Darum küssen sich Menschen in der Öffentlichkeit
Sich öffentlich mit Zärtlichkeiten zu überhäufen, kann, muss aber nicht unbedingt auf innige Gefühle zwischen den Akteuren hindeuten. Eine aktuelle Studie der University of Kansas ergab, dass häufig die individuelle Imagepflege ausschlaggebend für das Zurschaustellen von körperlicher Nähe ist. Die Untersuchung ergab konkret, dass viele junge Pärchen sich vor anderen liebkosen, um damit anzugeben.
Die 349 (155 Frauen und 194 Männer) befragten Studenten waren zwischen 17 und 35 Jahre alt, der Altersdurchschnitt lag jedoch bei nur 18 Jahren. Zudem waren 96 Prozent der Befragten heterosexuell. Damit trifft man mit den Erkenntnissen der Studie, die im Journal of Sex Research publiziert wurde, nur Aussagen über ein relativ kleines Alters- und Beziehungssegment.
Als "Liebkosung" wurden in der Studie folgende Aktivitäten definiert: Küsse auf den Mund, mit und ohne Zunge, sowie Berührungen der Brüste (bei Frauen) und des Hinterteils (bei beiden Geschlechtern). Im Zuge der Untersuchung stellte sich zunächst heraus, dass 37 Prozent der Männer und 32 Prozent der Frauen regelmäßig ihre Liebe öffentlich zeigen.
Image geht auch beim Küssen vor
Bei den Gründen für die öffentlichen Liebesbekundungen sind sich die Geschlechter einig: Für die Mehrheit der Befragten geht es darum, "das eigene Image oder den eigenen Status zu verbessern, in dem man zeigt, dass man eine bestimmte Person küssen und berühren kann". Bei einer detaillierteren Analyse der Befragungen zeigte sich jedoch, dass es sehr wohl Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt - und zwar was das gewünschte Image betrifft. So gaben 38 Prozent der Männer an, dass öffentliche Liebesbekundungen sie "wie ein Frauenheld" wirken lassen und ihnen "mehr Anerkennung" verschaffen.
Bei den weiblichen Studienteilnehmerinnen stand ein ganz anderes Motiv im Zentrum: Sie wollten andere Frauen damit eifersüchtig oder neidisch machen. Geteilte Motive zwischen Männern und Frauen waren zudem das Angeben mit der eigenen Beziehung, Spaß zu haben und mit der betreffenden Person zusammenzukommen.
Keine Gleichberechtigung bei öffentlicher Liebe
Doch öffentliche Liebkosungen sind haben nicht nur positive Konnotationen. Für Frauen sind sie auch mit der Angst vor sozialer Ächtung verbunden, wie die Studie ergab. Während diese Angst für Männer nicht nachvollziehbar ist, sehen Frauen diesen Aspekt als bedenklich. Überraschend ist das nicht, wie die Psychologin und Beziehungsforscherin Dr. Nicole Martinez gegenüber der Online-Plattform Broadly erklärt.
Die durch gesellschaftliche Normen verursachte Doppelmoral offenbare sich vor allem darin, dass „Frauen aller Altersgruppen, die in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten austauschen, oder diese initiieren, anders gesehen werden als Männer, die dasselbe tun“, so Martinez. Die aktuellen Forschungserkenntnisse würden diese unterschiedlichen und problematischen Bewertungsmaßstäbe unterstreichen, so die Forscher in der Zusammenfassung der Studie.
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