Trendsport Pickleball im Selbsttest - mehr als Tennis für Dummies
Pickleball ist der am schnellsten wachsende Sport in den USA. Der Mix aus Tennis und Badminton soll die Gelenke schonen und Anfängern Spaß machen. Stimmt das?
Klack! Das Geräusch, wenn Hartplastikball und Schläger mit voller Wucht aufeinandertreffen, ist schon von weitem zu hören. Es ist ein lauer Herbstabend und auf zwei Pickleball-Courts im Sportcenter Donaucity stehen sich jeweils vier Spielerinnen und Spieler gegenüber und schlagen einen gelochten Ball über das Netz. Einer von ihnen ist Peter Robic, der Vizepräsident der Pickleball Federation Austria und mein heutiger Pickleball-Trainer.
Pickleball, das ist jene Trendsportart, die Elemente aus Tennis, Badminton und Tischtennis zu einem Sport vereint, den angeblich jeder spielen kann. Vor allem ältere Menschen schätzen das Spiel, weil es aufgrund der Spielfeldgröße (etwa so groß wie ein Badmintonfeld), der Materialien und der Regeln gelenkschonender sein soll als z. B. Tennis. In seinem Ursprungsland, den USA, wird es bereits als ernsthafte Bedrohung für den Tennissport wahrgenommen. Dort gab es im Vorjahr bereits mehr als 36 Millionen Spielerinnen und Spieler.
In Österreich ist die Sportart ebenfalls auf dem Vormarsch, versichert Robic. Mittlerweile gibt es vier eigene Courts: in Wien, Niederösterreich und der Steiermark. Ende September fanden die ersten österreichischen Pickleball-Meisterschaften statt. Die Massen hat der Sport aber noch nicht erreicht. „Na, na, wir spielen nur Tennis“, heißt es da etwa skeptisch, wenn der Trainer versucht, eine Gruppe vorbei spazierender Herren als Mitspieler anzuwerben.
Auch ich weiß zunächst nicht so recht, was ich von der angeblich am schnellsten wachsenden Sportart der USA halten soll. Mit Mitte 20 bin ich nicht nur deutlich jünger als der durchschnittliche "Pickler", der meist schon im Pensionsalter ist, sondern habe auch keinerlei Erfahrung mit anderen Schlägersportarten. "Es ist ganz einfach, du wirst sehen“, ermuntert mich Robic, als er mir ein "Paddle" in die Hand drückt. "Und es ist für jede Alters- und Fitnessklassen geeignet“.
Das „Paddle“ hat in etwa die Größe eines Tischtennisschlägers und liegt leicht in der Hand. Der dazugehörige löchrige Ball aus Hartplastik ist in etwa so groß wie ein Tennisball, springt aber nicht so stark ab und fliegt tatsächlich deutlich langsamer. Nach einer Mini-Einweisung und kurzem Aufwärmen geht es auch schon um Punkte - heute im Doppel.
Und tatsächlich: Das Spiel ist auch für Anfänger relativ schnell erlernbar. Meine ersten Bälle fliegen zwar noch zögerlich über das Netz und nicht alle erreichen das gegnerische Feld (einige werden vom Wind in die falsche Richtung getragen, andere landen daneben, weil das Zielen noch nicht so gut klappt). Aber mit einem geschickten Mitspieler kommt schon nach wenigen Minuten ein halbwegs ansehnliches Spiel zustande.
"Nach vorne zu mir" oder "weiter zurück" ruft mir Robic zu, um dem Gegner bloß keine Lücke in unserem Feld zu bieten. Ab und zu wird meine Haltung korrigiert, nach ein paar Ballwechseln bekomme ich die Anweisung „einmal richtig draufzufetzen“. Ich schlage den Ball. Mit einem befriedigenden „Klack!“ segelt er über das Netz. Freudig reiße ich die Hände in die Höhe, als mein Gegner den Ball verfehlt. Doch dann: „Schau mal, wo du stehst“, warnt mich der Mitspieler. Tatsächlich bin ich mit der rechten Schuhspitze in der „Kitchen“ (dt. Küche) gelandet, einer markierten Zone etwa zwei Meter vor dem Netz, in der die Spieler den Ball nicht volley spielen dürfen. Der Punkt geht zwar an die Gegner, aber wir gewinnen das erste Spiel.
Nach der ersten Partie habe ich das Gefühl, dass die Technik stimmt - zumindest mehr oder weniger. Bei den Regeln hapert es noch ein bisschen. Da ist zum Beispiel die „Double-Bounce-Regel“, die besagt, dass das aufschlagende Team den Return des Gegners nicht Volley spielen darf. „Hätte ich den nehmen dürfen?“, wird an diesem Abend öfter gefragt. Oder: „Wie steht’s noch mal?“ Denn auch die Zählweise ist etwas gewöhnungsbedürftig. 1-0-1 bedeutet zum Beispiel, dass die aufschlagende Seite einen Punkt hat, die andere Seite keinen und es der erste Aufschlag ist.
Immer wieder testet Robic seine Mitspielerinnen und Mitspieler, manchmal habe ich Glück und sage den richtigen Punktestand. Dass ein Spiel bis elf geht, muss als Info für den Anfang reichen, denke ich mir und versuche, mich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Dass ich nach einem Partnerwechsel auch das zweite Match gewinne, bestärkt mich weiter.
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Aller guten Dinge sind drei?
Inzwischen sind immer mehr Menschen zu den Pickleball-Courts im Sportcenter Donaucity gekommen. Sie fischen bunte Paddles aus der Sporttasche. Spielerinnen und Spieler werden ausgewechselt und vom Rand aus angefeuert. Aller guten Dinge sind drei, denke ich, als ich nach einer kurzen Pause wieder den Platz betrete. Doch im letzten Match hilft leider auch der erfahrene Mitspieler nicht. Wir geraten ins Hintertreffen. Im Laufe des Spiels wird mein Ziel immer größer, wenigstens einen einzigen Punkte zu machen. Obwohl wir den Rückstand etwas verkürzen können, müssen wir uns nach dem zweiten Matchball unseren Gegnern geschlagen geben.
Mit einem freundschaftlichen Abklatschen der Schläger endet das Spiel. "Das ist wohl aus der Zeit der Corona-Zeit geblieben, als der Sport so richtig populär wurde", sagt Robic. Mir stehen die Schweißperlen auf der Stirn. Der Sport ist zwar weniger anstrengend als Tennis. Aber auch im Doppel kommt man beim Pickleball ganz schön in Bewegung. Beim Zählen ist der Kopf gefragt, beim Spielen das Reaktionsvermögen. Und Spaß macht es auf jeden Fall – auch wenn die Regeln nach dem ersten Training noch nicht so ganz sitzen. "Bis zum nächsten Mal", rufen die Mitspieler zum Abschied.
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