Auf Radtour im Wienerwald: Biken, Beten, Baden
Viele Radwege führen vom Karlsplatz in das niederösterreichische Laxenburg. In Wien heißt er schlichtweg Laxenburg Radweg, ab der Stadtgrenze einmal Weg der Ziegelbarone, dann Eurovelo 9, dann auch Thermenradweg. Gemütlich geht es von Laxenburg weiter entlang des Wiener Neustädter Kanals, vorbei an gebauten Zeugnissen alter und zeitgenössischer Industrie, aber auch an zahllosen lukullischen Verlockungen.
Es ist grundsätzlich nichts einzuwenden gegen eine Mehrtages-Radtour in fernen Ländern. Aber wenn es nicht unbedingt ein Mehr-Stunden-Flug sein muss, dann geht das auch um einiges einfacher.
Vom Rotgipfler und vom Zierfandler
Im südlichen Speckgürtel von Wien kann man nicht nur gut Fett verbrennen, sondern auch Fett anlegen. Ortsfremde, die unter dem Südbahn-Viadukt zum 350 Jahre alten Weingut Thallern radeln, dringen in eine andere Welt vor: Im Klostergasthaus tafeln sie, in der Gebietsvinothek in den Weinbergen lernen sie über die autochthonen Rotgipfler und Zierfandler. Und wenn sie zu viel davon geschnupft haben, dann können sie sich hier in einem Weinfassl ausschlafen.
In Baden erzählt Axel Nemetz, der Inhaber des Hotels „at the park“ neben dem Kurpark, warum er sich mit dreißig entschieden hat, seine berufliche Europa-Tour zu beenden und in seine Heimatstadt zurückzukehren: „Kultur, Kunst, Geschichte, Gastronomie, Wellness, Natur – weil wir von allem haben.“
Wer etwa seinen Wadeln Gutes tun möchte, lässt sie im Wasser der Römertherme abhängen. Aus den vierzehn Badener Quellen sprudelt naturbelassenes Schwefelthermalwasser, 32 bis 36 Grad warm.
Von Beethoven und von Schubert
Am nächsten Tag lenkt das Fahrrad wie von selbst zwischen den Burgen Rauheneck und Rauhenstein in das Helenental, dessen „Wegerl“ entlang der Schwechat schon Ludwig van Beethoven und Franz Schubert zu ihrer Musik inspiriert haben soll.
Hier gilt es, eine richtungweisende Entscheidung zu treffen bzw. die Abzweigung nicht zu verpassen: Der ältere Helenental-Radweg passt an sich besser zum historischen Thema „Klöster, Kaiser, Künstler“. Er führt durch einen kühlenden Laubwald. Doch die Touristiker haben anderes mit den Radlern vor: Wer sich mit dem Mountainbiken nicht allzu schwer tut, folgt den Wegweisern der „Klöster Kaiser Künstler Tour“. Der ist eine Augenweide, allerdings auch muskulär und fahrtechnisch herausfordernd.
So oder so, am Ende landen alle im ehemaligen Jagdschloss von Kronprinz Rudolf, in Mayerling. Pompös die Eingangshalle: Besser vermarkten lässt sich die blutige kaiserliche Tragödie wohl kaum.
Vom Singen und vom Tanken
Wenn es sich einrichten lässt, ist eine Ankunft im Stift Heiligenkreuz kurz vor Mittag anzustreben. Schlag 12 Uhr beginnen die Zisterzienser-Mönche ihr fünfzehnminütiges Mittagsgebet zu singen. Derzeit sind mit dem Abt fünfzig Brüder in Heiligenkreuz aktiv. Das spirituelle Zentrum des Wienerwalds hat kein Nachwuchsproblem, erklärt Bruder Leopold. „Wir sind in Seelsorge und Landwirtschaft tätig, wir betreuen Pilger und Besucher und betreiben auch den Klostergasthof und die örtliche Tankstelle.“
Gut gestärkt geht es hinauf nach Gaaden. Die Mountainbiker orientieren sich an den Wegweisern durch den Biosphärenpark, die weniger Trainierten folgen dem Straßenverlauf, steigen ab und schieben, wenn es gar nicht mehr geht. Belohnt werden alle mit einer luftigen Abfahrt nach Hinterbrühl, wo die beiden Lindenbäume vor der alten Höldrichmühle reichlich Belohnung in Aussicht stellen.
Die Bäume erinnern an Franz Schubert, sollen sie ihn doch zu seinem „Lindenbaum“-Lied inspiriert haben. Ferdinand Georg Waldmüller, Star seiner Malerzunft in der Biedermeierzeit, hatte hier indes die Idee zur „Niederösterreichischen Bauernhochzeit“ und zum „Christtagmorgen“. Wissen die Wirtsleute, Erich und Irene Moser. Sie selbst sind passionierte Radler. Die aus der Schweiz stammende Irene kennt alle Trails in der nahen Mountainbike Area Anninger. Und ihr Mann Erich, er fungiert in Hinterbrühl auch als Bürgermeister, erklärt Gästen, wo der Radweg entlang des Mödlingbachs nach Mödling verläuft.
Klimafreundliche Anreise
Entweder (so wie der Autor) gleich mit dem Rad aus Wien oder mit der S-Bahn von Wien nach Mödling, oebb.at
Unterkünfte
- At the Park-Hotel in Baden
- Hotel Höldrichsmühle in Hinterbrühl
Beide sind „bett+bike-Hotels“
Essen & Trinken
- Freigut Thallern
- Klostergasthof im Stift Heiligenkreuz
Baden
Römertherme Baden
Auskunft
Guter erster Überblick über die neu angebotene Radtour gibt es hier.
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