"Ich weiß, wie es ist ...": Der Podcast, der das Tabu Psyche bricht
Wissen Sie, wie es ist, eine Depression zu haben? Wissen Sie, wie es ist, diskriminiert zu werden? Wissen Sie, wie es ist, nach einem schweren Schicksalsschlag wieder neu anfangen zu müssen? Wahrscheinlich kann jede und jeder von uns zumindest eine dieser Fragen mit einem Ja beantworten. Wir alle leben. Wir alle erleben – nicht immer nur Schönes und Positives. Doch wie sieht es aus, wenn es darum geht, offen darüber zu sprechen und das Erlebte und Gefühlte zu teilen?
Die 38-jährige Natalie will mit dem Tabu und dem Schweigen brechen. Sie ist eine zierliche Frau, die viel Wärme und Güte ausstrahlt. Natalie lebt heute in der Steiermark in einem kleinen Holzhäuschen, das von Wald und Natur umgeben ist. Genauso wollte sie es. Einen Ort zum Wohnen, an dem sie den ständigen Bewertungen der Gesellschaft nicht mehr ausgesetzt ist. Natalie „muss mit Depressionen leben“, so formuliert sie es. Die wenigsten Menschen hätten eine Vorstellung, was das im Alltag und für das Umfeld bedeutet.
Alle zwei Wochen gibt es eine neue Folge von „Ich weiß, wie es ist“. Zu finden auf kurier.at/podcasts und in allen Podcast-Apps.
„Je mehr ich gearbeitet habe, je mehr ich mich abgelenkt habe, desto weniger habe ich gewusst, wie traurig ich eigentlich bin. Ich habe mit vielen Dingen Probleme, mit denen gesunde Menschen keine Probleme haben“, erzählt sie. Das Schlafen fällt nicht leicht, spontane Unternehmungen sind oft nicht möglich und das Aufstehen in der Früh kann zum Kraftakt werden. Die Ängste und negativen Gedanken begleiten einen ständig, sagt Natalie. Für „Ich weiß, wie es ist“ blickt sie auf ihr Leben zurück, gibt bewegenden Einblick in die Vergangenheit und die Gegenwart.
Eine von vielen
So wie Natalie geht es vielen Menschen - vor allem seit oder auch durch die Coronakrise. Laut einer Untersuchung der Donau Universität Krems hat sich allein die Häufigkeit von depressiven Erscheinungen bereits zu Beginn der Pandemie von rund fünf auf etwa 25 Prozent erhöht.
In einer im Oktober 2022 durchgeführten Befragung des Gallup Instituts gaben rund 40 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen an, Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen wie Depression, Angststörung oder Burn-out zu haben. Rund 900.000 Menschen in Österreich nahmen 2022 das Gesundheitssystem wegen psychischer Erkrankungen in Anspruch. Diese Anzahl basiert auf Medikamenten- und Krankenstandsdaten, stationären Aufenthalten, ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlungen.
Wenn man Regina heute fragt, rät sie vor allem, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Von außen betrachtet war Regina ein Vorbild, eine Powerfrau; eine erfolgreiche Juristin und in ihrer Freizeit sogar ehrenamtlich tätig. Doch als zu der 60-Stunden-Arbeitswoche auch noch die Erkrankung ihrer Mutter hinzukommt, wird alles zu viel. Nicht auf einmal, aber schleichend. „Wenn ich jetzt zurückdenke, frage ich mich, ob ich mich vielleicht zu stark um andere gekümmert habe, anstatt um mich.“
Im Jahr 2011 wird ihr eine Erschöpfungsdepression diagnostiziert – im Volksmund auch als Burn-out bekannt. „Und dann kam irgendwann der Punkt, wo ich dachte: Jetzt muss ich mich auch endlich selbst retten.“ Es folgten stationäre Aufenthalte, viel Therapie sowie das Umkrempeln ihres Lebens, bis es ihr wieder besser ging.
Ein falscher Schritt
Für Walter änderte sich sein Leben schlagartig, als er kopfüber von einem Dach dreieinhalb Meter in die Tiefe stürzte. „Ich habe gleich nach dem Fall die Hälfte meines Körpers nicht mehr gespürt. Das hat sich angefühlt, als würde das Leben aus mir weichen“, erinnert sich der gelernte Zimmermann zurück. Seine Frau ist damals im dritten Monat schwanger. Sie haben große Schulden, weil sie kurz davor ein Haus gekauft haben. Wie es weitergehen soll, wusste Walter damals nicht. Das ungeborene Kind gab ihm einen Lichtblick, die Gespräche mit seiner Frau und seinem sozialen Umfeld halfen ihm mit der Zeit, seine Situation zu akzeptieren und zurück ins Leben zu finden. Der Weg war kein einfacher, doch Walter hat es geschafft und sich ein komplett neues Leben aufgebaut.
Mittlerweile ist er mehrfacher Paralympics-Sieger und bezeichnet sich als einen der glücklichsten Menschen Österreichs. „Seit meinem schweren Unfall betrachte ich das Leben aus einer ganz anderen Perspektive“.
Die Geschichten von Natalie, Regina und Walter sowie von vielen mehr hören Sie in den nächsten Wochen und Monaten im neuen Podcast „Ich weiß, wie es ist“.
Wir kennen wohl alle eine Person, die eine außergewöhnliche, bewegende oder von Krisen gezeichnete Lebensgeschichte hat. Doch die wenigsten der Betroffenen reden offen darüber. Das zu ändern, war der Grundgedanke für den Podcast „Ich weiß, wie es ist“.Unser Podcastteam trifft Menschen, die bereit sind, über ihr Leben zu reden. Darüber, wie alles angefangen hat, an welcher Stelle sie am tiefsten Punkt waren, wie sie ihr Schicksal bewältigt haben und was ihnen geholfen hat.
Die Interviews
Die Redakteurinnen besuchen die Menschen entweder zu Hause oder laden sie in unser Podcast-Studio ein – je nachdem, wo sie sich wohler fühlen. Wir interviewen außerdem nur jene, die sich dabei gut fühlen, wenn sie über ihre vergangenen Krisen und Schicksale sprechen.
Bei den Interviews gehen die Journalistinnen stets behutsam vor und lassen genug Zeit, um den schwierigen Themen ihren Raum zu lassen. Jede Folge wird den Interviewten zur Freigabe vorgelegt. Alle zwei Wochen erscheint eine neue Folge. Es entstehen wahre Geschichten, die Hörer und Hörerinnen mit auf eine Reise durch ein ganzes Leben nehmen. Die Geschichten sollen Mut machen und anderen zeigen, dass sie mit ihren Problemen nicht allein sind.
Der Podcast soll aber auch Sensibilität für Erkrankungen und Betroffene schaffen. Wenn Sie selbst eine tiefgreifende Erfahrung gemacht haben und davon erzählen wollen oder eine Person kennen, die über ihre Erfahrungen reden will, dann melden Sie sich vertraulich per E-Mail unter
ichweisswieesist@kurier.at.
Kommentare