Es gibt Radfahrer, für die ist ein E-Bike kein Fahrrad, die würden diese Errungenschaft der Menschheit nicht einmal geschenkt haben wollen. Jedoch, die Puristen werden weniger. Inzwischen kennt jeder von uns jemanden, der ein Rad mit Elektro-Motor gekauft hat.
Fahrradhändler sind über den E-Bike-Boom nicht nur glücklich. Längst müssen sie halbe Elektrotechniker sein, um den rasanten Entwicklungen der Industrie weiter folgen zu können. Besorgter als sie sind jene Fachleute, die mit der Verkehrssicherheit auf Österreichs Straßen zu tun haben. Die Verkehrsunfälle der E-Biker häufen sich laut aktueller Studien. Das hat auch damit zu tun, dass sie oft zu schnell unterwegs sind und dabei zu wenig mit ihrem Fahrzeug vertraut sind.
Auf der anderen Seite freuen sich jene, die mit den hochpreisigen Rädern gute Geschäfte machen. Von wegen Arme-Leute-Fahrzeug: Es gibt aktuelle Angebote, die lassen so manchen Gebrauchtwagen daneben billig aussehen.
Vorsichtig zufrieden sind jene Fachleute, die mit Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung betraut sind. Ihr Motto: E-Biken ist besser als auf dem Sofa liegen. Ähnlich sehen das jene, die den Klimawandel verzögern möchten. Sie freut: Jeder Kilometer auf einem Fahrrad mit Motor ist ein Kilometer weniger mit dem Auto.
Was weiterhin gegen den Kauf eines E-Bikes spricht: So gut können Radschlösser und Radversicherungen gar nicht sein, als dass diese Blickfänge nicht professionell agierende Diebe magisch anziehen.
Dessen ungeachtet haben wir für diesen Alltagstest aus dem längst unübersichtlich gewordenen Spektrum an Angeboten drei E-Fahrräder für drei Anwendungsbereiche (City, Trekking, Sport) ausgewählt. So wie bei allen bisherigen Testberichten sei hinzugefügt, dass die Fahrräder nicht miteinander verglichen, jedoch mit kritischer Distanz geprüft wurden.
Leicht zu fahren, schwer zu heben
Es ist schon schön. Man tritt unangestrengt in die Pedale und kommt ordentlich voran: Ohne zu schwitzen, ohne außer Atem zu kommen, und das mit dem Fahrrad. Das muss selbst jemand zugeben, der als Alltagsradlerin E-Räder bisher als verzichtbar eingestuft hat.
Mit dem Qwic – es kommt aus den Niederlanden – lässt es sich schnell ins Büro und wieder retour gleiten. Es wird somit der Vision der Firmen-Gründer gerecht, sich für nachhaltige Mobilität und autofreie Städte zu engagieren.
Es lässt sich auch gut von Wien nach Bratislava fahren. Nur beim Zurück gab es Hürden. Das Wetter spielte nicht mit, der Akku wurde langsam leer – und so musste das Rad mit in die Bahn. Das E-Bike ist modern wuchtig – zarte Rahmen sind durch den Akku schon nicht möglich – , der Zug aber, er war sehr alt. Das heißt: Das sehr schwere Rad musste über die enge Treppe hinaufgewuchtet werden. Alleine fast ein Ding der Unmöglichkeit. Der vorgesehene Radplatz im Zug war viel zu klein. Auch das Ausladen war ohne Hilfe nicht möglich. Da kann das Qwic nichts dafür. Es zeigt aber, dass eine Reise mit ihm gut geplant sein muss.
Einen Nachteil hat so ein schönes, teures Rad zudem: Es angehängt, zugesperrt, aber unbeaufsichtigt, bei einem Radständer stehen zu lassen, erfordert Überwindung.
Resümee: Gut fürs tägliche Pendeln – so lange man das Qwic nirgendwo hineinheben muss.
Der unübersehbare Drahtesel aus Holz
„Wow!“ „Schau mal.“ „Ist das Holz?“ „Ist ein Motor drin?“ Das ist nur eine kleine Auswahl an Reaktionen. Wer beim Radfahren nicht unbedingt als Sensation gelten will, sollte sich lieber nicht auf dieses riesige und 22 Kilogramm schwere Rad von MY Esel setzen. Das oberösterreichische Unternehmen wollte das Rad neu erfinden, und verwendet für den Rahmen langsam wachsendes Holz aus der Region. Es soll Erschütterungen absorbieren.
Das offensichtlich Spektakuläre des Rads ist sein Nachteil: unbeaufsichtigt – wenn auch abgesperrt – will man das Rad lieber nicht stehen lassen. Wiewohl MY-Esel-Chef Christoph Fraundorfer meint: „Es ist so auffällig, dass sich niemand traut, es zu stehlen.“ Und wer wolle, könne auch einen Tracker einbauen.
Beim Fahren im Flachen ist die Motorunterstützung eine Wucht. Ein bisschen treten und der Tacho rauscht schnell auf über 20 km/h, das Gerät schnurrt ruhig dahin. Sollte der Akku leer werden, nicht so tragisch. Wenn das massige, aber sportliche Rad einmal in Bewegung ist, fährt es sich überraschend leicht.
Nur bergauf wird es knifflig. Da tut sich der Mechanismus beim Zuschalten etwas schwerer. Dem ungeübten E-Bike-Fahrer ist nicht ganz klar gewesen, warum die Unterstützung manchmal spät zu greifen beginnt.
Resümee: Das Rad macht Spaß. Außer man will es abstellen oder verstauen.
Mit Rückenwind gegen den Wind
Ein Rennrad mit Motor? Bisher für mich unvereinbar. Bis ich bei Greifenstein über die Donau übersetzte und gegen heftigsten Ostwind unter leichtem Zeitdruck nach Wien zurückradelte.
Technik schlägt Natur: Da bläst dir der Ostler scharf ins Gesicht und du trittst locker in die Pedale, als käme dieser Wind im Donautal nicht aus Bratislava, sondern aus Tulln.
Die Unterstützung aus dem Mini-Antrieb im Hinterrad kommt derart dezent, dass man an ihn erst erinnert wird, wenn der erste rein biologisch tretende Rennradler in der Ferne auftaucht und sein Hinterteil sehr, sehr schnell näherkommt. Der Anstand gebietet es, ihn nicht leichtfüßig zu überholen und bei Kritzendorf alt aussehen zu lassen.
Braucht die Menschheit so ein 5600-Euro-E-Rennrad? Natürlich nicht. Aber in der Nische hat es seine Berechtigung. Man stelle sich vor: Weniger gut Trainierte wollen mit ihren sportlich etwas ambitionierteren Freunden im Pulk mithalten. Solange die Freunde keinen Schnitt weit über 25 km/h kurbeln, ist das möglich.
Wobei zu sagen ist: Ohne Muskelkraft geht auf dieser formschönen Rennmaschine aus einer Vorarlberger Fahrradmanufaktur nicht viel. Ohne Fleiß auch hier kein Preis.
Resümee: Eine Option für die Pension, aber auch für Tage, an denen der Gegenwind die Ausfahrt mit dem Rennrad zur Qual geraten lässt. Auch fein: Der Renner ist leichter als etliche herkömmliche Modelle.
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