Italien: Haben Frauen mit Regelschmerzen bald frei?

In Italien könnten menstruierende Frauen bald frei haben.
Ein Gesetzesentwurf gesteht Frauen, die unter Regelschmerzen leiden, drei Tage bezahlten Urlaub zu.

Italien könnte in puncto Menstruationsurlaub bald eine Vorreiterrolle einnehmen. Derzeit diskutiert das Parlament einen Gesetzesentwurf, der Unternehmen dazu verpflichten würde, weiblichen Angestellten bis zu drei Tage Menstruationsurlaub pro Monat zu gewährleisten. Voraussetzung dafür ist, dass die betroffenen Frauen mittels ärztlichem Attest belegen, dass sie unter starken Beschwerden leiden. Das berichten unter anderem der britische Independent, das Magazin Time und die Huffington Post unter Berufung auf italienische Zeitungen.

Vorgelegt wurde der Entwurf von vier weiblichen Mitgliedern der Demokratischen Partei (Partito Democratico, kurz PD). Wie die römische Tageszeitung Il Messagero berichtet, könnte dieser noch in den kommenden Monaten abgesegnet werden.

Sollte das Gesetz tatsächlich beschlossen werden, wäre der Mittelmeerstaat damit das erste westliche Land, welches Menstruationsurlaub flächendeckend einführt. In Teilen Chinas, Indonesiens, Japans und Südkoreas gibt es bereits ähnliche Gesetze – eine Handvoll Konzerne, wie beispielweise Nike oder das britischen Unternehmen Coexist, ermöglichen Mitarbeiterinnen ebenfalls eine bezahlte Abwesenheit während der Regel (mehr dazu hier).

Förderlich oder frauenfeindlich?

International wird das Konzept des Menstruationsurlaubs kontrovers diskutiert – auch von Frauen. So fürchten viele, dass derartige Gesetze zu einer weiteren Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt führen könnten. Aufgrund der durch den bezahlten Sonderurlaub entstehenden wirtschaftlichen Verluste, könnten Firmen dazu verleitet werden Männer bei der Einstellung zu bevorzugen. Die Journalistin Lorenzsa Pleitri schreibt dazu in der Frauenzeitschrift Donna Moderna: "Arbeitgeber könnten sich künftig noch stärker dazu veranlasst sehen Männer statt Frauen einzustellen."

Eine derartige Entwicklung wäre im Sinne einer fortschreitenden Gleichberechtigung von Mann und Frau am Arbeitsmarkt fatal – vor allem für Italien. Das Land weist im Europa-Vergleich einen besonders niedrigen Frauenanteil am Arbeitsmarkt auf. Nur 61 Prozent aller Italienerinnen sind berufstätig, damit liegt man weit unter dem EU-Schnitt von 72 Prozent. Einer Studie des italienischen Statistikamtes ISTAT zufolge ist das zum Teil auf die geringe Wiederbeschäftigungsrate nach der Karenz zurückzuführen. Laut ISTAT werden rund ein Viertel aller Frauen während oder unmittelbar nach ihrer Schwangerschaft entlassen, und das obwohl eine derartige Vorgehensweise gesetzlich verboten ist.

Während der geplante Menstruationsurlaub also in jedem Fall eine Erleichterung für viele Frauen sein könnte, steht damit auch die Chancengleichheit von Mann und Frau am Arbeitsmarkt auf dem Spiel. Die Lohnschere könnte weiter ausgebaut statt geschlossen werden. Zudem könnten derartige Gesetze die Stigmatisierung der Periode vorantreiben und das Stereotyp der durch die Regel emotional gebeutelten Frau verstärken, wie die Feministin Miriam Goi in einem Artikel für Vice schreibt.

Was Regelschmerzen auslöst

Das Thema Regelschmerzen wird nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wissenschaft intensiv diskutiert. 2016 fanden US-Wissenschafter ein Protein, das Symptome wie Bauchkrämpfe auslöst. Bei der Untersuchung von 3.302 Frauen entdeckten sie, dass im Blut von Frauen das Protein CRP zu finden ist – ein Hinweis auf Entzündungen im Körper. Prämenstruelle Symptome sowie Bauchkrämpfe, Rückenschmerzen, Heißhunger, Gewichtszunahme, Blähungen, Brustschmerzen oder Müdigkeit stehen laut den Studienautoren in engem Zusammenhang mit dem Protein CRP (C-reaktives Protein). Anders verhält es sich bei Migräne und sonstigen Kopfschmerzen. Hier konnte kein Zusammenhang festgestellt werden (mehr dazu hier).

Forscher der US-amerikanischen National Institutes of Health (NIH) haben kürzlich im Zuge eines Hormonexperiments die Ursache der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS), einer starken Form des prämenstruellen Syndroms (PMS), entdeckt. Die genaue Ursache der psychischen und physischen Symptome galt bisher als nicht vollständig geklärt. Vermutet wurde, dass dabei eine empfindliche Reaktion auf Hormonschwankungen im Körper eine Rolle spielt. Eine Forschergruppe der National Institutes of Health (NIH) konnte zeigen, dass bei den betroffenen Frauen bestimmte Gene fehlreguliert sind, weshalb ihre Körperzellen auf die Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron übermäßig stark reagieren. Mit Psychosomatik, Einbildung oder Überbetonung der Schmerzen, die Frauen immer wieder unterstellt werden, haben die Beschwerden also nichts zu tun.

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