„Das hier ist nicht nur ein Store, sondern ein Universum, das wir präsentieren“, sagt Pietro Beccari wenige Tage vor der Eröffnung gegenüber dem Branchenportal WWD.
Was er damit meint, zeigt sich im hinteren Teil des Erdgeschoßes. Mitten im Store hat Landschaftsarchitekt Peter Wirtz einen Indoor-Garten angelegt, an den ein Kaffeehaus angrenzt. Wen nach erfolgreicher Shoppingtour der große Hunger antreibt, kann sich ein Stockwerk höher im ersten Dior-Restaurant von Starkoch Jean Imbert bekochen lassen. Auf der Speisekarte stehen die Lieblingsgerichte von Markengründer Christian Dior. Bleibt nach all diesen Eindrücken noch Energie, lädt nebenan das hauseigene Museum auf 2.000 Quadratmetern zu einem Rundgang durch die fast 75-jährige Firmengeschichte.
Das Geschäft brummt – kaum zu übersehen an den vollbepackten Verkäufern, die ihre Kundschaft zu Limousinen hinaus begleiten –, was Diors Strategie trotz Pandemie bestätigen dürfte: Die Onlineverkäufe mögen in den vergangenen Jahren stark gestiegen sein, der stationäre Handel ist jedoch noch lange nicht tot. Vorausgesetzt man lässt sich für die Kundschaft etwas einfallen, das über die klassische Warenpräsentation hinausgeht.
Zwar litt der Modehandel stark unter den Auswirkungen der Pandemie, doch 2021 schaffte es ausgerechnet das Luxussegment, sich schnell von den schlechten Zahlen im Jahr 2020 zu erholen. Laut Unternehmensberater Bain & Company wuchs der globale Luxusmarkt im vergangenen Jahr um 13 bis 15 Prozent auf 1,14 Billionen Euro.
Um auch in der mittleren Preiskategorie aufholen zu können und die Kundschaft wieder vermehrt in den stationären Handel zu locken, setzt man ein paar Kilometer weiter östlich im Viertel Le Marais ebenfalls auf Einkaufen mit Mehrwert. Das spanische Label Ecoalf hat in der Rue du Temple jüngst auf 150 Quadratmetern seinen ersten französischen Store eröffnet. Ebenso wie bei der Mode steht auch bei der Einrichtung Nachhaltigkeit im Fokus. Für die Wandverkleidung wurden Baumwoll-Stoffreste genützt, weiters fanden Holzabfälle Verwendung.
Highlight ist ein multimedialer Raum, der die Besucher in die Welt der Ozeane eintauchen lässt, wo in kurzen Videos über das Projekt „Upcycling the Oceans“, bei dem Ecoalf in Kooperation mit Fischern Müll aus dem Meer sammelt und weiterverarbeitet, informiert wird. Sehenswert – auch ohne etwas gekauft zu haben.
Ob Edel-Restaurant, Garten oder Filmraum – Store-Erlebnisse dieser Art wird es künftig vermehrt brauchen, um den stationären Handel attraktiv zu halten.
Wie das auf höchstem Niveau funktioniert, zeigt sich am privaten Appartement im Dior-Store. Wer sich hier für eine Nacht einmietet, wird rund um die Uhr von bis zu acht Mitarbeitern umsorgt. „Wenn du mit Jetlag aufwachst und das Museum in deinem Bademantel besuchen möchtest, kannst du das tun“, verriet Geschäftsführer Beccari der WWD. „Es wird immer jemand wach sein.“ Kostenpunkt: streng geheim.
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