Tradwife-Trend: "Frauen werden für alles kritisiert, egal wofür sie sich entscheiden"

Tradwife-Trend: "Frauen werden für alles kritisiert, egal wofür sie sich entscheiden"
In den sozialen Medien inszenieren Influencerinnen konservative Rollenbilder und unbezahlte Care-Arbeit. Eine Kulturwissenschafterin über das Phänomen "Tradwives".

Für Estee Williams ist die Arbeitsteilung klar: Der Mann geht arbeiten, die Frau schmeißt den Haushalt. Sie ist eine selbsternannte "Tradwife", also eine "traditionelle Ehefrau", ein Begriff, der schon länger in den sozialen Medien kursiert. Frauen wie Williams, viele aus den USA und mit erzreligiösem Hintergrund, kochen, putzen und erziehen vor einem Millionenpublikum. Die Kulturwissenschaftlerin Evke Rulffes hat sich mit der historischen Entwicklung der Hausfrau beschäftigt.

KURIER: In den sozialen Medien inszenieren sich "Tradwives“ oder "Stay at home Girlfriends“ als konservative Hausfrauen und sprechen damit ein großes, junges Publikum an. Warum?

Evke Rulffes: Die Tradwives sind eindeutig dem rechten Lager zuzuordnen. Einerseits wissen rechte Parteien, die solche Inhalte verbreiten, die sozialen Medien gut für sich zu nutzen. Andererseits ist das Thema Mutterschaft in den sozialen Medien ohnehin sehr präsent. Außerdem sind Mütter auch heute noch einer Mehrfachbelastung ausgesetzt. Vielleicht fällt es ihnen leichter, sich gegen den Druck der Erwerbsarbeit zu entscheiden und die Care-Arbeit zu zelebrieren. Vielleicht wollen manche ihre Entscheidung auch rechtfertigen und betonen deshalb besonders, dass sie sich als Tradwife identifizieren.

In den Medien wird bereits die Rückkehr der Hausfrau beschworen. Ist das wirklich so?

Ich hoffe, dass das nur Einzelfälle sind. Der Jugendpsychiater Michael Schulte-Markwort spricht allerdings schon länger von "mutlosen Mädchen", die miterlebt haben, wie ihre Mütter an der Mehrfachbelastung zerbrochen sind und die sich dann selbst ganz aufgeben. Sich dann für die Hausfrauenrolle zu entscheiden, ist nachvollziehbar, löst aber das Problem nicht.

Tradwives werden viel beachtet, aber auch viel kritisiert. Ihr Lebensentwurf schade dem Feminismus, so der Vorwurf. Können Sie das nachvollziehen?

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