Warum Sportlerinnen das Training auf ihren Zyklus abstimmen sollen
Besonders glücklich war das englische Fußballnationalteam nicht, als es bei der EM ganz in Weiß auflaufen musste. „Weiß ist nicht sehr praktisch, wenn wir uns in dieser Zeit des Monats befinden“, kommentierte Torschützin Beth Mead kürzlich die wenig periodenfreundlichen Hosen.
Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass der weibliche Zyklus im Sport öffentlich thematisiert wird. „Ich wünschte, ich wäre auf dem Platz ein Mann“, brachte es die chinesische Tennisspielerin Zheng Qinwen nach ihrer French-Open-Niederlage auf den Punkt. Wegen ihrer Regelschmerzen, erzählte die Nummer 47 der Weltrangliste, habe sie im Achtelfinale gegen Iga Swiatek nicht die gewünschte Leistung abrufen können.
Wie Qinwen müssen sich Spitzenathletinnen nicht nur am großen Matchtag mit regelbedingten Symptomen wie Unterleibsschmerzen oder Schwindel plagen. Der weibliche Zyklus kann auch Verletzungsanfälligkeit und Regeneration beeinflussen – und so die sportliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Irritationen
Dennoch ist die Menstruation ein in der Sportwelt wenig wahrgenommenes Thema. Nur eine Handvoll Spitzensportlerinnen sprachen sie bei der Nachbetrachtung ihrer Leistung bisher öffentlich an. Die chinesische Schwimmerin Fu Yuanhui erlangte etwa bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio weltweite Aufmerksamkeit, als sie sagte, sich wegen ihrer Periode schwach zu fühlen.
Engagement des Trainers oder der Trainerin
Die neuseeländische Golferin Lydia Ko wiederum brachte unlängst einen Reporter mit einem Hinweis auf ihre Monatsblutung aus dem Konzept. Die mediale Debatte, die Athletinnen an der Weltspitze lostreten, sieht die Sportpsychologin Andrea Engleder als wichtigen Schritt zur Enttabuisierung: „Es hilft sehr, damit die Periode ernstgenommen und nicht im geheimen Kämmerchen besprochen wird.“ Insgesamt, sagt sie zum KURIER, sei die Menstruation in der Sportpsychologie in den vergangenen zehn Jahren viel mehr Thema geworden. Weil es heute mehr Frauen in Trainerpositionen gibt, „fällt es den Athletinnen leichter, darüber zu sprechen und sie in die Trainingssteuerung einzubinden“. Ob es der weibliche Zyklus tatsächlich in den Trainingsplan schafft, hänge aber weitgehend vom persönlichen Engagement des Trainers oder der Trainerin ab; in der Grundausbildung hat die Periode noch kaum Platz gefunden: „Das ist noch in der Anfangsphase und wird nur sehr vereinzelt gemacht. Es ist weder systemisch noch selbstverständlich.“
Grund dafür ist auch, dass Frauen in sportwissenschaftlichen Studien chronisch unterrepräsentiert sind. Hormonelle Verhütungsmittel oder Hormonschwankungen während des Zyklus werden dort noch immer als Störfaktor gesehen. So bleibe laut Engleder „einiges an Wissen über den weiblichen Körper auf der Strecke“. Dazu kommt, dass es schwierig ist, auf Leistungssportlerinnen spezialisierte Gynäkologinnen und Gynäkologen zu finden.
Von Männern für Männer
„Der Sport hat noch immer sehr stark patriarchale Strukturen“, fasst die Sportpsychologin zusammen. Entscheidungen werden – wie in anderen Gesellschaftsbereichen – vorrangig von Männern für Männer getroffen – und auf Frauen leicht verändert übertragen. Nur mit mehr Frauen in den Top-Ebenen würde es selbstverständlich, Sportlerinnen in Entscheidungen, die sie betreffen, miteinzubeziehen – auch ohne medialen Druck.
In Studien zeigten Frauen unterschiedliche Leistungen innerhalb ihres Zyklus. Der Trainingsplan sollte entsprechend angepasst werden. Neue Belastungsreize sollten in den ersten zwei Wochen des Zyklus, der Follikelphase, gesetzt werden.
In der zweiten Phase, der Lutealphase, weist der weibliche Organismus bereits Zeichen von erhöhtem körperlichen Stress auf. Dann sollten keine Trainingsbelastungen, sondern eine Stabilisierung des Leistungsniveaus und Regeneration im Fokus stehen, wie eine Studie der Athletiktrainerin Saba Shakalio zeigt
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