Lehrlingssuche: Unternehmen gehen in die Schule und stellen sich vor

Lehrlingssuche: Unternehmen gehen in die Schule und stellen sich vor
In der Modularen Mittelstufe Aspern trafen Firmenvertreter und Jugendliche aufeinander. Die Chefs waren von den Schülern beeindruckt.

Sebastian grinst bis über beide Ohren. Und das, obwohl er sonst nicht der Mann mit den großen Emotionen ist, wie seine Lehrerin Arzu Derigo meint. Doch der Schüler hat allen Grund zur Freude, hat er doch die Zusage für eine Lehrstelle als Tischler bei der Stadt Wien erhalten.

Schülerinnen und Schüler mit ausbildenden Unternehmen zusammenzubringen – genau das war das Ziel des Business Day der Modularen Mittelstufe Aspern, einer Mittelschule in Wien-Donaustadt. Vertreter von sechs Firmen (s.u.) kamen und luden die Jugendlichen zu Vorstellungsgesprächen.

Chiara stellt sich vor

Eine davon ist Chiara, die eine Lehre als Einzelhandelskauffrau machen möchte. Sie trägt dem Anlass entsprechend einen hellen Blazer und wartet vor dem Raum der Supermarktkette Spar. Nachdem sie höflich mit Handschlag begrüßt, beginnt das Gespräch. „Wie würden dich deine Freundinnen beschreiben?“ fragt Robert Renz, Leiter der Spar-Akademie. „Ich bin immer für sie da, wenn sie mich brauchen.“ Manchmal ist sie zu sehr für die anderen da, stellt Chiara dann fest: „Das ist der Grund, warum ich in der dritten Klasse ein wenig Probleme in der Schule hatte.“ Eine Antwort, die Renz Respekt einflößt: „Sie gibt nicht anderen die Schuld, wenn es nicht gut läuft.“

Dann will er wissen, welche Supermärkte sie kennt, was diese unterscheidet und wo sie schon berufspraktische Tage gemacht hat. „Im Bristol“, sagt Chiara. Da sei ihr aber klar geworden, dass sie lieber in den Handel will, wo sie „mit Kunden zu tun hat. Renz ist von der Schülerin beeindruckt und nimmt ihre Bewerbungsmappe gleich mit: „Ändern Sie in den nächsten Monaten weder Handynummer noch Mailadresse“, gibt er ihr noch mit. Und er rät Jugendlichen, nicht nur auf ein Pferd zu setzen. „Bewerben Sie sich auf verschiedene Lehrberufe.“

91 Versuche

Im Nachbarzimmer läuft die Vorstellungsrunde bei der Stadt Wien, wo Jugendliche sich via Video präsentieren: „91 Versuche habe ich gebraucht, bis der Film gepasst hat“, erzählt Sebastian, der den Tischlerberuf bei berufspraktischen Tagen kennengelernt hat. „Leider bildet der Betrieb niemanden aus.“ Zum Glück hat es jetzt bei der Stadt Wien geklappt. Genauso wie bei Nisa, die eine Lehrstelle als Verwaltungsfachassistentin bekommen hat. „Bevor ich zum Gespräch ging, war ich sehr nervös“, erzählt sie. „Doch als ich mich dann vorgestellt habe, war ich sehr entspannt.“

Lehrlingsmanager Christian Schendlinger war jedenfalls von vielen Schülerinnen und Schülern in Aspern begeistert. „Viele haben einen Plan für ihre Zukunft, das gefällt mir“.

Türme bauen

Im Raum der Uniqa-Versicherung gibt es weniger Gespräche. Hier müssen die jungen Menschen anpacken. Ihre Aufgabe: Sie sollen mit einem Bogen Papier und einem Klebeband einen möglichst hohen Turm bauen, den sie allerdings nicht an den Boden picken dürfen. „Dabei hat man viel gesehen, wie sich der einzelne in der Gruppe verhält, wie Teams gebildet werden oder wer kreativ und praktisch veranlagt ist“, sagt Lehrlingsbeauftragter Christian Bauer.

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Bei Uniqa werden Türme gebaut.

Wie begehrt junge Menschen derzeit auf dem Arbeitsmarkt sind, zeigt sich im Raum der Familie Querfeld, die das Café Landtmann oder das Bootshaus an der Alten Donau betreiben. „Dürfen wir uns bei ihnen bewerben?“, steht am Eingang. Robert Panenka, der jahrelang als Kellner gearbeitet hat, schwärmt von seinem Beruf: „Wir sind ein Volk, das viel feiert“, meint er. „Und wer will, kann international Karriere machen.“ Ein paar Jugendliche hat er hier schon entdeckt, die das Zeug zum Kellner hätten: „Da brauchst du schon eine Ausstrahlung - der Muhammed hat diese.“

Am Ende waren Ausbildner und Jugendliche gleichermaßen angetan von dem Tag. Etwa Susanne, die eigentlich im Herbst auf die Handelsakademie wollte. „Die Leute bei Porr waren so nett, dass ich mir jetzt wirklich überlege, dort eine Lehre zu machen.“ Und Christian Bauer von Uniqa schwärmt: „In dieser Schule sind alle ausgesprochen höflich. Das ist nicht selbstverständlich. Wenn wir dürfen, kommen wir nächstes Jahr wieder.“

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Die Familie Querfeld bewirbt sich bei den jungen Menschen.

Sechs Firmen sind gekommen

Die Idee zum Business Day kam von Aron Marton. Einst war er Recruiter bei einer IT-Firma, jetzt arbeitet er als Lehrer in der Mittelschule in Aspern. „Als Recruiter habe ich gesehen, welch unterschiedliche Qualität die Bewerbungen haben.“ Da kam ihm die Idee, junge Menschen und die lehrlingssuchenden Firmen an einen Tisch zu bringen.
Sechs große Ausbildungsbetriebe haben zugesagt: Bank Austria, Spar, Porr, Stadt Wien, Uniqa-Versicherung und Familie Querfeld. 
Schüler werden hier früh angeleitet, sich Gedanken zu machen, welche Branche am besten zu ihnen passt. „Ab der  dritten Klasse schnuppern die Jugendlichen in die vier Bereiche Technik, Tourismus, Gesundheit und Soziales sowie Wirtschaft“, sagt Direktorin Doris Pfingstner. Einige wechseln  später in eine berufsbildende höhere Schule, andere machen eine Lehre. „Bei uns verlässt  keiner die Schule, ohne eine fixe Zusage für einen Schul- oder Lehrplatz, sagt Lehrerin Arzu Derigo.

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