Grüß Gott oder Guten Tag: Wenn die Begrüßung zur Glaubensfrage wird

Grüß Gott oder Guten Tag: Wenn die Begrüßung zur Glaubensfrage wird
Dabei sind sie ideologisch längst nicht mehr so aufgeladen wie früher.

Von Julia Pfligl und Ingrid Teufl

Selbst die berufsmäßige Beschäftigung mit Grußformeln schützt nicht vor dem berüchtigt-trockenen norddeutschen Witz. „Ich richte es ihm aus“, bekam Manfred Glauninger, Sprachwissenschafter an der Universität Wien und Österreichischen Akademie für Wissenschaften (ÖAW), in Hamburg auf ein unbedachtes „Grüß Gott“ zur Antwort. Wiewohl, betont der Experte im Gespräch, in diesem speziellen Fall „missverständlich gebraucht“. Im ursprünglichen Sinn bedeutet die Grußformel „Gott grüße dich“, im Sinne von segnen, und nicht „Grüß mir Gott“. So oder so, die Einbindung des Himmelvaters zeigt deutlich, woher der Wind weht.

„Grundsätzlich ist es ein katholischer Gruß“, erklärt Glauninger. Im gesamten süddeutschen Raum übrigens. „Im Norddeutschen hat er sich nicht durchgesetzt.“

Die Trennlinie verläuft nicht nur geografisch, sondern noch immer auch ideologisch, wie ein Polit-Disput zwischen SPÖ und ÖVP zeigte. In Wien laute die Grußformel „Guten Tag“, wies der SPÖ-Politiker Jan Krainer den mit einem „Grüß Gott“ eintretenden niederösterreichischen ÖVP-Mandatar Bernhard Ebner im U-Ausschuss zurecht.

Ein spannendes Feld für Sprachforscher Glauninger, da die historisch bedingten, ideologischen Grenzen in der Zweiten Republik zunehmend an Bedeutung verloren haben. Grußformeln lassen sich heute nicht mehr so eindeutig einer Religion und einer Stadt- oder Landbevölkerung bzw. Parteifarbe zuschreiben.

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