Seltene Gartenschätze

Jungpflanzenmärkte und Pop-up-Stores boomen
Raritätenbörse 2016: Kommendes Wochenende geht's im Botanischen Garten los.

Kommendes Wochenende wird dicht: So viele Jungpflanzenmärkte und Gardening-Events zugleich gab es noch nie, die grüne Welle ebbt nicht ab. Im Gegenteil: Sie baut sich erst richtig auf.

Wer etwa vorhat, die Raritätenbörse im Botanischen Garten Wien zu besuchen, sollte Zeit und Geduld mitbringen. Einst frequentierten sie nur besonders Engagierte, die im urbanen Umfeld Paradeiser zogen. Heute suchen sehr viele Besucher dort seltene Pflanzenarten, wollen ihre mittlerweile fortgeschrittenene Terrasse oder den Balkon mit einer Rarität aufputzen: von besonderen Sukkulenten über einen Säulenobstbaum oder eine uralte Gemüsesorte bis zur Kübelstaude oder dem Holzstamm mit Speisepilz-Sporen. Wie breit der grüne Trend längst ist, sieht man nicht nur am Zulauf, sondern auch am Schwerpunkt, den sich die Raritätenbörse zum 25-Jahr-Jubiläum verpasst hat: Die Grüne Schule des Botanischen Gartens steht im Vordergrund. Was übers Jahr vor allem Kindergärten und Schulen (rund 6000 Kinder jährlich) nutzen, wird auch bei Erwachsenen immer beliebter – das Wissen über Grünzeug.

Hobby und mehr

Seltene Gartenschätze
Raritätenbörse im Botanischen Garten der Universität Wien; Copyright Patrizia Gapp', honorarfrei für Geschichte Leben Raritäten
Das Garteln ist vom reinen Hobby zur Populärwissenschaft gewachsen. Einer der Gründe, wie aus einem Trend eine Bewegung wird – die Metaebene. Wer früher eine geschmackvolle, neue alte Paradeissorte suchte, besucht jetzt einen Kurs über "Substrat-Aufbereitung" – Düngen, statt die alte Topferde gleich wegzuwerfen. Eine andere Zutat zum Massenerfolg ist, dass sich beim Garteln immer Neues probieren lässt. Denn so groß der Zulauf zu Jungpflanzenmärkten ist, Fortgeschrittene versuchen sich in der Anzucht und werfen mit Begriffen wie "Sämerei" und "Frühbeet" um sich. Womit wir bei Punkt drei sind: Ein Hobby darf nicht zu kompliziert sein. Erde, Loch, Samen, Wasser und nach ein paar Tagen grinst einem die Pflanzenspitzen entgegen. Freude.

Richtig nachhaltig wurde die Pflanzerei aber, weil sie sich in das große und mittlerweile gereifte Netzwerk der Bio- und Grünbewegung fügte. Die hat sich Ende der 1980er-Jahre in der Politik festgesetzt, dann im Denken an Nachhaltigkeit. Aber vor allem in der Küche. Denn nur wenn alte Sorten es wieder in den Kochtopf schaffen, werden sie auch ein zweites oder drittes Jahr angebaut, jeder Hobbygärtnern kann ein Lied von ausgeblühten Salaten und Gewürzen singen, die man im Herbst unverkostet der Komposttonne übergibt. Die Arche Noah weiß das.

Seltene Gartenschätze
Raritätenbörse im Botanischen Garten der Universität Wien; Copyright Patrizia Gapp', honorarfrei für Geschichte Leben Raritäten
Der Verein, der sich der Erhaltung und Verbreitung der Kulturpflanzenvielfalt widmet, bietet deswegen neben seinen Jungpflanzenmärkten und Pop-up-Stores (siehe unten) nun auch den Biogarten für die Küche: 20 bereits vom Aussterben bedrohte Spezialitäten und Raritäten aus der mehr als 6000 Sorten umfassenden Sammlung des Vereins können online bestellt und als Bio-Jungpflanzen geliefert werden – natürlich "einzeln, Stück für Stück von Hand getopft und in weichem Dinkelspelz sicher verpackt". Man kennt sein Klientel. Dass die Idee aufgenommen wird, zeigen zuletzt über 5000 Bestellungen. (nur bis 30. April bestellbar, www.jungpflanzen.arche-noah.at)

Alte neue Sorten

Gefördert wird die Liebe zur Grünarbeit auch durch das Entdecken solcher Raritäten. Unter den 6000 Arche Noah-Sorten sind zwar 800 Bohnen, 600 Tomaten und 150 Erbsen, aber eben auch so klingende Namen wie "Schwarze von der Krim", eine dunkeldunkelviolette Fleischtomate. Wer auf seinem Pflanzfleckerl daneben den buntstieligen Mangold "Five Colours" in Pink, Orange, Rot und Gelb oder die Andenbeere "Schönbrunner Gold" (sehr gut in bitterer Schokolade) pflanzt,wird bald am nämlichen Trendfieber erkranken. Besonders begehrt sind derzeit übrigens ausgefallene Melanzani und Gemüsepaprika. Und Packages von Sorten für den perfekten grünen Smoothie. Damit der Frühstückssaft, den man Freunden stolz beim Brunch kredenzt, künftig aus der eigenen Bio-Balkonwirtschaft kommt.

Infos zur Raritätenbörse in Wien:

Wann & wo: Von morgen, Freitag, bis Sonntag hat die Raritätenbörse des Botan- ischen Gartens täglich von 9.30 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei, der Haupteingang in der Mechelg./Praetoriusg. (3. Bezirk). Info: www.botanik.univie.ac.at/hbv

Auf der Raritätenbörse in Wien kann man Jungpflanzen erwerben, mit Experten reden oder einfach nur besonderes Grünzeug anschauen. Da es auch Bio-Verpflegung und Programm gibt, empfiehlt sich tatsächlich ein Ganztagsausflug, so kann man Momente der Ruhe an den Ständen nutzen. Für Kinder macht die Grüne Schule des Botanischen Gartens und die Cityfarm Schönbrunn Programm: von "fleischfressenden Pflanzen" (Karnivoren) bis "lebenden Steinen" (Sukkulenten).

Einer der vielen Aussteller auf der Raritätenbörse ist auch die Arche Noah, die man aber individuell besuchen kann. Bis 9.Oktober ist der Schaugarten mit Shop in Schiltern jeweils Dienstag bis Sonntag (10–16 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen bis 17 Uhr) geöffnet. Das Bio-Jungpflanzenfestival im Schaugarten findet von 29. April bis 1.Mai statt, mit Österreichs größter Pflanzentauschbörse, Bauernmarkt, Kinderprogramm, Workshops und Führungen.

In Wien betreibt die Arche Noah den Pop-up-Store noch bis 28. Mai, ähnliche Events und Kurse bietet sie in ganz Österreich. Alle Infos und Termine, sowie Angebote im Shop auf www.arche-noah.at.

Neben Essen und Austausch gibt es an diesem Wochenende auch beim Markt der Erde in Parndorf Jungpflanzen: 16. April, Info: www.marktdererde.at.

Riesige Auswahl gibt es auch bei den traditionellen Grätzel-Blumenmärkten der Wiener Gärtner (noch bis 4. Mai, immer 8–17 Uhr). Heute, Donnerstag, etwa vor dem Franz Josefs-Bahnhof, in der Hofwiesengasse/Feldkellergasse, vor dem Q19 Einkaufsquartier Döbling und beim Druk-Vul-Park. Info: www.die-wiener-gaertner.at

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