Sensation: Und Einstein hatte doch recht

Gravitationswellen
Einstein hat Gravitationswellen vorhergesagt. Physiker haben sie nun - erstmals - direkt nachgewiesen. Das ist nobelpreisverdächtig.

"Wir können das Universum hören!", sagte Gabriela González vom LIGO. Damit wurde von der National Science Foundation, Forschern des California Institute of Technology (Caltech), des Massachusetts Institute of Technology (MIT) und der LIGO-Kollaboration bekannt gegeben, dass erstmals Gravitationswellen entdeckt wurden. Die Gravitationswellen stammten von der Kollision zweier Schwarzer Löcher, so die Forscher. Damit beginnt eine neue Ära in der Astronomie. Auch Österreicher waren daran beteiligt.

Wie die Wellen entstehen

Vor 100 Jahren hat Albert Einstein die Gravitationswellen vorhergesagt. Nach jahrzehntelanger Suche haben Wissenschaftler eigenen Angaben zufolge erstmals Gravitationswellen direkt beobachtet. Damit haben sie die Vorhersage von Albert Einstein bestätigt.

Sensation: Und Einstein hatte doch recht
Gravitationswellen entstehen vor allem, wenn große Objekte wie Sterne beschleunigt werden. Sie breiten sich mit Lichtgeschwindigkeit aus, stauchen und strecken den Raum. Mit dem Gravitationswellen-Observatorium LIGO in den USA fingen die Astrophysiker die Signale zweier verschmelzender Schwarzer Löcher auf, wie das LIGO-Konsortium am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Washington berichtete. Die Wellen sind zwar umso größer, je größer die Masse ist, doch selbst bei gigantischen Schwarzen Löchern in einiger Entfernung ist der von ihnen verursachte Effekt immer noch so klein, dass sie erst jetzt mit einem verfeinerten Spezialinstrument nachgewiesen werden konnten.

Wie stark die Beweise/Signale sind

Das Signal sei sehr deutlich und lasse keine Zweifel am direkten Nachweis der Gravitationswellen, betonte der geschäftsführende Direktor des Max-Planck-Instituts für Gravitationsphysik in Hannover und Potsdam, Bruce Allen.

Wie lange schon spekuliert wurde

Schon seit Tagen hatten sich im Internet Gerüchte über die astronomische Sensation gehäuft. Schuld an allem war Lawrence Krauss. Der US-Physiker der Arizona State University hatte bereits im Herbst Spekulationen in die Welt gesetzt. Und weil er 197.000 Twitter-Follower hat, blieb das nicht unbemerkt: Ein internationales Forscherteam habe wohl eine Gravitationswelle gemessen. Am Montag legte Krauss nach – die Info sei von anderen Quellen bestätigt worden. Er sollte damit Recht behalten.

Warum der Nachweis so schwierig war

Physiker sind elektrisiert, das wird vieles ändern. Und diese Entdeckung ist nobelpreisverdächtig. Seit Jahren arbeiteten Physiker rund um die Welt an immer empfindlicheren Detektoren, um diese Wellen zu messen. Das ist extrem schwierig: Eine solche Welle dehnt und staucht den Raum zwar – aber auf ein paar Kilometer nur um Bruchteile eines Protonen-Durchmessers (wer es genau wissen will: 0,84184 Femtometer ist der Durchmesser eines Protons; und ein Femtometer entspricht 0,000.000.000.000.001 Meter). Sogar bei der Explosion einer Supernova oder zwei sich rasant umkreisenden Schwarzen Löchern sind die Auswirkungen auf die Raumzeit so gering, dass ein Nachweis von Gravitationswellen extrem aufwendig ist.

Wo die Wellen entdeckt wurden

Seit September steht nun aber ein Observatorium zur Verfügung, das leistungsfähiger ist als alle bisherigen: das Laser Interferometer Gravitational-Wave Observatory (LIGO). Es gibt aber weltweit mehrere Anlagen, mit denen man versucht sie aufzuspüren.

Um 5:51 US-Ostküstenzeit am 14. September 2015 war es soweit: Erstmals wurden Gravitationswellen direkt nachgewiesen. Damit ist offiziell, worüber seit Monaten spekuliert wurde. Einstein hatte recht.

Was bewiesen wurde

Wissenschaftler haben zum ersten Mal Kräuselungen der Raumzeit, sogenannte Gravitationswellen, beobachtet, die die Erde von einem Großereignis im fernen Universum erreichten. Sie haben festgestellt, dass die beobachteten Gravitationswellen während des letzten Sekundenbruchteils der Verschmelzung von zwei schwarzen Löchern entstanden. Dabei entstand ein einzelnes, massereicheres, rotierendes schwarzes Loch. Diese Kollision von zwei schwarzen Löchern war zuvor vorhergesagt, aber noch nie beobachtet worden. Gemessen wurden die Wellen von den beiden identischen Laser Interferometer Gravitationalwave Observatory (LIGO) Detektoren in Livingston (Louisiana) und Hanford (Washington) in den USA. Beteiligt waren mehr als 1000 Forschende von Universitäten in den USA und in 14 weiteren Ländern. Mehr als 90 Universitäten und Forschungseinrichtungen entwickelten Detektor-Technologien und analysieren die Daten.

Österreicher dabei: "Die Stimmung ist enthusiastisch"

Unter den Wissenschaftlern des LIGOTeams befinden sich auch fünf theoretische Physiker aus Österreich: Sascha Husa, Professor an der Universität der Balearen in Palma de Mallorca, Reinhard Prix, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max Planck Institut für Gravitationsphysik in Hannover, Michael Pürrer, Postdoktorand am Max Planck Institut für Gravitationsphysik in Potsdam, Patricia Schmidt, Postdoktorandin am California Institute of Technology in den USA, und Gernot Heißel, Doktorand an der Universität Cardiff.

Sascha Husa, der derzeit in einem Meeting in den USA ist, sagt im KURIER-Gespräch: "Ich bin sehr glücklich. Die Stimmung hier ist sehr enthusiastisch, einige Kollegen haben es gerade erst erfahren. Es ist ein riesiges Glück. Ein Traum, der für einen Wissenschaftler wahr wird." Mehr als zehn Jahre haben sie an den Programmen gearbeitet, die genau das vorhergesehen haben, was jetzt beobachtet wurde. "Wir waren auch überrascht, dass ein schwarzes Loch in dieser Masse wirklich existiert. Es hätte sein können, dass wir zwar Gravitationswellen messen, aber es keine solchen schwarzen massigen Löcher gibt. Es ist ein fantastischer Glücksfall." Husa, der einst in Wien studierte und jetzt in Palma lehrt, wird seinen Erfolg erst am Sonntag feiern: "Ich habe jetzt noch einen ganzen Arbeitstag vor mir, aber am Sonntag fliege ich zurück nach Spanien. Dann werde wir mit den Studenten und Post-Docs feiern, sie haben seit Monaten Tag und Nacht durchgearbeitet."

Das Ereignis der Verschmelzung fand etwa 1,3 Milliarden Jahren statt. Etwa die 3fache Sonnenmasse wurde im Bruchteil einer Sekunde in Gravitationswellen umgewandelt. Die maximale Strahlungsleistung entsprach dabei etwa dem 50fachen des sichtbaren Universums.

Die Messung

Die Analyse der Ankunftszeit der Signale - der Detektor in Livingston registrierte das Ereignis etwa 7 Millisekunden vor dem Detekor in Hanford - erlaubt den Wissenschaftlern zu berechnen, dass das Ereignis in der südlichen Himmelshalbkugel stattgefunden hat. Nach der Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie verliert ein Paar schwarzer Löcher Energie durch die Abstrahlung von Gravitationswellen, sodass sie sich innerhalb von Milliarden von Jahren zunächst sehr langsam aber immer schneller näher kommen und schließlich verschmelzen. Während des letzten Bruchteils einer Sekunde kollidieren die beiden schwarzen Löcher mit fast der halben Lichtgeschwindigkeit und verschmelzen zu einem einzigen, schwereren, rotierenden schwarzen Loch. Dabei wird ein Teil der Masse der beiden beteiligten schwarzen Löcher in Energie verwandelt, nach Einsteins Formel E=m c^2. Die bei den letzten Umkreisungen abgestrahlten Wellen, und der starke Puls der Gravitationswellen bei der Verschmelzung wurden von LIGO beobachtet.

Erstmals direkter Nachweis

Die Existenz von Gravitationswellen wurde erstmals in den 1970ern und 1980er Jahren von Joseph Taylor und Kollegen durch Beobachtungen belegt. Taylor and Russell Hulse entdeckten 1974 ein Binärsystem bestehend aus einem Pulsar und einem Neutronenstern, die sich gegenseitig umkreisen. Taylor and Joel M. Weisberg wiesen dann 1982 nach, dass der Orbit des Pulsars langsam schrumpfte, aufgrund der Energie die als Gravitationswellen abgestrahlt wird. Für die Entdeckung dieses Pulsars und dem Nachweis des orbitalen Energieverlustes durch Gravitationswellen bekamen Hulse und Taylor im Jahr 1993 den Nobelpreis der Physik verliehen.

Die aktuelle LIGO Entdeckung stellt hingegen den ersten direkten Nachweis von Gravitationswellen dar, durch die Messung der minimalen Abstandsänderungen im Detektor, die diese Wellen verursachen auf ihrem Weg durch die Erde.

Er ist seit 2007 an der LIGO-Kollaboration beteiligt, einem der größten Experimente zum Nachweis der Gravitationswellen: Der österreichische Physiker Sascha Husa von der Universität der Balearen in Palma de Mallorca.

KURIER: Ärgern Sie die viralen Gerüchte zum angeblichen Nachweis von Gravitationswellen?

Hilfreich ist es nicht, wissenschaftliche Neuigkeiten sind kompliziert. Es ist immer besser, wenn jene sie erzählen, die involviert sind und dafür Verantwortung übernehmen. Aber wenn jemand glaubt, er müsse sich profilieren …

Wie forschen Sie derzeit?

Wir entwickeln Computerprogramme, die z.B. die Kollision schwarzer Löcher simulieren und die dabei erzeugten Gravitationswellen vorhersagen. Welche Signale kommen an? Welche passen am besten? Es ist wie in einer lauten Bar, in der du ein Lied hörst, aber nicht weißt welches. Du vergleichst sie und versucht sie zuzuordnen.

Warum sind Gravitationswellen eigentlich so spannend?

Sie sind wesentlicher Bestandteil der Relativitätstheorie. Sie ist eine elegante, komplizierte Theorie, mit der man komplizierte Dinge vorhersagen kann, die von unserem alltäglichen Leben ziemlich weit entfernt sind.

Was sind die Folgen, wenn am Donnerstag tatsächlich der Nachweis von Gravitationswellen präsentiert wird?

Ich muss voraus schicken: Es wird Neuigkeiten geben, aber ob wirklich etwas entdeckt worden ist oder was es sein könnte – dazu möchte ich nichts sagen (lacht). Generell ist es so, dass es eine Bereicherung für die Astronomie wäre. Die Leute wollen ja wissen, was im Universum passiert.

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