Nachzipf im Herbst: Was jetzt zu tun ist und wie die Motivation im Sommer hält

Wenn man das Gefühl hat, den Stoff nicht alleine bewältigen zu können, sollte man rechtzeitig und nicht erst in der Woche vor der Prüfung professionelle Nachhilfe in Anspruch nehmen.
"Für die allermeisten Schülerinnen und Schüler ist es eine Riesenenttäuschung, ein Schock – auch für die Eltern", sagt Angela Schmidt vom Nachhilfeanbieter Lernquadrat. Ein oder mehrere Fünfer im Zeugnis seien "definitiv ein Signal, das sich schulisch etwas ändern muss", weiß die Lerntechnik-Trainerin. Auch Eltern sollten in einer anstehenden Nachprüfung eine Botschaft erkennen: "Das Kind muss mehr und besser unterstützt werden."
Man dürfe die Sache aber auch nicht überdramatisieren.
Auch wenn die Aufstiegsklausel (siehe Infobox weiter unten) greift, empfiehlt Schmidt, eine Nachprüfung anzutreten oder sich im Sommer zumindest selbstständig dem Jahresstoff zu widmen. "Das Kind hat im betroffenen Fach offenbar Lücken. Steigt es auf, werden sie weitergegeben." Auch zwei "Nicht genügend" und dementsprechend zwei Prüfungen im Herbst seien machbar, sagt Schmidt: "Das ist zu schaffen, wenn man gewisse Dinge in der Vorbereitung beachtet."
Wichtig sei, sich schon jetzt mit dem Lernaufwand auseinanderzusetzen. "Am besten man bittet einen Mitschüler oder eine Mitschülerin mit guten Noten und vollständigen Mitschriften um die Unterlagen", rät die Expertin. Fehlendes kann abgeschrieben, kopiert oder abfotografiert werden. "Wichtig ist, dass man das ganze Material sichert, inklusive Schularbeiten." Das Problem sei bei Schülerinnen und Schülern mit Fünfer oft nicht das Lernen an sich, sondern die Organisation. Schmidt empfiehlt, noch bevor die Schulen ihre Türen schließen, mit der Lehrkraft die Eckdaten der Prüfung zu besprechen. "Das erleichtert das mentale Einstellen darauf und zeigt dem Lehrer, dass man es schaffen möchte."
Anbieter
Das Lernquadrat bietet in den Ferien Intensivkurse an, die wochenweise buchbar sind. Entweder für die Prüfungsvorbereitung oder zum Auffrischen. Gerade Kinder, die sich einen Fünfer gerade noch ausbessern konnten, sollten sich im Sommer dem Jahresstoff nochmals widmen.
Infos: lernquadrat.at
Aufstiegsklausel
Schülerinnen und Schüler, die im Jahreszeugnis in den Pflichtgegenständen eine positive Beurteilung haben, sind zum Aufsteigen in die nächsthöhere Schulstufe derselben Schulart berechtigt. Kinder, die im Jahreszeugnis in einem Pflichtgegenstand die Note "Nicht genügend" haben, sind trotzdem zum Aufsteigen berechtigt, wenn der betreffende Pflichtgegenstand nicht schon im Jahreszeugnis des vorhergegangenen Schuljahres mit "Nicht genügend" beurteilt wurde, und der betreffende Gegenstand – ausgenommen an Berufsschulen – in einer höheren Schulstufe lehrplanmäßig vorgesehen ist. Auch die Klassenkonferenz muss feststellen, dass das Kind aufgrund der Leistungen in den übrigen Pflichtgegenständen aller Voraussicht nach am Unterricht in der nächsthöheren Schulstufe erfolgreich teilnehmen wird.
Dann steht erst einmal Durchschnaufen am Programm: "Für Kinder sind negative Noten ein großer Stress. Nicht selten leiden sie unter Schlafproblemen und psychosomatischen Beschwerden. Davon sollten sie sich erholen dürfen." Etwa fünf bis sechs Wochen vor der Prüfung sollten die Schulsachen hervorgeholt werden. Dann gilt es, Struktur in das Konvolut an Material zu bringen und den Stoff einzuteilen. "Bemerkt man hier, dass man sich nicht hinaussieht, ist es ratsam, sich professionelle Hilfe zu organisieren."
Schmidt beschreibt einen prototypischen Lerntag so: Idealerweise startet man vormittags mit dem Lernen – gut ausgeschlafen und nach einem gesunden, nahrhaften Frühstück. Auch auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr ist zu achten, damit das Gehirn gut arbeiten kann. Gelernt wird am besten in kurzen Sequenzen – je nach Alter zwischen 20 und 45 Minuten lang. Zwischendurch immer konsequent kurz aufstehen, bewegen, Sauerstoff tanken. Nach drei Durchläufen wird eine große Pause eingelegt. Hier darf neben dem Mittagessen auch der Spaß nicht zu kurz kommen – beim Schwimmen oder Radfahren zum Beispiel. Am späten Nachmittag werden nochmals ein bis zwei Lerneinheiten eingebaut.
Um Diskussionen in der Familie vorzubeugen, schlägt Schmidt Folgendes vor: "Gemeinsam den Lernplan gestalten und für alle gut einsehbar aufhängen. Dann muss nicht täglich neu verhandelt werden."
Motivationsdurchhänger sind menschlich. Wird der Stoff häppchenweise in Angriff genommen, bleiben Gefühle der Überwältigung eher aus. In Etappen eingeteilt, lässt das Lernen auch Zwischenerfolge zu. Bei jüngeren Kindern rät Schmidt zu spielerischer Stützung: "Auf Zettel schreibt man Aktivitäten oder Dinge, die das Kind gerne mag. Bei Oma und Opa übernachten, ein Spieleabend, ein Eis. Sie kommen in ein Sackerl oder großes Einmachglas. Sind größere Lernziele erreicht, darf eine Belohnung gezogen werden." Wichtig: Aufgaben sollten immer positiv und nicht ungelöst beendet werden, sonst dämpft das die Motivation.
Am Tag vor der Prüfung werden keine großen Stoffgebiete mehr aufgerissen. "Das sorgt nur für Verwirrung." Bei kleinen Unsicherheiten darf gezielt nachgeschlagen werden. Die Prüfung gedanklich durchzuspielen, Räume, Anwesende und Fragen zu visualisieren, kann hilfreich sein. Dann heißt es Wohlfühl-Outfit herrichten, früh ins Bett gehen und rechtzeitig aufstehen, um Hektik zu vermeiden. Bei der Prüfung selbst rät Schmidt "zu Mut zur Lücke: Wenn einem etwas gerade nicht einfällt, durchatmen, in sich gehen und nur nicht ins Strudeln geraten".
Was, wenn ein Misserfolg passiert? "Natürlich besteht die Möglichkeit, das Jahr zu wiederholen." Schmidt sieht darin durchaus eine Chance: "Oft kommen Kinder wirklich zum Aufholen und werden sogar zu Klassenbesten." Eine missglückte Nachprüfung kann auch Anlass zum Innehalten sein: "Eventuell ist der Schultyp für das Kind nicht passend. Auch ein Klassenwechsel kann angedacht werden. Oder man erkennt, dass eine Lehre geeigneter wäre."
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