Tauben in der Stadt: Vergiften verboten, Füttern ebenso
Jeder Überflieger, der zu gegebener Zeit auf der Zählstelle landet, wird registriert. Zudem fließen die Erfahrungen von Experten sowie Berichte aus der Bevölkerung mit ein. In der aktuellen Hochrechnung kommt das Wildtierservice Wien auf 50.000 bis 60.000 Stadttauben auf rund 415 km². Eine farbige Beringung je nach Bezirk und Jahr von eingefangenen Exemplaren lässt zusätzlich Rückschlüsse auf das Leben der gefiederten Großstädter – geliebt oder gehasst – zu.
Artenvielfalt in der Stadt
„Egal wo, Tauben gehören zum Stadtbild. Sie würden nicht nur optisch fehlen, sondern auch in der Biodiversität“, sagt Günther Annerl vom Wildtierservice Wien. Tatsächlich ist nicht die Gesamt-Population der Felsentauben-Verwandtschaft das Problem zwischen den Häuserfluchten, vielmehr sind es die Hotspots, die durch allzu üppiges Anfüttern entstehen. Auf einem Kinderspielplatz – wie etwa im 10. Bezirk am Reumannplatz – haben 200 Vögel, die wegen falscher Ernährung noch dazu an Durchfall leiden, nichts verloren. Auch anderenorts verdreckt und verärgert das menschengemachte Massenaufkommen.
Umstrittene Maßnahmen
„Tauben zu vergiften, ist definitiv verboten. Sie können zu einer Belästigung werden, sind aber keine Schädlinge“, sagt Christian Fellner von der Tierschutzombudsstelle Wien. Der Tierarzt weiß, wie schwierig es ist, steuernd in die Verbreitung des Federviehs einzugreifen; nicht zuletzt weil freie Plätze rasch nach besetzt werden. Die Fortpflanzung – bis zu sechs Mal im Jahr je zwei Eier – mittels Pille zu unterbinden, führt nicht zum Ziel. Das zeigte sich bereits in den 1990er-Jahren. Es ist nicht nur heikel, Hormonpräparate in die Umwelt einzubringen, auch die Treffsicherheit mangels Dosiermöglichkeit fehlt.
„Wanderfalken wären richtige Taubenfeinde. Doch die jagen im Flug, und Tauben bringen sich in Mauernischen in Sicherheit“, entkräftet Fellner eine Maßnahme, auf die etwa Bochum setzt. Turmfalken, wie sie in Wien flächendeckend fliegen, verputzen lieber Mäuse, Singvögel und Heuschrecken.
Lösung setzt beim Menschen an
„Im Endeffekt wird zu oft nicht artgerecht gefüttert“, sind beide Experten einig: „Man muss am Menschen ansetzen, um das Problem zu lösen.“
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