Gesellschaft: Was bleibt von #metoo?

Gesellschaft: Was bleibt von #metoo?
Zwei Experten über die Wirkung eines Hashtags, der 2017 um die Welt ging.

Bereits 2013 zeigte ein Hashtag die sexistischen Verfehlungen mächtiger Männer auf – im Gegensatz zu #MeToo ebbte der Hype um #aufschrei recht schnell wieder ab. Erst durch #MeToo habe sich die öffentliche Barriere geändert, analysiert Jörg Matthes, studierter Psychologe und Medienwissenschaftler an der Uni Wien: "Viele Frauen fühlen sich nun ermutigt, öffentlich über ihre Erfahrungen zu sprechen, weil eine geringere Gefahr besteht, lächerlich gemacht oder angegriffen zu werden. Seit #MeToo ist klar, dass die Täter mit echten Konsequenzen zu rechnen haben und auch Wegschauer nicht ungeschoren davon kommen."

Ein Schneeballeffekt war eingetreten: "Das liegt daran, dass sowohl Täter als auch Opfer Prominente waren, die aufgrund ihrer Leistungen geschätzt werden", sagt Matthes. "Das Problem der sexuellen Übergriffe wird wohl nicht verschwinden, aber es wurde ein wunder Punkt der westlichen Welt getroffen. Noch nie wurde das Thema so offen und global auf die Agenda gesetzt, dies allein ist eine enorme gesellschaftliche Wirkung."

Ähnlich resümiert Medienanalytikerin Maria Pernegger, die sich bei der Agentur MediaAffairs mit gesellschaftspolitischen Themen beschäftigt: "Für Feministinnen war es immer schwierig, ihre Forderungen durchzubringen, weil sich die Forderungen zumindest seit den 70er Jahren regelmäßig wiederholen und der Bereich 'Chancengleichheit von Frauen' häufig als feministisches Nischenthema wahrgenommen und als politisch links abgestempelt wird. #MeToo hat es geschafft, dass das Thema abseits der feministischen und linken Szene laut ausgesprochen und breit diskutiert wird." Ein Indiz für das Ankommen in der Masse sei die Art, wie die Debatte geführt wurde: "Die Meinungen gingen weit auseinander, siehe Nina Proll." Durch die Diskussion seien in weiterer Folge Skandale in Sport und Politik publik geworden, europaweit gab es Rücktritte von Politikern. "Zudem gibt es nun z. B. eine Meldestelle für Betroffene. Die Reaktionen zeigen, dass Herabwürdigungen von Frauen nicht mehr als ‚Kavaliersdelikte‘ durchgehen."

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