Biomedizin, Wirtschaftsinformatik und viele Sprachen
Kürzlich feierten mehr als zwei Dutzend junge Menschen ihre Schul- bzw. Studienabschlüsse. Zur feierlichen Zeremonie eingeladen hatte die Interessengemeinschaft der afghanischen SchülerInnen und Studierenden (IGASUS) ins Verkehrs-, Innovations- und Technologie-Ministerium in der Radetzkystraße, mit dabei Staatssekretärin Muna Duzdar.
Chancen und Ressourcen nutzen!
Lasst uns jede Chance auf Bildung ergreifen und Vorbilder für andere sein. Lasst uns immer kritisch und offen auf neue Themen zugehen. Und zu guter Letzt: Lasst uns Gemeinsamkeiten statt Unterschiede zwischen den Menschen hervorheben. Denn nur so bleibt Österreich unser gemeinsames, lebenswertes Zuhause“, meinte stellvertretend für die Absolvent_innen Mojtaba Tavakoli von der Interessensgemeinschaft.
Interviews
Der Kinder-KURIER sprach mit zwei jungen Absolvent_innen, einer FH-Master-Studentin, die zuvor ihren – englischsprachigen - Bachelor an einer anderen Wiener Fachhochschule gemacht hatte und einem WU-Studenten, der im Vorjahr in Bregenz an der Handelsakademie maturiert hatte.
Zuerst wusste sie nach der Matura im Gymnasium Ettenreichgasse nicht so recht, was sie studieren wollte, „ich hab dann zuerst mit IBWL – internationaler Betriebswirtschaftslehre – begonnen, bin da aber nicht so gut vorangekommen.“
Vielsprachig
Ihr Masterstudium am FH Campus absolviert sie berufsbegleitend – „im Familienunternehmen von meiner Mama, einem Dolmetsch-Unternehmen mit Englisch, Französisch, Dari/Persisch, Hindi und Urdu. Meine Mama kann auch noch Paschto, das hab ich dann nicht mehr gelernt.“ Die Vielsprachigkeit „kommt eigentlich von meinem Großvater. Der war ein Afghane und viel auf Geschäftsreisen in Indien, deswegen konnte er diese Sprachen. Meine Mama hat die von ihm gelernt und wir Kinder sie von ihr.“ Mit Dari und Deutsch war Rokhsar Ahadyar vor einigen Jahren beim mehrsprachigen Redebewerb „SAG’S MULTI!“ angetreten.
„Die Absolvent_innen-Feier hat mir sehr gefallen, weil meine ganze Familie da war, und es so eine Positiv-Stimmung gegeben hat“, freut sich Rokhsar Ahadyar. Afghanen kommen in der Öffentlichkeit ja meist nicht gut weg.
Computer-Doktor
In Afghanistan hat er nur die Grundschule absolvieren können, „so musste ich in Bregenz nicht nur Deutsch lernen, sondern auch in Fächern wie Mathematik einiges nachholen. Aber wenn man wirklich lernen will, geht das schon. Zuerst hab ich Deutschkurse und den Hauptschulabschluss gemacht und dann bin ich in die Handelsakademie gekommen. Mathe hab ich auch schon in Afghanistan gern gehabt und für Computer hab ich mich schon lange interessiert. In Bregenz sind dann auch viele Kollegen zu mir gekommen, wenn sie sich mit einem Programm oder dem Betriebssystem nicht ausgekannt haben oder irgendwas mit dem Computer nicht funktioniert hat.“
Die ersten Jahre in Bregenz war’s nicht so ganz leicht, „ich hab' zuerst in der ersten Instanz einen negativen Bescheid bekommen und musste drei Jahre warten bis ich dann endlich subsidiären Schutz und noch einmal drei Jahre später einen Aufenthaltstitel bekommen habe.“ Außerdem musste er gleich zwei Versionen von Deutsch lernen – „Hochdeutsch und Vorarlbergerisch“, was er - verständlicherweise – anfangs für zwei verschiedene Sprachen hielt.
Agazia Nabizada wird die nunmehrigen Sommerferien für Uni-Kurse nutzen, „damit ich schneller vorankomme – da kann ich dann schon im Oktober Prüfungen machen“. Sein Lieblingsort fürs Lernen „ist die Bibliothek der Wirtschaftsuni - die ist wirklich modern und es gibt eine gute Lern- und Arbeitsstimmung dort“.
* Bildungsberatung für Flüchtlinge aus Afghanistan
* Vorstellung des Schulsystems für die SchülerInnen und ihre Eltern
* Magazin in zwei Sprachen, um aktuellen Themen zu diskutieren
* Nachhilfepool für die bedürftigen SchülerInnen und StudentInnen aus Afghanistan sowie die oben schon genannten
* AbsolventInnen-Zeremonien
„Wir möchten vor allem Vorzeige-SchülerInnen und Studierende präsentieren, um dagegen zu kämpfen, dass im Moment verallgemeinert wird, dass Flüchtlinge spezielle solche aus Afghanistan, nichts Gescheites machen“, meinte Asif Safdary von IGASUS.
Er selbst kam als rund 14-Jähriger allein auf sich gestellt (UMF - Unbegleiteter Minderjähriger Flüchtling), absolvierte die HTL-Ottakring (Wien), übersprang die ersten beiden Semester an der FH-Campus und arbeitete neben dem Studium schon in der IT-Abteilung einer Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsfirma, schloss sein Bachelor-Informatik-Studium (IT Security) ab, arbeitet seit zwei Jahren als System-Ingenieur bei einem internationalen Dienstleistungsunternehmen in Wien. Schon in seiner Schulzeit unterrichtete er „nebenbei“ via Skype, Laptop und White Board seine Geschwister in einem Flüchtlingslager in Pakistan.
Zu einer Geschichte über Asif Safdary und zwei andere junge Flüchtlinge, die als filmische Kurzporträts – von einem jungen Filmemacher – auf der Homepage des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) erschienen sind, geht es hier
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