Andere Länder, andere Kamele: Fünf Lektionen aus dem Oman

Andere Länder, andere Kamele: Fünf Lektionen aus dem Oman
Goldgelbe Dünen, erfrischende Wadis in Steinwüsten, blitzblanke Moscheen – so präsentiert sich das Sultanat beim Roadtrip.

Nur ein monotones Brrrrrrr ist an jenem Morgen vor der Großen Sultan-Qabus-Moschee in Maskat, dem wichtigsten islamischen Gotteshaus des Omans, zu hören. Akkurat zieht ein Arbeiter auf einer Bodenreinigungsmaschine seine Runden über die Marmorplatten im Sahn – so der arabische Name für einen Innenhof, der von allen Seiten mit Arkaden umgeben ist. Zwei Mal täglich putzt er den Marmor aus Carrara. Sein Blick verrät: Die Tätigkeit ist meditativ. Der Marmorboden ist blitzblank, “von dem kannst du essen“, sagt Ahmed, der Reiseführer.

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Ein erst rund zwanzig Jahre alter sakraler Prachtbau: Die Große Sultan-Qabus-Moschee in Maskat.

Der Himmel ist schon strahlend blau und fast wolkenlos, die Luft um acht Uhr morgens noch angenehm frisch. Wer als Nichtmuslim in den Vormittagsstunden die gigantische Anlage besichtigt (ab elf Uhr ist das nicht mehr erlaubt, dann kommen die Gläubigen zum Beten), kann sich kaum vorstellen, dass zum traditionellen Freitagsgebet bis zu zwanzigtausend Menschen hierher strömen. Auch nun ziehen sich Touristen brav die Schuhe aus, bevor sie die große Gebetshalle der Männer betreten, wollen dann aber eher die mit Kalligrafie verzierten Wände, den zweiundzwanzig Tonnen schweren, handgeknüpften Gebetsteppich oder den glänzenden Luster – mit Kristallen aus Wattens behängt – sehen und nicht beten.

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Der Hauptluster in der Großen Sultan-Qabus-Moschee in Maskat.

Ahmed stammt aus Ägypten, er lebt mehrere Monate pro Jahr im Oman. In Kairo hat er Germanistik studiert und spricht perfekt Deutsch. Im Lauf der Reise wird sich zeigen, dass er auch mit deutschsprachigen Redensarten bewandert ist. Obwohl der 39-Jährige noch nie in Deutschland oder Österreich war.

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Guide Ahmed (li. im Bild) führt Reisende mit viel Wissen und Schmäh durch das Sultanat – und trifft überall Freunde, so wie hier in Nizwa.

Ahmed (oben links im Bild) führt durch ein Land, von dem wohl nur wenige Österreicher ein klares Bild zeichnen können. Ja, Nachbarländer wie Saudi-Arabien und der Jemen sind öfters in den internationalen Schlagzeilen, nicht immer zu ihrem Vorteil. Doch der Oman? Ein weißer Fleck. Und das ist wirklich schade. Denn das Land vereint wie kein anderes auf der Arabischen Halbinsel Tradition und Moderne zu einer sehenswerten Einheit, gespickt mit Highlights wie Wüsten und Wadis – oder Souks und alten Festungen, wie etwa in der Stadt Nizwa.

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Die sehenswerte Festung in der Stadt Nizwa

Gepriesen wird der Sultan

Ein Schöpfer dieses modernen Omans ist Sultan Qabus bin Sa'id Al Sa'id, der von 1970 bis zu seinem Tod im Jahr 2020 fünfzig Jahre lang regierte. Er krempelte das Sultanat von einer Feudal- zu einer Industriegesellschaft um, baute Schulen und Krankenhäuser und öffnete sein Land nach außen. Wenn Omani heute von dem Sultan sprechen, meinen sie immer ihn. Und dieser Sultan hatte eine wahre Trumpfkarte: das Erdöl.

Lektion eins: Anderswo lassen Politiker in ihrer Amtszeit Kreisverkehre bauen. Hier ließ der Sultan eine der größten Moscheen der Welt errichten.

„Der Oman gilt ja als Schweiz Arabiens – und damit ist nicht nur die Neutralität gemeint“, so Ahmed. Die Eindrücke in der Hauptstadt Maskat bestätigen das Bild des reichen und gepflegten Landes: Palmengesäumte Autobahnen und Stadtstraßen, große Autos (meistens SUV), getrimmter Rasen hier, weiß getünchte Häuser dort, nirgendwo ein Papierl am Boden. Nur wo sind die Omani? „Mittagshitze“, sagt Ahmed. Erst am späten Nachmittag, wenn die Temperaturen wieder angenehmer sind, gehen die Familien Einkaufen, mit den Kindern auf den Spielplatz oder an die Corniche, der Küstenstraße, zum Flanieren und Picknicken.

Ein idealer Ort in Maskat, um mit den Einheimischen in Kontakt zu kommen, ist der Souq im Stadtteil Mutrah, der größte Basar des Omans, der unter Sultan Qabus gründlich renoviert wurde.

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Ein Streifzug durch die Souks darf natürlich nicht fehlen.

Die engen Gassen spenden Schatten, der Duft von Weihrauch und Ölen lockt zu den Händlern, die Tücher, Getöpfertes oder Silberschmuck bis hin zu Krummdolchen feilbieten. Hier im Souk wirkt er richtig schick, der kleine Krummdolch Khanjar, der sogar das Wappen des Sultanats ziert. Aber im eigenen Zuhause so eine Klinge an der Wohnzimmerwand? Dann doch lieber nur ein bisserl Weihrauchharz und ein paar edle Kopf- und Halstücher.

Lektion zwei: Feilschen will gelernt sein.

Roadtrip in die Steinwüste

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Die Autobahnen sind im Oman sehr gut ausgebaut.

Richtig spannend für Reisende wird es, wenn man die am Golf von Oman entlanggestreckte Hauptstadt hinter sich lässt und in die Steinwüste fährt. Gut, zuerst nicht wirklich. Weil links und rechts der Autobahn nur Steine zu sehen sind. Das ganze Land scheint aus Geröll zu bestehen. Es bleibt Zeit für Ahmed, auf dem Roadtrip sein Wissen preiszugeben. Etwa über die Neubauten, die dann und wann neben der Straße in der Steinwüste auftauchen und an der Autofensterscheibe vorbeiziehen. Meist Einfamilienhäuser, die wie kleine Paläste aussehen. Auch das liege am Sultan. „Er schenkt jedem jungen, erwachsenen Staatsbürger einen Grund zum Hausbauen. Wer sich den Bau nicht leisten kann oder will, bekommt dafür eine Sozialwohnung geschenkt.“

Geheiratet werden darf übrigens mehrmals. Gut, das kommt in Österreich in den besten Ehen vor, sagen Sie. Im Oman dürfen Männer mehrere Ehefrauen gleichzeitig haben. Er sei nur einmal verheiratet, beschwichtigt Ahmed, er kenne aber mehrfach verheiratete Männer. „Schwierig ist es für die erste Ehefrau, wenn sie nicht mehr die Einzige ist. Für die zweite oder dritte ist das kein Problem, die wissen ja, worauf sie sich einlassen.“ Die folgende Diskussion über Vor- und Nachteile von Polygamie beendet Ahmed trocken: „Andere Länder, andere Sitten.“

Abkühlung

Ehe die alte Hafenstadt Sur nach rund drei Stunden Fahrt erreicht wird, tauchen auf halber Strecke die ersten Wadis auf. Zuerst Wadi Shab, dann Wadi Tiwi, zwei der schönsten Flusstäler im Oman, die bis zum Bau der Autobahn teils schwer zugänglich waren. Es sind grüne Paradiese zwischen der Küste und dem Hadschar-Gebirge; mit Dattelpalmen, Bananenstauden, Mangobäumen und vor allem Süßwasserbecken, deren erfrischende Kühle die Einheimischen heiß lieben.

Lektion drei: Gebadet wird im Wadi.

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Das Wadi Bani Khalid zählt zu den bekanntesten Oasen im Oman.

Es gibt zwar schöne Strände. Aber im Meer zu baden sei unomanisch, sagt Ahmed. Traditionell badet man also im Wadi, und das nur abends. Untertags ist es zu heiß. Sittenwächter achten auf die Bekleidungsvorschrift der Badenden in den Felsenpools mit kristallklarem Wasser. Statt knappem Bikini besser Einteiler und die Schultern bedecken, also etwa mit einem T-Shirt baden. Doch so genau wird es dann doch nicht genommen. Von den Wadis geht es direkt in die Wüste Wahiba Sands: Mit einer Fläche von zirka 12.000 Quadratkilometern eigentlich ein Winzling unter den Wüsten dieser Welt.

Lektion vier: Dennoch wird man ehrfürchtig.

Vor der Weite, der Hitze. Vor den Sanddünen, die das ungeübte Auge necken, mal goldgelb, mal orangerot leuchten. Vor den Kamelen, die in dieser Ödnis gelassen nach Nahrung suchen oder nur auf den nächsten Touristen warten.

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Bei Sonnenuntergang geht es mit dem Jeep über die Sanddünen.

Und vor dem Beduinen-Fahrer des Jeeps, der mit Tempo achtzig über die Schotter- und Sandpisten bis zum Wüstenlager Desert Nights Camp fährt. Für westliche Touristen hinter dem Lenkrad wäre schon nach der ersten Düne „Ende Gelände“, kommentiert Ahmed.

Lektion fünf: Klischees stimmen manchmal.

Der Kamelritt unter der arabischen Sonne, selten ist ein Klischee so schön. Auch wenn’s nur ein gemächliches Transportkamel ist.

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Die schnellen Rennkamele („die kosten locker 50.000 Euro“) werden in der klimatisch begünstigten Hafenstadt Salala im Süden gezüchtet. Ist es nicht Irrsinn, so viel für ein Kamel zu zahlen? Ahmed überlegt kurz. „Andere Länder, andere Kamele.“

Nachts, vor dem Wüstenzelt sitzend, noch ein letzter Blick zum Himmel, zur fast unglaublichen Fülle an Sternen. Auch hier passen Klischee und reales Highlight zusammen.

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Das Desert Nights Camp.

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Eintauchen ins Sinkhole: Auf halbem Weg  von Maskat nach Sur  liegt beim  Fischerdorf Bimmah eine kreisrunde Doline, die zum Badestopp einlädt: Der nahe Golf von Oman hat das Sandgestein unterspült und Höhlen geschaffen. Diese hier kollabierte, Süß- und Salzwasser haben sich  zu einer türkisblauen  Pracht vermischt. Wer sich nicht von oben  springen traut: Auch eine Treppe führt die zwanzig Meter hinunter zum Wasser

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Alte Kultur in Al  Hamra Die Oasensiedlung nordwestlich von Nizwa besteht großteils aus Lehmhäusern, die ältesten wurden vor über dreihundert Jahren errichtet. Oft sind die Häuser zwei Stockwerke hoch, besitzen nur kleine Fensteröffnungen, aber dafür kunstvoll geschnitzte, hölzerne Eingangstüren. Einblicke in den Alltag der Menschen bietet  das  private Museum Bait Al Safah

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Dhauwerften in Sur: Die Stadt im Osten des Landes verfügt mit ihrer Lagune über einen geschützten Hafen  – diesen Vorzug erkannten  bereits die Portugiesen  während ihrer Vorherrschaft im Indischen Ozean (16. Jh.). Jahrhunderte- lang wurden in Sur hochsee- tüchtige Dhaus gebaut. Ein glanzvolles Beispiel ist das mittlerweile trockengelegte Schiff „Fatah al Khair“ (Bild)

Klimafreundliche Anreise
Turkish Airlines fliegt acht Mal wöchentlich von Wien über Istanbul nach Maskat. Hin u. retour ab 480 €. Wer via atmosfair.de kompensiert, zahlt 58 €.  turkishairlines.com

Beste Reisezeit
Von November bis April

Währung
1 Omanischer Rial ~ 2,34 Euro

Rundreise
Raiffeisen Reisen bietet  bald „Kultur, Wüste und Meer“ an, im DZ ab 2.099 € p. P., Termine u. a. 22.–30.10.2022,  9.–17.11.2022, 6.-14.1.2023; inkl. 4*-Hotels,  1 N im Wüsten- Camp, 2 N im 4* Badehotel. U. a. Fahrt mit Jeeps in Wahiba Sands und Jebel Shams,  deutschsprachige Reiseleitung. Buchungen in Raiffeisen- und GEO Reisebüros in Österreich:
Tel. 0800 66 55 74 und info@raiffeisen-reisen.at

Hauptstadthotels am Strand
– 5* Kempinski Hotel Muscat, kempinski.com
– 4* Crowne Plaza Muscat, crowneplaza.com

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