Junge Roma

Zwei der Roma Heroes: Stefan Spataru und Saška Dimić
Der Opfer gedenken und sich als junge Held_innen stark machen: 2. August Gedenkveranstaltung für die von den Nazis ermordeten Roma und Sinti – in Wien Neubau auf dem Ceja-Stojka-Platz

Allein in der sogenannten „Zigeunernacht“ – vom 2. auf den 3. August 1944 - wurden in den Gaskammern des Vernichtungslagers Auschwitz von den Nazis 2.897 Roma und Sinti – Frauen, Männer, Kinder – ermordet. Deswegen wurde der 2. August zum internationalen Gedenktag an den Roma-Völkermord, dem rund eine halbe Million Angehöriger dieser Volksgruppe zum Opfer gefallen sind, ein Völkermord, der erst vor zwei Jahren vom Europäischen Parlament anerkannt wurde.

In Wien organisiert das Romano Centro – gemeinsam mit der Roma Genocide Remebrance Initiative, zentrumexil und romblog.at – für diesen Tag eine Gedenk-Veranstaltung mit Ausstellung, Musik und Reden am Ceija-Stojka-Platz in Wien-Neubau. Die vor vier Jahren verstorbene Künstlerin überlebte als nur eine von sechs Mitgliedern ihrer 200-köpfigen Familie drei Konzentrationslager der Nazi und war eine der ersten, die früh und öffentlich auf das Schicksal ihrer Volksgruppe aufmerksam gemacht hat – in Büchern, Bildern und vielen Workshops vor allem mit Jugendlichen.

Überlebender spricht

Junge Roma
Flyer für die Gedenk-Veranstaltung
Bei der Veranstaltung wird unter anderen József Forgács sprechen. Der 81-jährige ungarische Rom wurde als 9-Jähriger von den Nationalsozialisten deportiert. Gemeinsam mit seiner Familie wurde er aus seiner Heimatstadt nach Komárom gebracht, und von dort aus zu einem Fabriksgelände nach Österreich. Nach der Befreiung aus dem Arbeitslager fand er sein Zuhause verwüstet vor. Seine Mutter hatte überlebt, sein Vater war ermordet worden. Nach dem Krieg wurde seine schulische Laufbahn erschwert und er ging früh arbeiten, um seine Familie zu ernähren. Seit 2014 besucht er regelmäßig Jugendkonferenzen und erzählt Jugendlichen seine Geschichte. Von jungen Roma-AktivistInnen wird er nur „Bandi Bácsi“ – zu Deutsch Onkel Bandi – genannt. Seine Lebensfreude, Vitalität und Stärke sind inspirierend.

Zeit für Held_innen

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Roma Heroes
Die Gedenkveranstaltung, zu der auch Staatssekretärin Muna Duzdar erwartet wird, will aber nicht nur die Opfer, die die Nazis der Volksgruppe abverlangten und Diskriminierungen, denen Roma und Sinti oft als Art Menschen zweiter Klasse auch noch danach ausgesetzt waren/sind, thematisieren. Die Ausstellung „Opre (Romanes für erhebt euch) Heroes – die Zeit ist jetzt“ beispielsweise zeigt junge, selbstbewusste Angehörige dieser Volksgruppe, die sich nicht nur für die Rechte von Roma und Sinti einsetzen, sondern als Heldinnen und Helden – plakativ in Umhängen à la Super(wo)man. „Man braucht also keine Röntgenaugen wie Superman oder Spinnweben wie Spiderman, um ein Superheld zu sein. Manchmal reicht es auch, sich für andere Menschen stark zu machen oder die Stimme der Gerechtigkeit zu erheben“, heißt es in der Broschüre zu der Ausstellung. „Viele Superhelden haben lange Zeit nicht gewusst, dass sie besondere Kräfte besitzen, und als sie diese entdeckten, hat sich ihr Leben verändert. Unterschätze dich nicht. Vielleicht bist du ja der/die nächste...“

Die Superkräfte dieser jungen Heldinnen und Helden: Unterrichten, Bildung, Freude, gegen Hass im Netz, Kampf für Gerechtigkeit...

Interviews

Der Kinder-KURIER traf zwei dieser Roma-„Held_innen“, Saška Dimić (19) und Stefan Spataru (14). Stefan Spataru wechselt nach der 4. Klasse in die HTL Spengergasse , „ich wollte mehr was Körperliches tun und hab mich für Technik interessiert, vielleicht will ich Pilot werden, ich liebe fliegen.“ Stefan spielt Gitarre, eine dunkelblaue, seine Schwester Klavier.

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Roma Heroes
Saška Dimić hat im Gymnasium Boerhaavegasse (Wien-Landstraße) maturiert, im Ballettzweig begonnen, musste den aber aufgeben, weil ihre Wirbelsäule nicht mitspielte und wechselte in den musikalischen Zweig. Sie hatte schon damals Klavier gespielt. Jetzt studiert sie Lehramt Psychologie, Philosophie und Englisch und möchte zusätzlich an der Musikuni am Institut für Gesangspädagogik studieren. Unterrichten bzw. lehren „mag ich, ich gebe auch schon Nachhilfe seit ich 16 bin – in Mathe, Deutsch und Englisch und es freut mich immer sehr, wenn meine Nachhilfeschülerinnen und -schüler Erfolg haben.“
Seit drei Jahren setzt sich Saška Dimić für die Rechte der Roma ein. Erst mit 16 wurde ihr bewusst, dass sie Angehörige dieser Volksgruppe ist. Bis dahin hab ich geglaubt, wir sind einfach Vollblut-Serben. „Und daher wollte ich mehr darüber wissen, hab gefragt, viel gelesen und war auch bei Roma-Jugendkonferenzen und Treffen in Barcelona, Duisburg, Berlin und Mazedonien. Und ich hab dann auch begonnen über das Romano Centro Kindern Nachhilfe zu geben, zeitweise acht Kindern gleichzeitig.“
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Stefan Spataru zu seinem „Outing“: „Ich hab’s eines Tages wie aus heiterem Himmel erfahren, man sieht’s mir ja nicht aufs erste an. Ich hab dann meine Schwester gefragt, was sind eigentlich Roma?“ Von seinen Eltern erfuhr er’s nicht, kann daher leider auch die Sprache Romanes nicht, allerdings fließend Rumänisch. Aber seit ich weiß, dass wir Roma sind, interessiere ich mich sehr für die Geschichte und die Kultur, jetzt muss ich das halt alles erst nachträglich stückweise erfahren.“

Gedenkfeier am Ceija-Stojka-Platz
Dikh he na bister! Schau und vergiss nicht!

2. August 2017, 18 – 20 Uhr
1070, Ceja-Stojka-Platz

www.romano-centro.org

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