Warum Goldfische nicht im Kugelglas gehalten werden dürfen
Der Rundkurs macht sie verrückt: Sich in einer kleinen Schüssel ständig im Kreis zu drehen, treibe Goldfische in den Wahnsinn und töte sie schnell. Mit diesem Argument hat sich Frankreichs führender Anbieter von Heimtierbedarf entschlossen, den Verkauf von Kugelaquarien einzustellen. AgroBiothers werde nur noch eckige Wasserbehälter mit mehr als 15 Litern Fassungsvermögen anpreisen, teilte das Unternehmen aktuell mit.
In Österreich verboten
„Es gibt eine Nachfrage nach Goldfischgläsern, aber die Realität ist, dass wir Kindern die Möglichkeit bieten, die Fische langsam sterben zu sehen“, kommt CEO Matthieu Lambeaux zur späten Einsicht. Noch im Vorjahr setzte der französische Marktführer ca. 50.000 derartige Fischgläser ab. In vielen europäischen Ländern, darunter Österreich, sind diese Schmalspur-Gefäße längst per Gesetz verboten, in Frankreich fehlen entsprechende Regelungen.
„Hierzulande schreibt die Tierhalteverordnung die Aquariengröße vor. Kugelbecken sind überhaupt nicht zeitgemäß. Sie haben gar keine Technik; keine Filter, keine Pumpen“, sagt KURIER-Tiercoach Katharina Reitl, Zoodoc in der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Auch Einzelhaltung ist problematisch. Goldfische sind soziale Tiere. Ohne Gesellschaft von Artgenossen erreichen sie selten das Höchstalter von bis zu 30 Jahren. „In den winzigen Schalen sterben sie oft innerhalb von Wochen oder Monaten“, stellt AgroBiothers jetzt fest – und das Sortiment um.
Nachfrage besteht
„Rundgläser sind bei uns generell verboten“, sagt Michael Koch vom Zierfisch Zentrum Austria in Wien. Hin und wieder gebe es Nachfrage, man komme ihr einfach nicht nach. Ein Goldfisch braucht mindestens 500 Liter Kaltwasser. „Viele Fischarten sind sinnvoller zu halten“, schließt der Experte.
Schillernde Haustiere
Tatsächlich sind Goldfische die ältesten Haustiere. Die schillernden Taucher wurden einst ohne direkten wirtschaftlichen Nutzen gezüchtet und eroberten von China aus die Welt. Noch heute erfreuen sie sich großer Beliebtheit. Nicht nur daheim, sondern auch in Teichen. Dort sind sie besser aufgehoben. Entkommt Carassius gibelio forma auratus allerdings, kann der Allesfresser aus der Familie der Karpfenfische großen Schaden anrichten. Durch seine Anpassungsfähigkeit, seine Nahrungstoleranz und seine starke Fortpflanzung hat er das Zeug, heimische Arten zu verdrängen. Der Naturschutzbund führte den Goldfisch 2019 denn als „Alien des Jahres“.
Goldfisch am Auto
Für die Wissenschaft ist der Zierfisch durchaus interessant. Erst kürzlich erteilten israelische Forscher sechs Goldfischen Fahrstunden. Die schuppigen Tiere im Wassertank konnten ein kleines Roboterauto mittels Sensoren steuern; es folgte der Richtung, in die der Pilot schwamm. Die Studie sollte prüfen, ob Wasserbewohner in der Lage sind, sich an Land zu orientieren. Die Versuchskaninchen „begreifen sehr schnell, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen ihrer Bewegung und der Bewegung der Maschine, in der sie sich befinden“, schildert Shachar Givon von der Ben-Gurion-Uni. Manch Fisch drehte seine Runden übrigens besonders geschickt.
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