Perimenopause
Im Durchschnitt sind Frauen bei ihrer letzten Regelblutung 51 Jahre alt. Die hormonellen Umstellungen beginnen aber schon acht bis zehn Jahre vor der eigentlichen Menopause, in der sogenannten Perimenopause. Die Eierstöcke produzieren zunehmend geringere Mengen der Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. Neben den typischen Wechseljahr-Symptomen (z.B. Hitzewallungen oder Schlafstörungen), nimmt auch die Muskelmasse mit dem natürlichen Alterungsprozess ab. Der Stoffwechsel verlangsamt sich, das Risiko an Osteoporose zu erkranken steigt. "Bei manchen Frauen passiert das auch schon früher, ab Mitte 30, wenn man noch überhaupt nicht an diese Beschwerden denkt."
Mit dem richtigen Training, ist sie überzeugt, lassen sich diese Beschwerden gut in Schach halten. Auch Körperziele - definierte Muskeln oder weniger Gewicht - könne man Ü40 noch gut erreichen. Aber man müsse dafür "cleverer trainieren", wie Dworzak sagt. Heißt: Gezieltes Kraft- und HIIT-Training (High Intensity Interval Training) einsetzen, um die Muskeln zu stimulieren und den stark schwankenden Östrogen- und Progesteronspiegel zu kompensieren.
"Für mich ist ganz wichtig, dass die Frauen mit den pinken Ein-Kilo-Hanteln aufhören und mehr Gewicht verwenden", erklärt Dworzak. "Ab 40, wenn sich die Hormone ändern, ist es das Wichtigste, gezielt Reize zu setzen." Ausdauertraining am Laufband oder Ergometer empfiehlt sie als Ergänzung. Wichtig seien auch entsprechende Ruhephasen. "Das Motto lautet: 'Train hard, recover harder'", so Dworzak. Nach einem intensiven Tag folgt ein ruhiger Tag. "Auch Regeneration ist ein ganz wichtiger Faktor ab 40."
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Überhaupt sollte die Trainingssteuerung primär danach gerichtet werden, in welcher Zyklusphase sich frau befindet, ist Dworzak überzeugt. Dafür dürfen keine hormonellen Verhütungsmittel verwendet werden. Der Zyklus wird in vier Phasen geteilt.
In der ersten Phase, der Menstruationsphase, produziert der Körper kein Progesteron mehr und stoßt die Gebärmutterschleimhaut ab. Dieser Prozess löst die Regelblutung aus. Viele Frauen haben Krämpfe, fühlen sich erschöpft und kraftlos. Dworzak empfiehlt daher lockeres Radfahren, Yoga oder Spaziergänge. "Ein hartes Krafttraining während dieser Phase kann den Hormonhaushalt durcheinander bringen, weil der Östrogenspiegel sehr niedrig ist und das schützende Östradiol fehlt."
Nach der Menstruation folgt die Follikelphase, in der der Körper damit beschäftigt ist, den nächsten Eisprung vorzubereiten. "In dieser Phase fühlst du dich stark und selbstbewusst und kannst auch genauso trainieren, also voller Power!" Bis zu drei Krafttrainings pro Woche könne der Körper in dieser Phase sehr gut verkraften. Das Östradiol, das bei Frauen ähnlich wirkt wie Testosteron bei Männern, sorgt in dieser Zeit dafür, dass die Muskulatur besser auf Trainingsreize reagiert. Heißt: Trainingseffekte sind in dieser Phase besonders hoch.
Entspannen
Wie lange diese Power-Phase andauert, ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Im Schnitt hält das Leistungshoch zwischen sieben und zehn Tage - und endet mit dem Eisprung. Danach beginnt die Ovulationsphase: Der Körper stellt die Östradiolproduktion ein und schwenkt auf Progesteron um. Das Energielevel sinkt, bei manchen Frauen passiert das sehr drastisch, weiß Dworzak. Es ist daher wichtig, in dieser Phase besonders gut auf seinen Körper zu hören und die Trainingsintensitäten entsprechend zu senken.
In der vierten Phase, der Lutealphase, produziert der Körper wieder mehr Progesteron. Frauen leiden dann häufig an PMS, Spannungsgefühlen in den Brüsten, Reizbarkeit oder Erschöpfung. "Die Reaktionsgeschwindigkeit, Koordination und Feinmotorik verschlechtern sich jeden Tag. Daher macht es Sinn, die Trainingsintensitäten zu reduzieren und sich auf den Erhalt von Technik und Leistung zu konzentrieren." Heißt: In dieser Phase stehen lockere Ausdauereinheiten und Krafttraining mit erhaltenden Gewichten am Programm
Aufholbedarf
In den Mainstream hat es Frauenfitness trotz der Bemühungen von Dworzak und ihren Kolleginnen noch nicht geschafft. "Ich rede da gar nicht nur über das Thema 'Wie trainiere ich eine Frau über 40?', sondern eben auch über zyklusbasiertes Training, Wechseljahre, Essstörungen oder Body Image. All diese Frauenthemen sind in der Trainerausbildung noch viel zu wenig verankert", kritisiert die Triathletin.
Zurückzuführen sei das auch auf den Gender-Health-Gap in der Medizin. "Es ist z.B. schwierig, Frauen für klinische Studien zu finden, die alle in der gleichen Zyklusphase sind", erklärt Dworzak. Oder Sportlerinnen zu finden, die überhaupt einen funktionierenden Zyklus haben. "Es ist einfach leichter, Frauen wie kleine Männer zu behandeln und auch so zu trainieren."
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