Woll-Lust: Ich will das, ich will dich!
Klar, das ginge alles schneller – doch die Idee dieser Übung ist eine tiefe, achtsame Erfahrung des Genussmoments. Dieses „Im-Augenblick-sein-Können“ hat auch viel mit gutem Sex zu tun. Je präsenter wir sind, desto intensiver werden wir fühlen und erleben. Nix Huschpfusch, sondern ab in die Tiefen des Spürsinns. Mit Haut, Haar und allen uns zur Verfügung stehenden Sinneszellen und „Fühl“-Nerven. Eine Frage der Übung, zumal wir gewohnt sind, das Leben und Lieben im Eiltempo zu konsumieren. Ich will alles, und das sofort, meist gleichzeitig. Während wir vögeln, kann es dann schon einmal sein, dass wir gedanklich in die letzte Folge der vorletzten Staffel unserer Lieblingsserie abgleiten und uns einfällt, dass wir diesen Sommer lieber in die Berge statt ans Meer fahren wollen. Wir denken also, statt zu spüren, was da ist: der Atem, die Hitze, eine Hand, Feuchtigkeit, Geilheit, Sehnen, Brauchen und Wollen.
Apropos „Wollen“: Mir fällt dazu das wunderbare Wort „Wollust“ ein, als begehrendes, augenblickliches Sehnen nach Sexualität: Ich will dich! Ich will das! Umso mehr sollte Woll-Lust zelebriert werden. Am besten wir fangen gleich bei uns selbst an. Statt um die Rosine geht es nun um unseren Körper – von oben bis unten, von außen nach innen. Dafür machen wir es uns gemütlich (Kerze, gute Musik), setzen uns hin, schließen die Augen und reisen von einer Körperregion in die andere. Wie spürt sich’s da an? Und dort? Was will berührt, massiert, gehegt oder gepflegt werden? Wo ist ein Ziehen? Ein Sehnen? Ein Wollen? Gibt’s Spannung? Erregung? Müdigkeit? Atmen, atmen, atmen! Dann folgen wir einem Impuls: Welche Körperregion schreit am lautesten „hier“? Will berührt werden, eingeölt, gecremt, massiert? Nun geht die Fantasiereise weiter – indem wir uns vorstellen, wie jemand zupackt, hingreift und das tut, was wir brauchen. Fest oder zart, fordernd oder sanft. Verspannungen werden gelöst, erogene Zonen stimuliert – dabei atmen wir, seufzen wir und lassen uns in diese herrliche Vorstellung fallen. Es ist, als würde der Körper wachberührt werden und an Schönes erinnert – an das, was er wirklich mag. Die Idee ist es also, sich im Geiste liebkosen zu lassen und dabei besser kennenzulernen. Menschen, die auf diese Weise regelmäßig durch ihren Körper reisen und als fühlende, sehnende „Lust-Wesen“ auftanken, sind erotisch wacher. Eine Wachheit, die dazu führt, dass man sich noch viel mehr als sinnlich-sexuell empfindet. Das macht nicht nur sehr glücklich, sondern sehr begehrenswert. Ach ja: Die Rosinenübung geht auch wunderbar zu zweit, aber viel besser mit Erdbeeren :-)
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