Tiercoach: Das Tierwohl muss mehr zählen als das Aussehen
Oft ist es Liebe auf den ersten Blick. Da kommt ein süßer Vierbeiner des Weges und erobert die Herzen im Sturm. Der Wunsch nach einem Haustier nimmt konkrete Formen an. Doch das Aussehen ist nicht alles, jede Rasse hat ihre Eigenheiten und so manche eine gesundheitliche Schwachstelle.
„Ein Hund ist nicht ein Hund, eine Katze nicht eine Katze, erst bei Kleintieren sind die Unterschiede nicht mehr so krass“, sagt Zoodoc Katharina Reitl. Der KURIER-Tiercoach erklärt, worauf es bei der Entscheidung für ein Haustier mit Fell ankommt und welche Zuchtmerkmale problematisch sein können.
Zahnfehlstellungen bis Hörvermögen
„Gerade bei so genannten Begleithunden gibt es angezüchtete Erscheinungsbilder, die in Widerspruch zur Natur stehen“, sagt Reitl. Extreme Kurzschnäuzigkeit etwa begünstigt Zahnfehlstellungen. Der kleine Kopf bietet zudem nicht genügend Platz für die Zunge, Gaumen- und Kehlkopfbereich sind oft deformiert. Ständige Atemnot ist die Folge. Treten die Augen überproportional hervor, begünstigt die exponierte Stellung Entzündungen. Faltohren – bei Hunden wie Katzen – verstärken ebenfalls das Kindchenschema, doch die Knorpel- bzw. Knochenschäden treten häufig auch an anderen Körperstellen auf und verursachen dauerhaftes Leid. Zudem beeinträchtigt das eingeschränkte Hörvermögen die Kommunikation.
Übermäßige Hautfalten wiederum, die sich nicht auswachsen, fördern Pilzerkrankungen. Ein besonders weiches Fell oder gar nackte Haut schützen nicht ausreichend vor Kälte und UV-Strahlen. Mitunter liegt die Veranlagung zu Hüftdysplasie, Krebs und Herz-Problemen in den rassespezifischen Genen.
„Bei manchen Rassen besteht die Gefahr, dass die Zucht in die falsche Richtung geht“, sagt die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn. Die festgeschriebenen, charakteristischen Merkmale grenzen an Qualzucht. Werden die Schönheitsideale übertrieben betont, wird die rote Linie schnell überschritten. „Es geht nicht darum, eine ganze Rasse zu verteufeln. Der Besitzer sollte aber noch größeres Augenmerk auf den Stammbaum legen“, sagt Reitl.
Seriöse Züchter sorgen möglichst dafür, keine kranken Tiere in die Welt zu setzen; dubiosen Quellen geht es in erster Linie ums Geld. Der Halter ist gefragt. Denn mit den gesundheitlichen Problemen der Vierbeiner handel er sich nicht nur ein pflegeaufwendigeres Haustier ein, sondern auch höhere Tierarztkosten. Engmaschige Kontrollen in der Vorbeugung und laufende Therapien verursachen zusätzliche Kosten.
„Es wird immer wieder Tiere geben, die krank werden. Aber das große Zuchtziel muss ein gesundes Tier sein“, richtet sich der KURIER-Tiercoach an die Anbieter von Welpen. Den Käufern rät Katharina Reitl: „Stellen Sie das Aussehen nicht über die Gesundheit.“
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