KURIER: Was zeichnet erfolgreichen Designernachwuchs aus?
Lena Hoschek: Diese Frage darf ich eigentlich nicht beantworten, weil ich mich selbst noch als Nachwuchsdesignerin sehe. Ja, auch nach 17 Jahren im Geschäft. Was mich aber sehr freut, ist, dass es wieder mehr Schneiderateliers gibt. Mir ist es sehr wichtig, einen Mitbewerb zu haben, der nicht nur Waren aus Asien anbietet, sondern wie ich hier produziert.
Monika Kycelt: Wir verfolgen bei uns im Haus eine fundierte, in die Tiefe gehende Ausbildung. Es gehören aber auch viele Soft Skills zum Erfolg: Durchhaltevermögen und Leidenschaft, gepaart mit der Fähigkeit, das Entworfene auch kommerziell an die Frau und an den Mann zu bringen. Um etwas aufzubauen, braucht es natürlich auch einen gewissen Background: Materiell, aber auch im Sinne des Mentorings. 100 Prozent Fremdkapital ist allerdings nicht die ideale Basis für die Gründung eines eigenen Labels.
Hoschek: Ich habe damals bei Null angefangen, hatte weder Geld von den Eltern noch Investoren. Es ist ein harter Weg. Man darf keine Angst vor Schulden haben – sonst ist man nicht für die Selbstständigkeit gemacht. Schon gar nicht in der Mode.
Frau Hoschek, haben Sie zu Beginn Ihrer Karriere eine Mentorin oder einen Mentor gehabt, wo solche Themen besprochen werden konnten?
Hoschek: Nein. Aufgrund falscher Entscheidungen oder Nachlässigkeit bin ich deshalb auch oft auf die Schnauze gefallen. Ich habe z.B. erst nach sieben Jahren eine GmbH gegründet, aber meine Berliner Zweigstelle nicht gleich inkludiert. Das hat mir eine saftige Steuernachzahlung beschert. Ich habe viel Lehrgeld bezahlt, anstatt einfach jemanden zu fragen. Ich hätte auch nicht gewusst, wen ich hätte fragen können.
Kycelt: Unsere Schülerinnen und Schüler lernen mittlerweile alle, wie man einen Businessplan erstellt. Maturiert wird bei uns auch in BWL.
Um mit dem eigenen Label erfolgreich zu werden, braucht es nicht nur BWL-Kenntnisse, sondern auch Biss. Wie passt das zum zunehmenden Wunsch junger Menschen, nur mehr maximal Teilzeit zu arbeiten?
Hoschek: Jeder muss für sich wissen, mit welchem Gewissen sie oder er sich an die Arbeit setzt und was dabei abgeliefert wird. Dazu gehört schon früh Selbstdisziplin und auch das Wissen, dass man als Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer daran beteiligt ist, wie unser Land in Zukunft dasteht. Die Sozialleistungen, die wir heute beziehen, haben unsere Großeltern erarbeitet. Wenn wir alles nur genießen wollen, wird vieles schnell in Schieflage geraten. Wer etwas haben möchte, muss dafür auch etwas leisten. Und weil der Begriff Work-Life-Balance so häufig fällt: 50 Prozent von 24 Stunden sind 12 Stunden. Acht Stunden, die man im Büro verbringt, sind nicht einmal die Hälfte. Ein 40-Stunden-Job ist nicht so weit weg von Balance. Wenn jemand allerdings nicht gerne arbeitet, ist von vornherein etwas schief gelaufen.
Kycelt: Man darf nicht generalisieren. Aber natürlich muss man bereit sein, seine Arbeitskraft in etwas zu stecken. Es zeigt sich jedenfalls, dass zwei Jahre Pandemie vor allem mit den Jugendlichen etwas gemacht haben. Viele wollen jetzt feiern gehen, endlich wieder das Leben genießen.
Hoschek: Und das ist absolut verständlich. Es handelt sich ja auch nicht um Studierende, sondern um Schülerinnen und Schüler.
Kycelt: Und genau da unterscheide ich stark. Wir versehen in der Modeschule Hetzendorf die Schülerinnen und Schüler mit Rüstzeug – und nach der Matura müssen sie schauen, was sie daraus machen.
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