotels schwebt, grundsätzlich entspannt um. Gerast ist der Sohn aus altem Millstätter Seeadel, der Kärntnerisch so gut wie Schönbrunnerdeutsch beherrscht, als Teenager ohnehin genug: Mit wahnwitzig getunten Mopeds durch die Millstätter Nächte.
Aus der Villa Streintz hat er seine ganz persönliche Interpretation der neuen Millstätter Coolness gemacht: das friedlichste Prunkstück in dieser bunten Sommerfrischelandschaft, die überall zwischen den geistlosen Appartement-Burgen aufpoppt.
„Nizza von Kärnten“
Das „Nizza von Kärnten“, so nannte man einst in der Monarchie dieses Millstatt. Die Wiener Bourgeoisie schuf sich ihre standesgemäße Idylle. Bis heute prägt die Eleganz dieser Villen das Bild des Ortes: Eine Spielwiese für ein paar unverwechselbare Charaktere wie Wolfi, die den alten Glanz ein bisschen windschief und mit viel Witz interpretieren.
Den Anfang hat vor zwanzig Jahren Thomas gemacht, den es nach Jahren in den USA nach Millstatt und in eine jener traurig vor sich hin verfallenden Villen namens „Hubertusschlössl“ verschlagen hatte, dort brachte man gerade noch Bustouristen unter.
Was ihn an dem angestaubten Glanz fasziniert hat? „Na ja, das Landleben war es sicher nicht“, erinnert sich Thomas an seine Gehversuche als Hotelier. Aus dem Hubertusschlössl machte er die „Villa Verdin“, aus dem Stilgewirr zwischen altem Glanz und grellorangen Fliesen aus den 1980ern seine eigene urbane Inszenierung: Zebrafelle neben Doppeladlern an der Wand, scheinbar achtlos verstreute Kunstbücher auf Kaffeetischchen, knarrende Stiegen und ein ebenso knarrender Tom Waits im Hintergrund.
Die Millstätter Sommerfrische-Hippness wurde zum Landeplatz für Cafè-Latte-Langbärte aus Wien und Berlin. Und wenn sich die in den Anfangsjahren in der Villa Verdin bei ihren Cocktails verschanzten, gibt es heute zwischen Dorfplatz und Seewiese Anlaufstellen, die auch am Prenzlauer Berg oder in der Josefstadt gute Figur machen würden.
Millstatt und sein nostalgisches Sommerfrische-Flair als Spielplatz für eine Handvoll kreativer Querköpfe, die von den touristischen Platzhirschen oft etwas neidisch beäugt werden. Ob es nun Wolfi in seiner Villa Streintz ist oder der genialische Handwerker Peter in seinem Parkschlössl. Als biedere Frühstückspension hat seine Tante das Haus geführt, in dem einst ein reicher k. u. k. Baron seine Geliebte einquartiert hatte. Peter, eigentlich studierter Informatiker, erbte und nahm selbst das Werkzeug in die Hand. Ob es der exotische Garten ist, die bis ins Detail designten Zimmer oder die plüschig-dekadente Bar: Das Haus trägt seine Handschrift – und wo die noch fehlt, hat Peter schon eine Idee.
An Ideen fehlt es auch Max nicht. Selbst Jahrzehnte im Filmgeschäft, hat er das Kino am Hauptplatz – zur Pizzeria verkommen – freigelegt: In seinem ganzen marmornen 1950er-Glamour. Jetzt gibt es nicht nur ein handverlesenes Filmprogramm, sondern Tanztees am Wochenende, bei denen man die Schritte aus „Grease“ oder „Flashdance“ üben kann. Und wem das alles noch zu konventionell ist, der kann ja den Berg hinter dem Ort hinaufspazieren. Dort, in der Villa North, werkt jetzt ein Künstlerduo – und die haben so viel vor, das sprengt ohnehin den Rahmen jeder Sommerfrische. Außer vielleicht in Millstatt, da ist vieles ein bisschen anders.
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