#MeTwo: Der Aufschrei der Menschen mit Migrationshintergrund

Ali Can ist Deutsch-Türke und hat #MeTwo ins Leben gerufen.
Unter dem Hashtag #MeTwo teilen tausende Deutsche ihre Erfahrungen mit Rassismus. Hierzulande läuft die Debatte nur langsam an.

"Man kann in Österreich geboren, aufgewachsen, sozialisiert, österreichischer Staatsbürger und Doppelakademiker sein, aber dennoch bleibt man der Migrant!" Mit diesen Worten berichtet ein User auf Twitter über seine Erfahrungen mit Alltagsrassismus in Österreich – und schließt sich damit der aktuellen #MeTwo-Debatte an.

Hashtag macht Alltagsrassismus sichtbar

Namentlich an die #MeToo-Debatte über sexuelle Übergriffe angelehnt, wurde die Twitter-Kampagne #MeTwo vom Studenten und Aktivisten Ali Can initiiert. Der Deutsch-Türke rief vergangene Woche dazu auf, Geschichten des alltäglichen Rassismus zu teilen. "Die neue Großaktion #MeTwo ist gestartet! Zeigen wir jetzt mit einem Post, dass wir gegen Rassismus sind!", schrieb er am 25. Juli auf dem Kurznachrichtendienst.

Die "Zwei" steht laut Can, der auch Gründer des Vereins "Interkultureller Frieden e.V." und des Bürgertelefons "Hotline für besorgte Bürger" ist, für die beiden Herzen, die in seiner Brust schlagen: "Ich fühle mich in Deutschland zu Hause. Habe hier Freunde, gehe hier arbeiten. Und gleichzeitig kann ich mich auch zu einer anderen Kultur oder zu einem anderen Land verbunden fühlen", erklärt Can in einem Video. Mit der "Hotline für besorgte Bürger" versucht Can, der Lehramt studiert, bereits seit einiger Zeit Vorurteile gegen Menschen mit Migrationshintergrund zu bekämpfen.

Türöffner der neuen Initiative ist Can zufolge nicht zuletzt Mesut . Einem offenen Brief des deutschen Fußballers, in dem er den DFB massiv kritisierte und seinen Rücktritt vom Nationalteam bekannt gab, folgte kürzlich ein gewaltiges Medienecho. Auslöser waren Bilder gewesen, die Özil Anfang Mai dieses Jahres mit dem türkische Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan zeigten (mehr dazu hier).

#MeTwo wächst

Die Berichte über Rassismus bei der Wohnungssuche, bei Polizeikontrollen und in öffentlichen Verkehrsmitteln belegen: #MeTwo scheint eine Lücke in der Diskussion rund um Ausgrenzung zu füllen. Binnen weniger Tage reihte sich der in die Trending Topics auf Twitter ein, die Auseinandersetzung im Netz nahm rasch Fahrt auf.

Bisher sind Cans Aufruf allein in Deutschland über 100.000 Nutzer gefolgt. In Österreich läuft die Debatte derzeit eher schleppend an.

Kindheitserinnerungen an Rassismus

Was beim Scrollen durch die zahlreichen Beiträge auffällt: Inhaltlich drehen sich diese besonders oft um Ausgrenzung und Abwertung, die Kinder und Jugendliche im Kindergarten oder der Schule erlebt haben. So wird etwa berichtet, dass eine Klassensprecherwahl wiederholt worden sei, weil die "Ausländerin" die meisten Stimmer erhielt. Ein anderer User schreibt, dass er aufgrund seines Migrationshintergundes nicht zu der bekannten ZDF-Kinderquizshow "1, 2 oder 3" fahren durfte. Ein anderer schildert wiederum, dass ihm nach der Matura eine Ausbildung statt eines Studiums ans Herz gelegt wurde weil er Migrant sei. Immer wieder liest man auch, dass Eltern ihren Kindern den Umgang mit Klassenkameraden mit Migrationshintergrund verboten hätten.

Von der breiten Resonanz zeigte sich Can am Sonntag in einem Tweet jedenfalls überwältigt: "#MeTwo wird größer. Aber jetzt will ich euch von Herzen danken. Ihr erzählt eure persönlichen Geschichten, wozu Mut gehört! Niemand könnte später sagen 'Wir haben davon nichts gewusst.' Euch gebührt ein ganz großer Respekt!! Der öffentliche Diskurs hat begonnen..."

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