Nicht nur im Sperma: Spermidin hält jung, sagen Forscher
Eincremen, tiefkühlen, straffen: Geht es um Anti-Aging, werden alle Register gezogen. Dabei liegt der Schlüssel zur Jugend so nah. Spermidin, das in hoher Konzentration in Samenflüssigkeit vorkommt, verlängert das Leben von Menschen, indem es die Zellen verjüngt. Es kommt aber auch in Lebensmitteln vor (siehe Grafik).
Die Ergebnisse einer Langzeitstudie der Uni Innsbruck konnten den Anti-Aging-Effekt nun erstmals beweisen: 20 Jahre lang wurden über 800 Probanden regelmäßig zu ihrer täglichen Ernährung befragt. Jene, die mindestens 80 Mikromol, also ungefähr 12 Milligramm, Spermidin pro Tag zu sich nahmen, steigerten ihre gesunde Lebenserwartung erheblich – im Vergleich zu jenen, die sich sperminidarm ernährten, sogar um rund fünf Jahre.
Der Grund für die Wirkung des natürlichen Polyamins war bereits aus Versuchen mit Mäusen und Fruchtfliegen bekannt, erklärt Studienleiter Stefan Kiechl: „Spermidin ist eine der wenigen Substanzen, die den Selbstreinigungsprozess der Zellen – die Autophagie –im Körper ankurbelt. Die Zelle verjüngt sich dadurch quasi selbst.“ Dass dieser Reinigungsprozess durch eine Ernährungsumstellung auch bei menschlichen Zellen angeregt werden kann, wurde nun erstmals bewiesen. „Man weiß schon lange, dass Spermidin für die Alterungsforschung interessant ist. Nimmt der Gehalt der Substanz in bestimmten Geweben, zum Beispiel in der Haut, ab, dann altert sie“, erklärt Kiechl.
Im Laufe des Lebens nimmt der Spermidingehalt, das in jeder Körperzelle vorkommt und auch von bestimmten Darmbakterien produziert wird, stetig ab. Mit der richtigen Ernährung kann man dem Alterungsprozess aber entgegenwirken, ist auch Markus Metka, Facharzt für Endokrinologie und Präsident der Österr. Anti-Aging-Gesellschaft, überzeugt.
Jungbrunnen
Er empfiehlt, sich an asiatische Ernährungsgewohnheiten zu halten: „Japaner haben die höchste Lebenserwartung, das ist mit Sicherheit auf ihre Nahrungsmittel zurückzuführen. Vor allem die Sojabohne, die ein großer Bestandteil der traditionellen japanischen Küche ist, ist sehr reich an Spermidin. Sie ist ein richtiges Superfood.“ Bis jetzt war sie vor allem wegen ihrer entzündungshemmenden Phyto-Östrogene als Anti-Aging-Food beliebt.
Es gibt aber auch andere Alternativen, Spermidin über Nahrungsmittel aufzunehmen, zeigte die Innsbrucker Langzeitstudie: Besonders reich an der Substanz seien Keimgemüse, Erbsen, Vollkornprodukte, Äpfel, Salat, Pilze, Nüsse, Kartoffeln oder gereifter Käse. So kann bereits mit zwei Portionen Vollkornbrot, zwei Schüsseln Salat und einem Apfel das tägliche Spermidin-Soll von zwölf Milligramm erreicht werden.
Neben der Ernährung kann die Selbstreinigung der menschlichen Zellen auch durch Fastenkuren angekurbelt werden. Metka: „Dass der Körper sich durch Fasten selbst reinigen kann, wussten schon die alten Griechen und Inder.“ Kiechl: „Auch das haben wir getestet. Man müsste aber zehn, am besten 20 Stunden lang auf Nahrung verzichten, um den Selbstreinigungsprozess zu stimulieren.“ Der Verzicht auf Nahrung über einen längeren Zeitraum konnte dem Forscher zufolge den Verjüngungseffekt von Spermidin noch verstärken: „Eine Kalorienrestriktion – wenn die Kalorienzufuhr geringer ist, als der Bedarf – konnte die Autophagie zusätzlich anregen.“
Gesund, aber weniger zu essen ist also der Schlüssel zur ewigen Jugend? So einfach ist es leider nicht. Kiechl: „Man kann den Alterungsprozess nur verzögern, aber nicht aufhalten.“
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