2100 mehr Polizisten bis 2022: "Das geht sich unmöglich aus"

Symbolbild
Bis 2030 geht die Hälfte der öffentlich bediensteten in Pension. Gewerkschafter warnen von Lücke bei Lehrern und Polizei.

Die Pensionswelle rollt unaufhaltsam auf Österreich zu. In den kommenden Jahren gehen die geburtenstärksten Jahrgänge der sogenannten Baby-Boomer in Pension – für den öffentlichen Dienst eine gewaltige Herausforderung.

Rund 350.000 Personen sind bei Bund, Ländern und Gemeinden angestellt. Fast die Hälfte davon wird bis 2030 in Pension gehen. Das Problem ist, es kommen geburtenschwache Jahrgänge nach – und um die buhlt auch die Wirtschaft. Wie kann unter diesen Umständen ein geordneter öffentlicher Dienst sichergestellt werden?

Jeder neunte Job entfällt

Im Bund geht man einen pragmatischen Weg: Im allgemeinen Verwaltungsdienst wird nur jede dritte frei werdende Stelle nachbesetzt. Dadurch spart man grob geschätzt 15.000 der insgesamt 135.000 Stellen ein. Das ist jeder neunte Dienstposten. Möglich werden soll das in erster Linie durch Digitalisierung

Kurzfristig soll es aber eine personelle Aufstockung geben, um einen „geordneten Übergang“ sicherzustellen, wie es aus dem Ressort von Beamtenminister Vizekanzler Heinz-Christian Strache zum KURIER heißt. Das soll verhindern, dass wertvolles Fachwissen mit dem Beamten in Pension geht.

„Vor allem Schlüsselfunktionen – etwa im technischen Bereich – müssen sichergestellt sein“, sagt Klaus Würth vom Zentrum für Verwaltungsforschung KDZ. Dazu sei ein „konsequentes Nachfolgemanagement“ nötig. Ein solches hat der Bund seit 2012.

2100 mehr Polizisten bis 2022: "Das geht sich unmöglich aus"

Dezidiert ausgenommen von den Nichtnachbesetzungen sind die Bereiche Schule und Sicherheit (Exekutive siehe Zusatzbericht unten, Bundesheer und Justiz). Diese machen das Gros der öffentlich Bediensteten aus. Und gerade dort stellt sich die Pensionsfrage besonders drastisch. In den nächsten zehn Jahren wird ein Drittel der 30.000 Polizisten in Ruhestand treten. Laut Innenministerium können die Abgänge aber mehr als wettgemacht werden: Seit 2014 werden jedes Jahr mehr Beamte aufgenommen, als die Polizei verlassen. Bis 2022 soll es insgesamt ein Plus von 2100 Beamten geben.

„Das geht sich unmöglich aus“, sagt Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger zum KURIER. „Wenn die jetzt begonnene Aufnahmeoffensive des Innenministeriums gut läuft, geht sich höchstens ein Nullsummenspiel aus.“ In manchen Regionen gebe es schon jetzt mehr Abgänge als Aufnahmen, sagt Greylinger. Von einem Plus sei die Polizei weit entfernt.

2100 mehr Polizisten bis 2022: "Das geht sich unmöglich aus"

Lehrervertreter Kimberger: „Tausende Stellen können nur noch mit Sonderverträgen besetzt werden.“

Auch bei den Lehrern sehen die Standesvertreter schwarz. Dort drohe der Mangel nicht erst, sondern „wir sind schon mittendrin“, sagt Lehrergewerkschafter Paul Kimberger. Schon jetzt sei in Wien die Situation „so eklatant“, dass 2000 Stellen nur mit Sonderverträgen für noch nicht fertige Pädagogen besetzt werden können.

Keine Stunde entfällt

Laut Unterrichtsministerium beträgt der Anteil der Sonderverträge derzeit rund sechs Prozent aller Lehrer. Darüber hinaus wurden vereinzelt Lehrer aus der Pension zurückgeholt.

„Keine lehrplanmäßige Stunde musste aufgrund eines Lehrermangels entfallen“, heißt es aus dem Ministerium. Was aus Sicht von Gewerkschafter Kimberger vor allem der „Mehrdienstleistung der Lehrer“, also Überstunden zu verdanken ist.

Bis 2030 muss ein Großteil der 122.000 Bundes- und Landeslehrer ersetzt werden. Mit den derzeitigen Lehramtsstudentenzahlen ist das kaum zu machen.

Aber wie können mehr junge Menschen für den Lehrerberuf begeistert werden? Heuer tritt ein neues Dienstrecht in Kraft, das höhere Einstiegsgehälter bringt.

Finanziell kann der Schuldienst mit der Wirtschaft nicht mithalten. „Aber das ist vielen gar nicht so wichtig“, sagt Personalberater Florens Eblinger. Wichtiger sei ein abwechslungsreicher Job und die Work-Life-Balance – „damit könnte die Schule punkten“. Der Lehrerberuf brauche ein besseres Image, sagt Kimberger. „Aber das ist schwierig, wenn sich Politiker – wie der frühere Wiener Bürgermeister – auf Kosten der Lehrer profilieren wollen.“

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